„Der, die, Chuck! Wieso, weshalb, warum? - Krawumm!"
Der Mann mit den drei Matten, also auf Kopf, Körper und im Gesicht, hat in den knallfreudigen 80ern ja bekanntermaßen ein paar schneidige B-Salven abgefeuert und sich dabei im Windschatten von Arnold und Sly mehr Fans erprügelt, als man gemeinhin annehmen würde. Beim Norris Chuck war alles noch eine Spur simpler, vordergründiger und vor allem plumper. Gut, bei Aussehen, Auftreten und Ausstrahlung eines verwitterten Baumstammes war wahrscheinlich auch nicht mehr drin. Aber mal ehrlich, der trashige Charme von Perlen wie „Cusack, der Schweigsame", „McQuade der Wolf" oder „Missing in Action" ist jetzt nicht so weit weg von „Referenzwerken" wie „Raw Deal", „Commando", oder „Cobra". Hier wie dort wird fröhlich drauflos geballert und auf lästiges Palaver verzichtet. Kopfkino ist das eher nicht. Was absolut keine Kritik sein soll.
Und noch eine Gemeinsamkeit gibt es. Auch in Norris Werkschau gibt es einen Monolithen der Marke „Commando" und „Rambo". Er hört auf den schmissigen Titel „Invasion USA" und ist praktisch die Quintessenz der Chuck-Formel. Nirgends wird so auf Logik, halbwegs lebensnahe Figuren, oder ein ansatzweise realistisches Szenario gepfiffen wie hier. Nirgends wird so hemmungslos aus allen Rohren gefeuert und konsequent auf jegliche Gefangene verzichtet. Und nirgends geben sich reaktionärer Geist und Partystimmung ein innigeres Stelldichein.
Der Aufhänger ist die Invasion einer durchgeknallten, kommunistischen Terroristengruppe, die mit einer deftigen Packung willkürlicher Anschläge die USA ins gesellschaftliche Chaos stürzen will. Zumindest sieht es so aus, denn weder der Film noch Chefpsychopath Mikhail Rostov (in der deutschen Fassung heißt er komischerweise Michael Hames) äußern sich dezidiert zu Motivation oder Zielen der Meute. Offenbar soll das Ganze von Kuba ausgehen, was irgendwie recht witzig ist, kehrt es doch das Schweinebucht-Desaster auf krude Weise um. Natürlich kommen die Invasoren ein gutes Stück weiter als seinerzeit die Castro-Gegner, sonst bräuchte Chucks Ein Mann Armee ja gar nicht eingreifen.
Also fallen die bösen Buben über das weihnachtliche Vorortidyll einer typischen US-Spießerstraße her, verwüsten eine Shopping Mall und schießen wahllos auf ahnungslose Passanten. Merkwürdigerweise ist da anscheinend nur das Miami Police Department zuständig, ein mediales und politische Großecho, das bei einer solchen Aktion binnen weniger Stunden einsetzen würde, bleibt erstmal völlig aus. Ob da das Budget nicht gereicht hat, oder das nicht gerade Literaturpreis-Verdächtige Drehbuchschreiberlingtrio (neben Chuck höchstpersönlich hauten noch Bruder Aaron und die Canon-Allzweckwaffe James Bruner in die Tasten) schlicht den Überblick verloren hat, man weiß es nicht. Nur gut, dass Chuck sehr viel schneller schaltet und bereits zeitnah mächtig mitmischt. Reicht auch völlig, denn effizienter könnten Nationalgarde oder Armee nun wirklich nicht arbeiten. Die Terroristen jedenfalls sind binnen kürzester Zeit um gefühlt die Hälfte dezimiert. Und das war erst die Aufwärmphase.
Erklärt wird das Ganze mit - logisch - einer mythischen CIA-Vergangenheit Matt Hunters (Chuck) und seiner - natürlich völlig nebulös gehaltenen - Erzfeindschaft mit Invasions-Anführer Rostov. Den plagen immer noch Albträume über Hunter, die dann zu seinem Unglück auch noch schmerzhaft real werden. Warum die CIA ausgerechnet und vor allem ausschließlich den zum Krokodilfarmer mutierten Hunter buchstäblich aus dem Sumpf zieht und nicht lieber eine aktuelle Sondereinheit schickt, ist eines der großen Mysterien des in dieser Hinsicht reich gesegneten Plots. Andererseits, wer kann, der kann und Hunter kann immer noch ausgezeichnet. Also meucheln, killen, ballern, in die Luft jagen und was sonst noch so nötig ist, um den Eindringlingen zu zeigen, was amerikanischer Grenzschutz so alles bedeuten kann.
Schade nur, dass Rostov so gar kein ernst zu nehmender Gegner ist. Wahnsinnig ja, dumm aber leider auch. Und so überhaupt nicht furchterregend. Zu Beginn des Films keimt kurzfristig Hoffnung auf, als er vermeintlich vor Drogenboss Mickey buckelt. Denn den gibt der in Psychopathen-Darbietungen ungleich begabtere Billy Drago. Wer erinnert sich nicht an seine Gänsehaut-Performance als eiskalter Schmierlappen-Killer Frank Nitty in „The Untouchables". Richard Lynch wirkt dagegen wie ein Schaubudengangster aus der Geisterbahn. Wenigstens darf er als Rostov/Hames herrlich unberechenbar sein und zwar für Freund und Feind. Das stiftet immer wieder Verwirrung, zumindest bei allen außer Chuck alias Hunter.
An ihn muss man sich halten, will man nicht ebenfalls der grassierenden Verwirrung zum Opfer fallen. Er ist der Fels in der Brandung, ein ebenso hellsichtiger wie allmächtiger deus ex machina, der immer das Richtige tut, was hier in erster Linie bedeutet, immer die Richtigen ins Jenseits zu befördern. Mehr ist nicht, mehr soll nicht sein und mehr ist auch nicht nötig. Oder, im abgewandelten Sesamstraßen-Duktus: Wieso, weshalb, warum, wer was fragt ist dumm. Im Sinne eines oberlehrerhaften Spielverderbers in einer fröhlichen Sandkastenklopperei.
Also zum Schluß noch mal in Großbuchstaben: Wer auf Panzerfäuste mit Atombombenwirkung steht, wer dem Lebensmotto „Erst schießen, dann fragen!" immer schon so einiges abgewinnen konnte, wer nicht zwingend eine Rechtfertigung bzw. Erklärung für ein völlig hohl drehendes Actioninferno benötigt und wer einer etwas klein geratenen Proll-Rock-Karikatur im Holzfälleroutfit vorbehaltlos die One-Man-Avenger-Show abnimmt, der ist hier goldrichtig. Für den abgeneigten Rest hat das häufig zu Unrecht gescholtene Kino der 80er Jahre durchaus intellektuellere Alternativen parat. Wenn auch nicht unbedingt spaßigere.