„American Fighter First! - Die rächende Urgewalt"
Eigentlich hätte Chuck Norris im Auftrag von Cannon Films ein zweites Mal die USA vor allem Bösen beschützen sollen. Aber obwohl er als Ex-Superagent Matt Hunter im Alleingang eine Invasion verrückter Kubaner und fehlgesteuerter Patrioten in amerikanischen Grund und Boden ballerte ("Invasion U.S.A."), wurde es nichts mit dem geplanten Einzug in den elitären Actionstar-Zirkel der Stallones und Schwarzeneggers. Die ehrgeizigen Cannon-Bosse Menahem Golan und Yoram Globus konnten gerade so eben das für ihre Verhältnisse stramme Budget von knapp $ 20 Millionen egalisieren, in Branchenkreisen nennt man so etwas einen Flop.
Der offenbar in seiner Eitelkeit gekränkte Chuck - er hatte sich ja auch wirklich so schön bemüht - hatte dann keine Lust mehr (offiziell keine Zeit), in der bereits vorproduzierten Fortsetzung mitzuwirken, also musste ein schlagkräftiger Ersatz her. Nichts leichter als das, dachten sich wohl die improvisationsfreudigen Action-Cousins und machten kurzerhand Studio-Geheimwaffe Michael Dudikoff zum neuen Hunter. Der hatte zwar keinen so schicken Bart, dafür Model-Erfahrungen und vor allem den hausinternen Überraschungshit „American Ninja" im Portfolio.
Mit „Avenging Force" bliesen Nolan/Globus dann erneut zum Angriff auf den Action-Olymp, nur dass diesmal eben Dudikoff in die Steilwand geschickt wurde. Allerdings mit abgespeckter Ausrüstung, denn das Budget wurde regelrecht gevierteilt. Sichtbar wird das vor allem bei der deutlich geringeren Explosionsdichte und dem reduzierten Feindpersonal. Was aber keineswegs heißen soll, dass der verjüngte und verhübschte Hunter sich weniger austoben durfte wie sein behaarter Vorgänger. Und er durfte sogar ein wenig politisch werden.
Sieht man den Film vor dem Hintergrund der aktuellen „America first!"-Parolen, ist man geradezu verblüfft über seine prophetische Weitsicht. Andererseits waren die USA unter Ronald Reagan auch nicht gerade schüchtern im Feiern der eigenen Großartigkeit. Auf jeden Fall macht uns „Avening Force" eines deutlich, nämlich den Unterschied zwischen guten und bösen Patrioten. Für einen tumben B-Reißer ist diese Differenzierung schon eine bemerkenswerte Botschaft und auch die ist brandaktuell. Vaterlandsliebe ja, auch gerne Stolz, aber Rassismus, Korruption und krumme politische Machtspiele gehen gar nicht.
Die selbsternannten Mitglieder der stramm rechts gerichteten Pentangle-Organisation sehen das nicht so eng, schließlich gehören sie zur politischen und wirtschaftlichen Elite des Landes und haben die verdammte Pflicht, es vor dem drohenden Niedergang durch zu viel Demokratie und Liberalismus zu bewahren. Weil so viel Hingabe auch Zerstreuung benötigt, veranstalten sie in den Sümpfen Louisanias regelmäßig fröhliche Menschenjagden. Neben dem Erholungsaspekt und dem Stillen der penetranten Mordlust, können so gleich auch noch lästige Gegner für immer aus dem Verkehr gezogen werden. Also eine Win-Win-Win-Situation.
Cannon-Hausregisseur Sam Firstenberg beginnt seinen Film mit einer solchen Menschenhatz, was recht clever ist, denn erstens hinterlässt dieser harte (keiner entkommt) und plötzliche (erklärt wird nichts) Einstieg eine Mischung aus Verstörung und Neugierde und zweitens wird so schon mal das ultimativ Böse der späteren Gegner unseres Helden unmissverständlich klar gemacht.
Unmittelbar danach lernen wir dann den wackeren Streiter für die Gerechtigkeit endlich kennen: Matt Hunter (Dudikoff). Er arbeitet als Cowboy auf der Farm seines Großvaters und kümmert sich nebenbei liebevoll um seine jüngere Schwester. Ein strammer Naturbursche mit dem Herz am rechten Fleck, krasser könnte der Kontrast zu den perfiden Menschenjägern vom Anfang kaum sein. Jetzt braucht es nur noch einen Aufhänger, um diese beiden Welten aufeinander prallen zu lassen. Und der heißt Larry Richards (Steve James), seines Zeichens erfolgreicher, afroamerikanischer Lokalpolitiker mit Ambitionen auf einen Senatssitz und Matts bester Freund aus gemeinsamen Geheimdienst-Tagen.
Der Pentangle-Gruppe sind Larrys Pläne natürlich ein Gräuel und so beschließen sie seine Ermordung beim "Mardi Gras", dem alljährlichen Faschingstreiben von New Orleans. Nur gut, dass Matt den blutigen Braten riecht und den Anschlag in letzter Minute vereiteln kann. So leicht geben sich die Neo-Faschisten um ihren fanatischen Anführer Professor Glastenbury (John P. Ryan) allerdings nicht geschlagen, zumal Larry und Matt einen privaten Rachefeldzug gegen Pentangle starten.
Was nun folgt ist ein enorm temporeiches Action-Ping-Pong, bei dem auf beiden Seiten keinerlei Gefangene gemacht werden. Es wird verprügelt, zugestochen, aufgespießt und erschossen was das Zeug hält. Firstenberg verzichtet dabei gezwungenermaßen auf das ganz große Spektakel, legt aber durch Dichte, Härtegrad und das unwirtliche Bayous-Setting dennoch eine deftige Actionsauße aufs Parkett. Dies und der allgegenwärtige Zynismus hat sofort die Zensurwächter auf den Plan gerufen, was den kultigen Ruf des Films natürlich nur noch befeuerte.
Erfolgreich war er aber dennoch - oder gerade deswegen - erst auf dem Heimkinomarkt. Matt Hunter hat also auch Michael Dudikoff nicht zum erhofften Durchbruch in die ersehnten Star-Gefilde verholfen. In der Rückschau ist das nicht sonderlich überraschend, denn die „American-Fighter"-Buddies Dudikoff und James sind zwar ein tolles Haudrauf-Team, aber eben auch erkennbar von der Ersatzbank kommend. Sie leben von ihrer Physis, nicht von ihrer charismatischen Präsenz. Ähnlich verhält es sich mit ihrem Trainer. Sam Firstenberg hat nach O-Ton „my own humble opinion" seinen besten Film abgeliefert, womit der Mann goldrichtig liegt, nur hat das weniger mit seinen Regiekünsten zu tun, sondern mit sehr günstigen Rahmenbedingungen.
Für den Actionfan, zumal für den auf die Essenz des Genres fixierten, ist „Avenging Force" aber ein regelrechtes Kleinod. Die Schurken sind so richtig fies, brutal und dabei herrlich exaltiert. Die Helden so richtig aufrecht, aber genauso brutal und dabei so herrlich humorlos. Der Menschenjagd Plotpoint und das schwüle Louisiana-Setting sorgen für eine raue, dreckige Atmosphäre, die hohe Action-Schlagzahl für ordentlich Kurzweil. Überflüssig zu erwähnen, dass solche Vorzüge in den güldenen 80ern ihren Ursprung haben. Verdammte Nostalgie. Herrliche Nostalgie.