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Taylor Sheridan ist der Typ, dessen Name man als Kinofreund noch öfter hören wird. Er hat nämlich erst kürzlich das Drehbuch zu „Hell or High Water" (2016) und zu „Sicario" (2015) geschrieben. Immerhin zwei der besten Filme der letzten Jahre. Für „Wind River", dessen Titel sich nicht ganz zufällig wie eine Reminiszenz an längst vergangenes US-amerikanisches Genre-Kino anhört, hat er nun nicht nur das Skript beigesteuert, sondern noch dazu Regie geführt. Wie übrigens auch beim demnächst in den Kinos anlaufenden und von nicht wenigen sehnlichst erwarteten „Sicario 2: Soldado". Spätestens jetzt also, nach diesem erneut eindrucksvollen Film, den der Amerikaner dem anspruchsvolleren Cineasten vorsetzt, wird sich sein Werk herumsprechen. Denn nach drei preisverdächtigen beziehungsweise sogar Oscar nominierten Drehbüchern darf man annehmen, dass der Mann ein Händchen für originelles Entertainment hat. Seine zwar tristen, aber nie in Depression versinkenden Beiträge zur Landeskunde seiner Heimat kommen alle im Stil eines modernen Western daher. Allerdings ohne angestaubt zu wirken. Im Gegenteil. Sie sind gesellschaftlich relevant, politisch up to date und widmen sich in ihrer Essenz dem Prekariat der Vereinigten Staaten. Zurückgelassene Weiße, indianische Ureinwohner und Mexikaner werden von Sheridan ins Bild gerückt, allerdings ohne dass sein Schaffen auch nur entfernt an weltverbessernde Predigt erinnert. Ein bisschen melancholisch und mit viel Gespür für authentische, vom Schicksal gebeutelte Figuren, widmet sich der Filmemacher seinen Geschichten. Und die sind, mit ein wenig Interesse an der Psychologie starker Menschen, nicht furchtbar, sondern furchtbar unterhaltsam.

Jeremy Renner, der Mann mit markanter Physiognomie und schlummerndem Charisma, spielt hier einen stoischen Einsiedler in der verschneiten Bergwelt Wyomings. Sein täglich Brot verdient er damit, im Auftrag der Behörden Wildtiere zu erlegen, die den Farmern der Gegend zur Last fallen. Auf einem seiner Streifzüge in die Wildnis findet er ein totes Indianermädchen aus dem nahen Reservat. Barfuß und vergewaltigt, mitten im Nirgendwo. Um die Ermittlungen einzuleiten wird eine junge FBI-Agentin (Elizabeth Olsen [jüngere Schwester der früher bekannten Olsen-Twins]) eingeflogen, der der abgeklärte Mann dabei helfen soll, sich in der Einöde zurechtzufinden. Der noch unerfahrenen Frau wird jedoch bald bewusst, dass sie sich hier in einer anderen Welt befindet. Einer Welt, die sich im Gegensatz zu Las Vegas, ihrem vorherigen Einsatzort, Fremden nicht erschließt. Und nie erschließen wird. Und doch muss und möchte sie ihren Job machen so gut sie kann. Selbst wenn es heißt, die Lebenserfahrung vieler Jahre in wenigen Tagen zu sammeln.

„Wind River" ist natürlich auf den ersten Blick ein Krimi mit einer großen Portion Thriller. Aber als seine eigentlichen Qualitäten sind weder eine besonders ausgebuffte Story zu nennen, noch fiele Sheridans Film durch konstante Hochspannung auf. Ähnlich wie schon bei „Hell or High Water" rotiert die Geschichte nämlich um die sie so wunderbar ausfüllenden Figuren. Und um deren Überlebensstrategien in einer Welt, die keine Gnade kennt. Es sind die hier feilgebotenen Lebensweisheiten, der tiefschürfende Diskurs in Sachen Schicksal und unangebrachtem Fatalismus, der mitreißt. Es sind die starken Menschen dieser Geschichte, die fesseln. Wie sie sich schmerzvoll bemühen, über die eigenen Möglichkeiten hinauszuwachsen - wohl wissend, wie unberechenbar der sie umgebende Kosmos, wie fragil ihr Leben ist.

Da ist diese Szene, in der der Charakter Jeremy Renners, der einem an dieser Stelle im Film längst sympathisch geworden ist, das Ziel seiner Jagd gefunden hat: eine Berglöwen-Mutter mit ihren zwei Kätzchen. Und er wird sie erschießen. So wie das ganz selbstverständlich sein Job ist. Oder findet das Drehbuch einen Kniff, dem Zuschauer, der sich an eben jener Stelle im Film längst um das Karma seiner Figuren sorgt, das Bild erschossener Wildkatzen zu ersparen? Es wäre nur plausibel, wenn die Pumas ebenso blutig von einem Hochgeschwindigkeitsgeschoss getroffen werden, wie das eingangs in unschönen Bildern an einem Wolf vorexerziert wurde. Das Drama klopft mit verfliegender Laufzeit immer energischer an die Tür. Und es wird seine Opfer finden. So oder so.

Es ist bemerkenswert, wie es Taylor Sheridan - der derzeit wohl einen Run hat, was seine Drehbücher angeht - erneut bewerkstelligt, einen makellosen Film vorzulegen. Mit zwei vollends überzeugenden Hauptdarstellern und viel ansprechender Staffage. Wie vor zwei Jahren Emily Blunt, wird nun Elizabeth Olsen als taffe Frau inszeniert, die sich gegen ihr Schicksal in einer Männerwelt stemmt. Dabei ist es ein Glück, dass Sheridan keine apokryphen weiblichen Kitsch-Figuren der Sorte Tatort-Kommissarin oder Lara Croft für seinen Plot entwirft, sondern vielmehr aufzeigen möchte, dass wahre Stärke nicht körperlicher Natur ist, sondern nur darin bestehen kann, sein Bestes zu geben. Seine Möglichkeiten so gut es geht auszuschöpfen. Und mit dem Resultat dann zu leben. Ohne Schuldzuweisungen und Ausflüchte. Bei Sheridan ist kein Platz für Komplexe und gequälte Fantasie. Und damit verstößt er durchaus gegen gängige Konventionen der US-amerikanischen Filmmaschinerie. Und das ist gut so. Denn der die Geschichte aufladende Humanismus überzeugt auch deshalb so, weil er dem wahren Leben entlehnt sein könnte. Weil er ins real wirkende Geschehen zieht.

„Wind River" ist ein ruhig erzählter Neo-Western, der es sich erlaubt, nicht seine solide Kriminal-Story, sondern seinen exzellenten Cast in den Fokus zu rücken. Einen Cast, dem es beeindruckend gelingt, über die Geschichte hinauszuwachsen.

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