Review

1987 „Predator" oder „Die glorreichen Sieben auf Monsterjagd" (Arnie Nr. 8)

„Wenn es blutet, können wir es töten!" Zum Zeitpunkt dieser Erkenntnis ist der Trupp Elitesoldaten unter dem Kommando Major Dutch Schaefers schon ordentlich dezimiert. Dabei war doch anfangs alles nach Plan gelaufen. Der Auftrag einen im Dschungel mitsamt Militärhelikopter abgestürzten und daraufhin von Rebellen fest gesetzten Politiker zu befreien, ein Routinejob für Dutch und seine Mannen. Dass sein alter Kumpel und jetziger CIA-Agent George Dillon die Mission als Aufpasser begleiten soll, nervig aber geschenkt. Okay, die an Bäumen aufgehängten, gehäuteten Leichen der Helikopterbesatzung waren ein Schock. Ärgerlich auch, dass die Mission eigentlich dem Zweck diente eine von den Russen initiierte Rebellen-Operation zu vereiteln. Dutch mag es gar nicht für politische Zwecke missbraucht zu werden, aber immerhin haben sie das Lager dem Erdboden gleichgemacht und dabei offenbar nicht die Falschen getroffen. Job erledigt, Abmarsch zum Sammelpunkt. Wer hätte ahnen können, dass die hart gesottenen Männern ab da der schlimmste Albtraum ihres Lebens erwartet ...

Anno 1987 ahnte auch mit Sicherheit niemand, welchen pokuturellen Nachhall Arnold Schwarzeneggers Antwort auf Sylvester Stallones „Rambo II - Der Auftrag" haben sollte. Denn genau nach der sah „Predator" für viele vordergründig aus. Im Rennen um die Action-Box-Office-Krone hatte der Rivale mal wieder vorgelegt gehabt. Stallones Balsam-Bazooka gegen das amerikanische Vietnamkrieg-Trauma war der Hit 1985. Lediglich ein silberner DeLorean machte noch mehr Knete, aber der war auch deutlich familienfreundlicher. Also ab in den Dschungel, rein mit den Vietnam-Referenzen und dann auf Dauerfeuer. So oder ähnlich wurde „Predator" seinerzeit gern und häufig rezensiert, ein Ansatz, wie er falscher kaum sein könnte. Das einzige was die beiden Filme verbindet, ist ein muskelbepackter Elitesoldat im Dschungel. Das wars dann aber auch schon.

Da wäre zunächst der Teamgedanke. Schwarzenegger wollte nach eigenem Bekunden immer so etwas wie „Die glorreichen Sieben" machen. Ein kerniger Trupp waffenstarrender Söldner gegen einen überlegenen Gegner. Und „Predator" kommt dieser Idee ziemlich nahe. Nicht nur, weil Schaefers schnelle Eingreiftruppe exakt sieben Mann zählt (den aufgezwungenen Dillon mal wohlwollend mit gerechnet), sondern auch, weil jeder der Recken ganz spezielle Fähigkeiten oder Erkennungsmerkmale vorweisen kann und jeder im Film seinen persönlichen Auftritt bekommt. Und der Feind ist zwar nicht zahlenmäßig, aber ganz sicher kampftechnisch haushoch überlegen, ein Umstand, der die sieben Helden sukzessive ordentlich ausdünnt. Stallone dagegen wütet als klassische Ein-Mann-Armee und taugt weit mehr als Vorbild für Arnolds 85er-Hit „Commando".

Auch der Vietnam-Bezug wird in „Predator" ganz anders hergestellt. In „Rambo 2" dienen die verhandelten Polit-Bezüge (u.a. die Situation langjähriger Kriegsgefangener, enttäuschter Patriotismus oder die den Krieg am liebsten verdrängende US-Öffentlichkeit) in erster Linie einer mythischen Einzelkämfer-Heroisierung. In „Predator" dagegen ist die sich zunehmend fataler entwickelnde Mission eine Allegorie auf die Erfahrungen und Traumata der im Dschungelkrieg verheizten US-Soldaten. Das tagelange Durchstreifen eines unwirtlichen Terrains, ständig beobachtet und immer wieder angegriffen von einem unsichtbaren Feind, der neben Leib und Leben auch zunehmend die Psyche malträtiert. Dass Schaefers Männer fast ausnahmslos auf Vietnam-Erfahrungen zurück blicken, macht die Übergänge fließend und die Bezüge noch deutlicher.

Letzlich steht aber natürlich auch hier das Action-Erlebnis im Vordergrund und jenes ist definitv der Hauptgrund für den Kultcharakter des Films. Das und der Titelheld. Denn „Predator" ist nicht nur ein Testosteron-Combat-Spektakel vor dem Herrn, er wildert auch höchst effektiv im Science-Fiction-Horror-Gehege. Der Gegner führt einen lupenreien Guerilla-Krieg, aber ist dafür auch bestens ausgerüstet. Per Knopfdruck kann er eine Tarnvorrichtung aktivieren, die ihn mit der Umgebung verschmelzen lässt, er ist also nahezu unsichtbar. Dazu verfügt er über eine lasergesteuerte Plasma-Waffe, die es locker mit der Feuerkraft des gesamten Trupps aufnehmen kann. Dass er mühelos von Baum zu Baum springen kann und ganz generell über übermenschliche Kräfte verfügt, macht die Aufgabe auch nicht gerade leichter.

Als Zuschauer wird man schon zu Beginn darauf gestoßen, dass der Film eine fantastische Komponente haben könnte. Man weiß also mehr wie Arnold und seine Jungs. Allerdings verrät das von einem Raumschiff abgeschosse Objekt praktisch nichts über den Predator, nicht einmal, dass es sich um ein Lebewesen handelt. Nach und nach beginnt man dann zu ahnen, dass ein außerirdischer Krieger sein Unwesen treibt, der zudem einen Heidenspaß an der guten alten Menschenjagd zu haben scheint (Trophäenfetisch inbegriffen). Immer wieder nimmt man die Perspektive des Predators ein, der seine Gegner lediglich als Wärmesignatur-Bild wahrnimmt. Später wird sein Tarnmodus beschädigt, womit sein Rastafari-artiger Kampfanzug enthüllt wird und erst ganz am Ende nimmt er den Helm ab und zeigt seine wirklich potthäßliche Alien-Fratze.  

Zu Anfang sah die Kreatur allerdings so gar nicht furchterregend aus. Das schmale Budget spukte lediglich ein einäugiges Klappergestell mit Hundekopf aus, die nächstbeste Rummelplatz-Geisterbahn hätte sich bestimmt darüber gefreut. Nicht auszudenken, wenn Arnold dagegen angetreten wäre. Zum Glück dachten sich das auch die Produzenten und heuerten auf Arnolds Empfehlung Make-up-, Special Effects- und Creature-Design-Multitalent Stan Winston für ein Facelift an. Der Mann versteht sein Handwerk, schließlich hat er uns schon mit „Das Ding" (aus einer anderen Welt), den „Aliens" (wofür er völlig zu Recht seinen ersten Goldjungen einheimste) und ganz besonders mit dem „Terminator" das Fürchten gelehrt. Man kannte sich also schon. Spezi James Cameron wiederum soll sich mit konkreten Vorschlägen zum Look des Predators revanchiert haben. Ob er auch die grandiosen Einfälle für den Chamäleon-Tarnmodus, die Wärmebildwahrnehmung, oder sein grün fluoroszierendes Blut hatte, ist dagegen nicht ganz klar. Wie auch immer, es hat prächtig funktioniert, der häßliche Alien-Krieger ist eine Horrorfilm-Ikone, die es zu einer eigenen Comic-Reihe sowie zu fünf weiteren Leinwandauftritten in diversen Sequels, Prequels und Crossovern gebracht hat.   

Das alles hätte dennoch nicht viel genutzt, wenn der falsche Mann auf dem Regiestuhl gesessen hätte. Der eigentliche Plot ist nämlich kaum der Rede wert und vor allem aus zahllosen Versatzstücken diverser Söldner- und Combat-Streifen zusammen gewürfelt. Und das Zehn-Kleine-Negerlein-Dezimierungsprinzip war schon zu John Sturges „Magnificent"-Zeiten keine Sensations-Idee mehr. Es zählt also keinesfalls das „Was", sondern fast ausschließlich das „Wie".
In der Rückschau mag John McTiernan wie ein Sechser im Lotto erscheinen, immerhin hat der Mann zwei „Die hard"-Filme, „Jagd auf Roter Oktober" und eins der ganz wenigen Klassiker-Remakes die das Original toppen („Die Thomas Crown Affaire") in seinem Portfolio. Vor „Predator" konnte er allerdings nur den etwas kruden Psycho-Horror „Nomads" vorweisen. Tja, ein schwacher Auftakt bietet eben reichlich Chancen zur Steigerung, McTiernan hats bewiesen. Von Beginn an drückt er enorm aufs Tempo und isnzeniert den Film wie einen Highspeed-Ride im Vergnügungspark. Ständig passiert, explodiert oder stirbt etwas bzw. jemand. Zusammen mit Arnolds Boygroup werden wir durch den Dschungel gehetzt und sind den fiesen Attacken des Predators ausgeliefert. Und wenn es dann zum Feuergefecht kommt - also so etwa alle 5 Minuten -, dann geht es ruppig, blutig und drastisch zu. Allein die Erstürmung des Rebellen-Lagers lässt das Herz eines jeden Action-Freundes Salti schlagen. Klar, der Angriff einer Bomberstaffel hätte auch nicht mehr Schaden angerichet, aber dann wäre ein jeder der sieben Haudegen um seinen ganz persönlichen Spaß gebracht worden - und wir gleich mit.

John McTiernan macht zum Glück auch gruppendynamisch alles richtig und schöpft das Potential der toll gecasteten Truppe optimal aus. Carl Weathers darf nach Stallone (Apollo Creed in vier „Rocky"-Filmen) nun auch Schwarzenegger als ambivalenter Buddy George Dillon dazwischen funken, frisch geöltes Bizeps-Duell selbstredend inklusive. Bill Duke ist ein weiterer alter Bekannter, nämlich aus „Phantom Commando", nur dass er diesmal auf der richtigen Seite steht, was allerdings den Predator erwartungsgemäß völlig kalt lässt. Mit dem Wrestler Jesse Ventura wiederum verstand sich Arnold so gut, dass sie nur ein paar Monate später erneut zusammenarbeiteten („Running Man"). Der ständig Kautaback malmende Redneck-Wüstling Blain Cooper mit seiner Gatling-artigen Minigun ist ein Schauwert für sich. Selbiges gilt für Billy Sole. Sonny Landham legt seine Stoiker-Killer-Präsenz aus „48 Hours" neu auf und hat als indianischer Fährtenleser den coolsten Part nach Arnold erwischt. Bleiben noch Richard Chaves und Shane Black. Während erster trotz relativ späten Ablebens kaum Akzente setzten kann, ist Black gleich in mehrfacher Hinsicht erwähneswert. Der Funker Rick Hawkisn ist ein ganz seltsamer Kauz der stets latent irre wirkt und ständig Witze reißt, die außer ihm keiner komisch findet. Sein Darsteller Black wurde eigentlich angeheuert um den Skript den letzten Schliff zu verpassen, schließlich hatte er kurz davor mit „Lethal Weapon" einen Volltreffer gelandet. Da man ihn dann wohl doch nicht so dringend brauchte, er aber nun schon mal da war, offerierte ihm Produzent Joel Silver kurzehand eine Rolle in Arnolds Spezialeinheit. Inzwischen ist er nicht nur erfolgreich ins Regiefach gewechselt (u.a. „Iron Man 3", „The Nice Guys"), sondern hat sich vorgenommen, endlich ein würdiges Sequel zu „Predator" zu drehen (Kinostart: September 2018). So schließt sich der Kreis.

Fassen wir also zusammen: „Predator" ist ein Ensemble-Action-Horror-Thriller mit SiFi-Einschlag. Er ist kein Plagiat von „Rambo 2", also auch nicht der allzu plakative Versuch Schwarzeneggers seinen ärgsten Konkurrenten Stallone zu kopieren. Das Vietnam-Thema ist da, aber cleverer und anders mit dem Plot verwoben wie beim vermeintlichen Vorbild. Der Film zerfällt in drei nahtlos ineinander übergehende Teile: vom Söldner-Abenteuer, zum Horror-Trip, zum archaischen Duell Mann gegen Monster. Dazwischen tritt Regisseur McTiernan das Gaspedal voll durch und gönnt weder dem Personal auf, noch dem vor der Leinwand auch nur die kleinste Verschnaufpause. Angesichts eines 08/15-Plots sicher nicht die dümmste Strategie. Neben Arnolds überlebensgroßer Action-Persona ist das außerirdische Raubtier die Hauptattraktion, auch weil es nur häppchenweise enthüllt wird und besonders weil Stan Winston eine Kreatur erschuf, wie sie selbst im monsterbevölkerungsreichen Horrokino nur alle Jubeljahre los gelassen wird.

Für Arnold Schwarzeneger war das nach „Conan" und „Terminator" der dritte Quantensprung zum Action-Olymp und vielleicht auch die Erkenntnis, dass seine Larger-Than-Life-Ausstrahlung besonders gut im fantastischen Setting funktioniert. Immerhin drehte er in den kommenden vier Jahren drei Science-Fiction-Kracher („Running Man", „Total Recall", „Terminator 2").
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Bad Ass Rating: 10/10 (ausradiertes Rebellencamp, gehäutete Soldaten, üble Einschüsse und andere Unappetitlichkeiten)

Muscle Posing Rating: 9/10 (gleich zu Beginn veranstalten Arnie und Carl ein freihändiges Armdrücken und auch sonst lassen die beiden keine Gelegenheit aus sich vor den Takes aufzupumpen; ein Wunder dass sie die großkalibrigen Waffen noch halten konnten)

Originaltitel: ebenfalls "Predator" (zum Glück nicht "Der Dschungel-Hai" nach der City-Variante)

Ähnlichster Stallone Film: „Rambo 2 - Der Auftrag" (Dschungel-Action; Vietnam-Anspielungen)

Arnold mit Zigarre: Check / Arnold mit Bürste: Check / Arnold oben ohne: Check

Beste Oneliner: „Wenn es blutet, können wir es töten!" (Dutch), „Ich hab keine Zeit zu bluten." (Blain)

Filmposter-Slogan: „Es tötet aus Lust - es jagt aus Passion. Aber dieses Mal jagt es das falsche Opfer."

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