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Geradliniger Rachestreifen mit einem sehr überraschenden Ende

Sie könnten etwas lernen, die amerikanischen Filmemacher, wenn sie sich ab und an einige Einflüsse aus dem europäischen Kino – und hier meine ich nicht das deutsche, sondern das britische – holen würden. Denn gerade in England wird derzeit gezeigt, was eine Harke ist. Über „The Descent“ ist schon viel gesagt worden, doch auch im nördlichen England werden gute Filme gedreht, ein solcher ist der Film über einen Mann, der Rache nehmen will für den Tod seines behinderten Bruders. Dieser wurde von einer Bande kleiner Gangster drangsaliert und gequält und nahm sich daraufhin das Leben. Jahre später nun wandert sein Bruder, Soldat von Beruf, wieder in die Gegend, spürt die Gangster auf und tötet einen nach dem anderen, bevor es zu einer Konfrontation mit dem letzten Unhold kommt, die für einige Überraschung zu sorgen vermag.

Der Film ist unangenehm, in vielen kleinen Details. Die Musik düster, die Gegend trist, die Gangster nur kleine Ganoven, die ein einziges Mal die Grenzen der Menschlichkeit überschritten haben und dafür nun grausig büßen müssen. Es gibt keine Lichtblicke in dem Geschehen, kein Happy-End, das Ende läßt den Zuschauer leicht verstört zurück, denn es kommt wirklich sehr überraschend daher. Zu Beginn des Films möchte man sich zurücklehnen, denn man sieht zwei Brüder durch die schöne englische Landschaft wandern, bevor die Musik die Stimmung ins Bedrohliche kippen läßt. Doch die ersten Begegnungen mit den Quälgeistern gehen noch ohne Blutvergießen vorüber, und man weiß nicht so recht, wohin man geführt werden soll, bevor abrupt drakonische Maßnahmen ergriffen werden. Wer hier allerdings auf Splatter und explizite Darstellung von Gewalt hofft, wird enttäuscht, denn die Bluttaten geschehen schnell, auf Soldatenart halt, wo man das Töten effizient betreibt,

Der Film aber steht und fällt mit seinem Hauptdarsteller, dem eigentlich recht gemütlich wirkenden Paddy Considine, der so aussieht, als könne er kein Wässerchen trüben. Doch gerade diese friedliche Ausstrahlung läßt die Bedrohung um so heftiger wirken, denn unversehens wechselt die Stimmung des Darstellers, dem man den gnadenlosen Rächer zu Beginn nicht abkaufen möchte, mit wenig Mienenspiel in einen finsteren Abgrund. Spätestens ab der Mitte des Films ist es vorbei mit Spaß und Freude, man sehnt das Ende herbei, mag die Qualen des jüngeren Bruders, die in schwarz-weißen, grissligen Rückblenden gezeigt werden, nicht mehr sehen und versteht vollauf, warum die eigentlich nicht unsympathischen Gangster ihr Schicksal verdient haben. Das alles ist nicht die Hochglanzoptik eines „Hard to Kill“, hat nichts von den Regiemätzchen eines Tony Scott, wirkt aber gerade dadurch um einiges heftiger. Keine leichte Unterhaltung, zwar mit Längen und Potential zur Verbesserung, aber insgesamt ziemlich gelungen – 8/10.

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