Während er nach Feierabend Büros putzt, erhält der junge Callum Aldrich einen Anruf: er soll innerhalb einer Viertelstunde zu einem Treffpunkt kommen - schafft er es nicht, so droht ihm der Mann am anderen Ende, werde er gewisse Fotos von ihm veröffentlichen. Callum läßt alles liegen und stehen und fährt sofort los, doch unterwegs im strömenden Regen sieht er ein anderes Auto mitten auf der Strasse stehen, ein Mann liegt daneben - trotz der gebotenen Eile steigt er aus und setzt einen Notruf ab, während er den offensichtlich toten Fahrer des Wagens mustert. Dabei läßt er den auf der Straße liegenden Mann für kurze Zeit aus den Augen und bemerkt nicht, wie dieser aufsteht und ihn von hinten attackiert...
Am nächsten Morgen ist der Tatort von der Polizei abgesperrt und DCI Luther (Idris Elba) übernimmt den Fall, da es sich bei dem toten Fahrer um einen jahrelang Vermissten handelt. Von Callum Aldrich dagegen fehlt jede Spur, nur sein Auto steht ebenfalls auf der Strasse. Seine Mutter ist völlig verzweifelt und bittet Luther, ihren Sohn wieder zurückzubringen - was ihr der gewiefte Ermittler auch verspricht. Unter den Schaulustigen ist auch ein unscheinbarer Mann, der die Geschehnisse genau verfolgt: kurz darauf telefoniert dieser David Robey (Andy Serkis) und beauftragt einen Unbekannten damit, alles über den diesen Fall übernehmenden DCI Luther herauszufinden: unsaubere Ermittlungsmethoden, Verstöße gegen die Dienstpflicht etc. - er möchte ihn nämlich hinter Gitter bringen.
Wenige Wochen später trägt diese Kampagne Früchte: der suspendierte Luther wird festgenommen und ins Gefängnis eingeliefert, nachdem ein aufsehenerregender Prozess zuvor zahlreiche Details über seine sehr spezielle Dienstauffassung ans Licht gebracht hatte. Als ex-Bulle im Knast brechen für Luther nun schwere Zeiten an, doch der stets coole Ermittler hat bereits einen Plan, dort auszubrechen und denjenigen, der dahintersteckt, ausfindig zu machen...
Nach 5 Staffeln der BBC-Produktion um den unkoventionellen dunkelhäutigen Ermittler kehrt Idris Elba in seiner Paraderolle Anfang 2023 wieder auf den Bildschirm zurück - diesmal in einem zweistündigen Film, der nur lose an die vorherigen Handlungen anknüpft: der Täter ist wie zuletzt ein völlig abgedrehter Killer, der seine Opfer diesmal mit der Angst vor der Aufdeckung sehr persönlicher Geheimnisse quält und seinen Gegenspieler bei der Polizei durch eine Rufmordkampagne außer Gefecht setzt. Doch auch im Knast weiß sich Luther zu behaupten und büxt aus, dabei in Kauf nehmend, daß er nicht nur von einem ebenso trickreich wie vorsichtig vorgehenden Pychopathen, sondern auch von seinen ehemaligen Kollegen unter der nunmehrigen Leitung von DCI Raine (Cynthia Erivo) gejagt wird. Seinen diesbezüglich beratend aus dem Ruhestand hinzugezogenen ex-Chef Martin Schenk (Dermot Crowley) weiß er dabei zu seinen Gunsten zu instrumentalisieren...
Waren schon die letzten Staffeln verhältnismäßig kurz, so ist Drehbuchautor Neil Cross für die Fortsetzung gleich ganz aufs Kinofilmformat umgestiegen und läßt seinen Protagonisten diesmal ohne Cliffhanger den aktuellen Fall beenden. Trotzdem der unerschrockene Ermittler an seine zuletzt gezeigte Charakterdarstellung des gereiften, ruhigen Beamten anknüpft, enthält das Drehbuch leider einige Untiefen, über die man kaum hinwegsehen kann: zum einen ist die in kaum zwei Filmminuten abgehandelte, beauftragte Rufmordkampagne, bei der man nur das Ergebnis (Knast) erfährt, einfach viel zu kurz geraten, zum anderen ist der Killer, ein exzentrischer Millionär, durch seinen Habitus so jenseits von Gut und Böse, daß man ihn nicht richtig ernst nehmen kann.
Während Luthers geplanter Ausbruch durch ein waghalsiges Manöver, bei dem er die involvierten Beamten nicht als Helfershelfer auffliegen läßt, noch ganz pfiffig ausgedacht wurde, sind die Mordserien von Robey (der stets mehrere Leute gleichzeitig umbringt) viel zu abgehoben, um größere Spannung zu erzeugen. Dabei bleibt auch vieles bis zum Schluß (dessen Showdown ziemlich sinnbefreit im verschneiten Norwegen stattfindet) im Dunklen, besonders was die Motivation des Killers betrifft: der soziopathische Endfünfziger mit den jugendlich gebotoxten Gesicht hat für seine spektakulären Aktionen zwar einen glatzköpfigen Kapo, müßte aber durch diverse, sehr spezielle und sorgfältige Vorbereitungen dazu eigentlich längst aufgefallen und gegebenfalls dingfest zu machen sein - doch es bedarf wieder einmal der Intuition des in Ungnade gefallenen Luther, der die leitenden Ermittler (natürlich zunächst gegen deren ausdrücklichen Willen) auf die richtige Spur bringt.
Alleine der Umstand eines Online-Snuff-Portals (die Idee dazu stammt offenbar aus der Hostel-Reihe) müßte bezüglich der aus aller Welt eingehenden Kreditkartenzahlungen für die Teilnahme daran schon eine deutliche Spur zum Veranstalter legen, der dabei unmaskiert als Conferencier auftritt. Dazu gesellen sich einige grobe technische Fehler wie beispielsweise eine mit Kerosin betriebene Sprinkleranlage, deren Dämpfe in einem geschlossenen Raum allein schon zur Bewußtlosigkeit führen würden und die man, wenn das Kerosin schon knöchelhoch den Boden bedeckt und entzündet wird, ganz sicher nicht mit einem Wasserschlauch löschen kann (wtf?). Genausowenig übrigens wie ein Handy, das einige Meter unter der Wasseroberfläche immer noch tadellos funktioniert, zur Fernbedienung eiserner Türen benutzt werden kann. Wenig überzeugend auch die Polizeiaktion am nächtlichen Piccadilly Circus, in der ein Swat Team viel mehr den entflohenen Luther festzunehmen gewillt ist als den in unmittelbarer Nähe stehenden Killer, der eine Geisel mit einem Messer bedroht - der darf dann einfach entkommen, während Luther (sehr vorbildlich) einen verletzten Beamten versorgt. Doch diese und einige andere Ungereimtheiten mag man eher mit einem Kopfschütteln quittieren, agiert der Held dieses offenbar für weitere Sequels vorgesehenen und mit Luther: The Fallen Sun betitelten Streifens immerhin erwartungsgemäß abgebrüht.
Fazit: eine mit durchaus interessanten Wendungen versehene Fortsetzung der bekannten TV-Serie, die den Protagonisten nach anfänglicher Kaltstellung wieder einmal zur Höchstform auflaufen läßt, dank flottem Erzähltempo auch weitgehend unterhaltsam anzusehen ist, durch Drehbuchschwächen (besonders des überzogen wirkenden Killers) schlußendlich aber nicht wirklich überzeugen kann. 6 Punkte für die gefallene Sonne.
Wer sich die vorhergehenden Staffeln (die für das Verständnis dieses Films allerdings nicht unbedingt nötig sind) noch einmal anschauen möchte, dem sei folgende Review-Übersicht empfohlen:
Staffel 1 (2010): 6 Punkte
Staffel 2 (2011): 7 Punkte
Staffel 3 (2013): 7 Punkte
Staffel 4 (2015): 7 Punkte
Staffel 5 (2019): 8 Punkte