„Sha Po Lang“ wurde schon im Vorfeld heiß erwartet und, soviel darf man mit Fug und Recht behaupten, er erfüllt alle Hoffnungen. Der Actionfilm aus Hongkong setzte in den letzten Jahren nur noch wenig Akzente, aufregende Filme wurden in Thailand oder Korea gemacht. Es kommt daher hoffentlich einer Initialzündung gleich, wenn so eindrucksvoll wie hier an alte Tugenden und Ideale angeknüpft wird.
Oberflächig betrachtet bietet SPL wenig neues, ein typischer Copthriller der das abgearbeitete Rachemotiv aufgreift. Doch die Handlung ist weit tiefgründiger als der erste Blick vermuten lässt.
Komissar Chan Kwok Chung (Simon Yam) ist kurz davor den einflussreichen Gangsterboss Wong Po (Sammo Hung) hinter Gitter zu bringen. Auf dem Weg zur Verhandlung wird sein Wagen jedoch durch einen fingierten Crash gestoppt - alle Insassen erliegen ihren Verletzungen, nur die Tochter des Zeugen überlebt. Chung kümmert sich um das Kind, so als ob es sein eigenes wäre und er schwört Rache an dem Mörder ihrer Eltern. Doch ihm läuft die Zeit davon, noch im Krankenhaus erfährt er von einem tödlichen Tumor in seinen Kopf.
3 Jahre später steht Chung kurz vor der Pensionierung, sein Widersacher Po ist aber immer noch auf freien Fuß. Sein Ziel Rache zu üben konnte er mit legalen Mitteln nicht erreichen, er muss Beweiße fälschen um Po doch noch Dingfest zu machen. Verkompliziert wird die Situation durch den neuen Komissar Ma Kwai (Donnie Yen), der Chungs Posten nach dessen Abtritt einnehmen soll.
SPL schmückt sich mit drei Top-Stars, alles Darsteller mit einer eindrucksvollen Vita. Da wäre Donnie Yen, ein begnadeter Kampftechniker, der sein athletisches Können schon unzählige Male unter Beweis stellen konnte. Dann hätten wir noch Simon Yam, ein großartiger Charakterdarsteller der im Actiongenre ebenfalls kein Neuling ist. Zu guter letzt Martial Arts Ikone Sammo Hung, der an dieser Stelle nicht weiter vorgestellt werden muss. Alle drei wären aber bloß schmückendes Beiwerk, ohne eine funktionierende Rahmenhandlung. An dieser Stelle lässt sich die größte Weiterentwicklung gegenüber früheren Produktionen feststellen, man verzichtet auf festgefahrene Klischeecharaktere sondern wartet mit starken Persönlichkeiten auf. Die Charakterebene des Films ist daher bald interessanter als das Rache-Gerüst. Alle Personen sind Figuren, deren Leben miteinander verknüpft sind. Kommissar Chung erfährt zur selben Zeit als er das Waisenkind aufnimmt, das er an einem gefährlichen Gehirntumor leidet. Am gleichen Tag sitzt auch Po im Krankenhaus und erfährt dass seine Frau eine Fehlgeburt hatte. 3 Jahre später überschneiden sich die Lebenslinien wieder.
Alle Figuren haben sowohl negative wie positive Charaktereigenschaft, sind also nicht nur gut oder schlecht. So setzen sich die Cops zwar formal für die Gerechtigkeit ein, biegen aber die Regeln zu ihren Gunsten um das Ziel zu erreichen. Auf der anderen Seite ist Po zwar ein gemeiner Gauner, zeigt sich aber auch liebevoll seiner Familie gegenüber. Alle Figuren sind interessant herausgearbeitet und es macht Spaß ihnen zu zusehen. Insbesondere da sowohl Donnie Yen wie auch Sammo Hung eher für ihre kämpferischen Fähigkeiten bekannt sind, hier aber zu Abwechslung auch schauspielerisch überzeugen. Besonders Hung gefällt in der Rolle des Bösewichts, ein Charaktertyp der üblicherweise nicht zu seinem Repertoire gehört.
Sha Po Lang verknüpft zudem sehr geschickt den Rahmengeschichte mit furiosen Actionszenen. Ein purer Actionkracher ist der Film jedoch nicht, dafür sind die intensiven Auseinandersetzungen zu spärlich. Das soll aber keine Abwertung sein, die Hochglanzoptik und die sehr stylische Kameraführung entschädigen auch in eher ruhigen Passagen, Look und Dramatik erinnern insgesamt etwas an "New Police Story". Wenn es dann aber mal losgeht, dann fliegen gewaltig die Fetzen. Als Sammo seinen Messerkiller Jackie Wu ins Rennen schickt um die Cops abzuschlachten, schlägt die Stunde von Donnie Yen. Der hatte sein Hoch in den 90`er Jahren, hat sich nun aber unter anderem mit „Seven Swords“ und „Dragon Tiger Gate“ zurück an Spitze katapultiert. Es ist einfach eine wahre Freude zu sehen das Yen nichts von seinen akrobatischen Fähigkeiten eingebüßt hat. Die allesamt von ihm choreographierten Kampfeinlagen geben sich betont realistisch und bodenständig, zeichnen sich obendrein durch eine recht blutige Umsetzung aus. Besonders Jackie Wu gefällt mit seiner ästhetisch und gleichzeitig brutalen Art Widersacher zu beseitigen. Der Kampf zwischen Wu und Yen gehört zu den vielleicht intensivsten dieser Art den das Hongkong Kino in letzter Zeit hervorgebracht hat. Beeindruckend auch Sammos physische Präsenz, immerhin ist er auch nicht mehr der Jüngste und seine Körperfülle hat auch beachtlich zugenommen. Dennoch zieht er im Schlußkampf ordentlich vom Leder und zeigt dass er körperlich immer noch mit seinen jüngeren Kollegen das Wasser reichen kann.
Im direkten Vergleich zu „Dragons Squad“ bekommt SPL klar den Vorrang, nicht nur die Action ist besser umgesetzt auch die Personen sind menschlicher. Bleibt zu hoffen das dieser Film keine Eintagsfliege war und sich das Hongkong Actionkino wieder verstärkt auf seine Wurzeln besinnt. Meine Empfehlung hat er.