Bonnie and Clyde (1967)
Rebellen sind spätestens seit dem Bürgerkrieg ein fester Bestandteil der amerikanischen Populärkultur: Ob Jesse James oder Billy the Kid, Al Capone oder Bonnie und Clyde – die Verbindung von krimineller Energie und dem damit einhergehenden Widersetzen gegen alle Autoritäten hat seit jeher die US-Bevölkerung in einem ungeheuren Maße fasziniert. Das schlug und schlägt sich natürlich in den popkulturellen Erzeugnissen nieder, so auch im Film, wo besonders aus dem Warner Brothers Studio seit den 1930er Jahren der inzwischen klassische Gangsterfilm seinen Siegeszug um die Welt angetreten hat. Und daher ist es nur folgerichtig, daß sich Warner mit einiger Verspätung auch des großen Verbrecher- bzw. Rebellenpaares der Depressionszeit angenommen hat und „Bonnie and Clyde“ am 13. August 1967 in die Kinos brachte.
Daß damit auch ein Meilenstein amerikanischer Filmgeschichte gesetzt werden würde, hatte das Studio sicher nicht vermutet. Jedoch waren sowohl die Drehbuchautoren David Newman und Robert Benton als auch der Regisseur Arthur Penn begeistert von der französischen Nouvelle Vague und fest entschlossen, deren stilistische Merkmale zu übernehmen (wenn schon nicht Jean-Luc Godard überredet werden konnte, das Projekt zu übernehmen). Und tatsächlich wird der Aufstieg und Niedergang des Gangsterpaares Bonnie Parker und Clyde Barrow mit radikalen Mitteln erzählt: zwischen den unverschämt gutaussehenden Darstellern Faye Dunaway und Warren Beatty knistert die sexuelle Spannung – obwohl Clydes Impotenz das Klischee ironisch bricht – aus ihrem Spaß am Outlaw-Leben wird kein Hehl gemacht, die für damalige Verhältnisse drastische Gewaltdarstellung mit Humor konterkariert. Die unruhige Handkamera verzichtet weitgehend auf glamouröse Fahrten und Schwenks, sondern geht ganz nah an die Protagonisten heran und fängt den Staub und den Schweiß des texanischen Sommers sinnlich ein. Immer wieder sind durch die Krise obdachlos gewordene Familien zu sehen, die in Bonnie und Clydes Banküberfällen ihre bescheidene Genugtuung erfahren und die beiden im Ernstfall auch unterstützen. Auch die Macht der Massenmedien schlägt sich bereits in den fotografischen Selbstportraits und den allgegenwärtigen Zeitungsberichten nieder – gesellschaftliche und soziale Aspekte der Great Depression-Ära verleihen „Bonnie and Clyde“ eine authentische und vor allem eine politische Dimension. Fantastische Nebendarsteller wie Estelle Parsons (Nebenrollen-Oscar!), Gene Hackman oder der erst im letzten Jahr verstorbene Gene Wilder (in seiner ersten Kinorolle) sowie ein mitreißender Bluegrass-Score bescherten dem Film nicht nur zahlreiche Auszeichnungen, sondern ließen ihn zum Flaggschiff des New Hollywood-Kinos werden, dessen Bedeutung gar nicht überschätzt werden kann.
Die Verbindung von stilistischer Kühnheit und breiter Publikumswirkung (ohne die zum Teil intellektuell anspruchsvollen Reflexionen der Nouvelle Vague) machen „Bonnie and Clyde“ bis heute zu einem unterhaltsamen, stimulierenden Filmerlebnis. Zur Veröffentlichung der DVD-Special Edition im Jahr 2007 (Fassungseintrag von freddyscoming4u) trommelte Warner noch einmal die zwar gealterten, aber bestens gelaunten Beteiligten für Interviews zusammen, die auch auf der Blu-ray (Fassungseintrag von DeafYakuza) enthalten sind und wertvolle Hintergrundinformationen und Episoden vom Schaffensprozeß bieten.
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