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„Führungstreffen beim Holzhacken - Staffelübergabe auf der Enterprise"

Mit dem sechsten Star Trek-Kinofilm („Star Trek VI - Das unentdeckte Land", 1991) hatte die Ur-Stammcrew der Enterprise einen überaus gelungenen Abschied hingelegt und den Weg endgültig für die längst erwartete Staffelübergabe frei gemacht. Die „Next Generation" (TNG) um Captain Picard und Commander Riker flog bereits seit 1987 höchst erfolgreich über die weltweiten Bildschirme und war damit schon mehr als doppelt so lang TV-aktiv wie Captain Kirk und seine Mannen. Für die neue Kinoserie war man bei Paramount sogar bereit, die eigentlich fest eingeplante 8. Staffel einzustampfen um sich nicht selbst Konkurrent zu machen. So gesehen barg der siebte Kinofilm ein nicht zu unterschätzendes Risiko, zumal das Gros der Trekkies wenig begeistert auf die TV-Einstellungspläne reagierte. Etwas besonderes, noch nie da gewesenes sollte daher den Weg in eine nicht minder erfolgreiche Zukunft ebnen. Eine durchaus kniffelige Aufgabe für den dafür auserkorenen TNG-Produzenten Rick Berman. Immerhin hatte der seine Kreativität auch unter (Zeit-)Druck schon mehrfach bewiesen.

Berman nahm den Begriff der Staffelübergabe wörtlich und entwickelte die Idee, klassische und neue Besatzung in irgendeiner Form gemeinsam auftreten zu lassen. Zunächst sollten Kirk und Co. nur zu Beginn in einer Art Team-Cameo auftauchen, aber außer James Doohan und Walter Koenig konnte sich keiner mit einem bloßen Teaser-Auftritt anfreunden. (1) Also forcierte man den durchaus reizvollen Einfall die beiden Captains aufeinander treffen zu lassen, was aufgrund der unterschiedlichen Jahrhunderte (Original Series 23. Jh., TNG 24. Jh.) nur in Form einer Zeitreise-Geschichte möglich sein würde. Gleichzeitig galt es aber auch, der neuen Truppe einen denkwürdigen Einstieg zu verschaffen, womit man schon zwei obligatorische Erzählstränge hatte, dies es in Einklang zu bringen galt.  

Zu Beginn scheint die Rechnung voll aufzugehen. Trotz des im Prinzip bereits vollzogenen Abschieds mit dem Finale von „Star Trek VI" freut man sich die alten Recken Kirk, Scotty und Chekov wieder (in Aktion) zu sehen. Fast schon mit schlafwandlerischer Sicherheit flachsen sich die drei Haudegen durch die erste Viertelstunde. Als launige Gäste auf dem Jungfernflug der runderneuerten Enterprise-B unter dem Kommando des unerfahrenen Captain Harriman (Alan Ruck) geraten sie natürlich schnell in arge Bedrängnis und müssen mal wieder Schiff und Besatzung retten. Allerdings mit dramatischen Folgen. Kirk wird bei der Rettungsaktion vor einem zerstörerischen Energieband ins All gerissen und stirbt den vermeintlichen Heldentod.
Einen Zeitsprung von fast 90 Jahren später begegnen wir der Besatzung der Enterprise-D mit Captain Jean-Luc Picard (Patrick Stewart). Das Verbindungsglied ist der Wissenschaftler Dr. Tolian Soran (Malcom McDowell). Seinerzeit von Hariman in letzter Sekunde an Bord gebeamt, befindet er sich nun auf der Enterprise-D und steht kurz vor der Verwirklichung seines Lebenstraums. Er will in den sogenannten „Nexus" gelangen, einen Ort, in dem Raum und Zeit keine Bedeutung haben, eine Art paradiesisches Paralleluniversum in dem sämtliche irdischen Träume wahr werden. Auf diesem Weg zerstört Soran nicht nur Raumschiffe, sondern ganze Planeten. Die Enterprise wird dabei zum entscheidenden Spielball und scheint dem Untergang geweiht und Picard geschlagen. Doch unvermittelt findet er sich im Nexus wieder, wo er noch dazu auf einen tot geglaubten Verbündeten trifft: James T. Kirk ...

„Star Trek VII" firmiert unter dem Titel „Generations" und genau daraufhin ist er zuvorderst fokussiert. Schon das Filmplakat, auf dem lediglich Kirk und Picard abgebildet sind, macht dies deutlich. Dem Generationentreffen wird alles untergeordnet, was keine optimalen Voraussetzungen für das Leinwanddebüt der TNG-Crew sind. Vieles wirkt daher überkonstruiert und/oder nicht vollständig entwickelt bzw. ausgeführt. So muss beispielsweise die an sich hochinteressante Nexus-Idee gleich zwei Handlungszielen dienen: Der Verhandlung des komplexen Themenbündels um Tod, Leben(sträume) und Vergänglichkeit am Beispiel Picards sowie der Zusammenführung der beiden Kapitäns-Ikonen. Diese Doppelfunktion schadet vor allem der ersten Ambition. Picards Familientragödie und seine Nexus-Kompensation sind nicht zuletzt wegen ihrer Komprimierung recht kitschig geraten. Auch von seiner Begegnung mit Kirk hätte man gerne mehr gesehen, gerade weil diese Szenen so gelungen sind und zweifellos das Herzstück des Films bilden.      
Stewart überlässt hier Shatner nur oberflächlich die Führung, ein Eindruck der durch die beiden völlig unterschiedlichen Schauspielstile der beiden entsteht. Schon früher neigte Shatner zur Überakzentuierung  und Selbstinszenierung. Andererseits drängte er sich mit so viel Charme in den Vordergrund, dass man ihm kaum böse sein konnte, zumal es sehr gut zur Persona des Captain Kirk passte. Stewart geht genau den umgekehrten Weg und punktet mit offensivem Understatement. Er wirkt dadurch nicht minder respekteinflößend und autoritär. In „Generations" prallen diese Gegensätze aufeinander und haben beinahe etwas Screwball-artiges. Jedenfalls harmonieren die beiden Enterprise-Alphatiere bestens und sorgen für einen der denkwürdigsten Star Trek-Momente.

Ein wenig zu kurz kommt nicht zuletzt deshalb dann aber der Einstand TNG-Besatzung, die man immerhin vollständig an Bord hatte. Trotzdem ist es gelungen den Androiden Lieutenant Data (Brent Spiner) und Lieutenant LaForge (LeVar Burton) handlungsrelevant in Szene zu setzen, sie tragen die Hauptlast der Ermittlungen gegen Soran. Dass man mit Berman auf einen echten Insider bauen konnte, machen aber zwei andere Einfälle deutlich. Datas Probleme mit dem Emotionschip sind nicht nur sehr amüsant, sondern im Geist der TV-Serie entwickelt. Letzteres gilt auch für Worfs  (Michael Dorn) Beförderung, die in einer schwungvoll erzählten und toll bebilderten Episode auf dem Holodeck der Enterprise stattfindet. Der erste Klingone der Sternenflotte wird dort auf einem Segelschiff der napoleonischen Zeit zum Lieutenant befördert. Der Rest um Commander Riker (Jonathan Frakes), Dr. Crusher (Gates McFadden) und Counselor Troi (Marina Sirtis) bekommt allerdings nur wenig Text und Szenen, was ein wenig an die alten Trek-Filme erinnert, bei denen meist das Trio Kirk, Spock und Dr. McCoy klar im Zentrum stand.

„Star Trek: Generations" hat damit zwar eine Vielzahl starker Sequenzen bzw. Einzelszenen, aber eben keine Geschlossenheit oder Stringenz hinsichtlich Narration und Spannungsaufbau. Die Einführung der Enterprise-D-Crew, ihre erste Bewährungsprobe durch eine außerirdische Bedrohung, die Wachablösung mit der Ur-Besatzung sowie das direkte Aufeinandertreffen der jeweiligen Captains sind am Ende ein zwei Plotbausteine zu viel. Trotz des erkennbaren Versuchs einer narrativen Klammer - der Energieband-Nexus-Plot - ist der bruchstückhafte Charakter nicht zu übersehen.
Zudem findet der eigentliche Höhepunkt bereits vor dem großen Finale statt, wenn Picard Kirk im Nexus in dessen Blockhaus beim Holzhacken und Schwelgen in Erinnerungen aufstöbert. Ihr gemeinsamer Kampf gegen Soran ist dann leidlich aufregendes Actionkino, das zudem mit einem nicht sonderlich emotionalen Heldentod Kirks endet (2). Shatner, der sich ein anderes Ende für seine Lebensrolle gewünscht hatte, konnte sich gegen den Studiowunsch nicht durchsetzen. Das ist vor allem deshalb recht schade, da die Nexus-Idee mannigfaltige Möglichkeiten für einen würdevolleren und nachhaltigeren Abgang bereitgehalten hätte.

Tricktechnisch dagegen kann man „Star Trek VII" nichts vorwerfen. Die Raumschiffszenen (Innenaufnahmen, Kampf mit den Klingonen und vor allem die Bruchlandung der Enterprise auf Veridian III) sind sämtlich auf dem damaligen Höchststand der Technik und ein erneuter Beleg für die Ausnahmestellung von George Lucas Effektschmiede ILM. Die bereits vorhandenen CGI-Elemente haben hier noch unterstützende Funktion, die „Hauptlast" tragen klassische Praktiken wie Matte Paintings, Bluescreen-Sequenzen und vor allem die Motion Control-Techniken mit Modellen und Miniaturen. Dadurch wirkt alles viel realistischer und haptischer als in vielen heutigen Science Fiction-Filmen, in denen der Computer eine durchgängige Sterilität und Künstlichkeit erzeugt.
Überhaupt ist die Optik eine der Stärken von  „Generations".  Die Aufnahmen in realen Locations wie dem Replik-Segelschiff „Lady Washington" (Holodeck-Szenen), im kalifornischen Lone Pine (Kirks Farm) und dem „Valley of Fire State Park" (Endkampf mit Soran) sind allesamt in warme, kräftige Farben getaucht und werten die jeweiligen Szenen atmosphärisch ungemein auf. Kameramann John A. Alonso hatte schon für Roman Polanskis „Chinatown" und Brian DePalmas „Scarface" eine ikonographische Bildsprache geschaffen, die den Ton und die Stimmung der jeweiligen Filme wesentlich bestimmte.

Trotz offenkundiger Drehbuch-Schwächen wurde „Star Trek: Generations" von Publikumsseite sehr wohlwollend aufgenommen. Allein in den USA spielte er mehr als das doppelte seines Budgets von 35 Millionen Dollar wieder ein. Wenn auch der Versuch eines generationenübergreifenden Stelldicheins der beiden Enterprise-Crews etwas holprig von statten ging, so war die gewollte Staffelübergabe nun endgültig vollzogen und die Bahn frei für neue Leinwandabenteuer der TNG-Mannschaft um Captain Picard. In Erinnerung bleibt aber vor allem der Plausch zwischen dem jovialen, hemdsärmeligen Kirk und dem grüblerischen, introvertierten Picard. In diesem (viel zu kurzen) Stelldichein kumulieren die Unterschiede nicht nur zwischen den beiden Enterprise-Kapitänen, sondern auch den beiden TV-Formaten „Original Series" und „The Next Generation". Nicht nur, aber vor allem für Fans ein einzigartiger Crossover-Moment, den man gerne länger festhalten würde. Im Nexus wäre das möglich, aber wenn Zeit und Raum ohne Bedeutung sind, bräuchte es auch keine neuen Abenteuer, Herausforderungen und Gefahren. Das würde Captain Kirk gar nicht gefallen - und uns auch nicht.


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(1) Vor allem Leonard Nimoy (Mr. Spock) und De Forest Kelley (Dr. McCoy) wollten sich nicht für ein paar launige Frotzeleien hergeben, zumal sie zu Recht darauf hinwiesen, mit „Star Trek VI" bereist einen in jeder Hinsicht gelungenen Abschied hingelegt zu haben.
(2) Dieser musste sogar für mehrere Millionen Dollar nachgedreht werden, da die erste Fassung bei Testvorführungen krachend durchgefallen war.

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