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Die Wandlung eines Amerikaners zum Japaner im Jahr 1879

Tom Cruise ist in meinen Augen kein sonderlich guter Schauspieler, eher ein selbstverliebter Darsteller seiner selbst. Legendär dabei war sein zweiter Einsatz als Agent in „Mission Impossible“, da kam man vor lauter Narzißmus nicht mehr zum Kern der Geschichte. Kann also dieser Mann eine anspruchsvolle Rolle verkörpern, ohne in seine üblichen Manierismen zu verfallen? Ja, und das ist die größte Überraschung dieses spannenden Films, er kann. Es scheint dann zu gehen, wenn das Drehbuch keine Helden verlangt, sondern die Rolle des Hauptakteurs geschichtlichen Ereignissen untergeordnet wird und ein zweiter Schauspieler ebenfalls eine gewisse Dominanz aufweist. Schwierig und sperrig ist der Film dennoch, er trifft so gar nicht den Geschmack der leichtstoffverwöhnten Amerikaner, denn er ist lang, teilweise sehr ruhig, und er zeigt ein schönes Bild einer reifen, mittlerweile jedoch untergegangenen Lebensweise und Kultur – der japanischen Samurai, kaisertreu und prinzipienverhaftet, stets nach Perfektion in allen Dingen strebend und von großer innerer Ruhe und Ehre geprägt.

Genau diese Kriegerkaste soll Major Nathan Algren am Ende des 19. Jahrhunderts zu bekämpfen helfen. Der desillusionierte und dem Alkohol verfallene Soldat der amerikanischen Armee wird von japanischen Bürokraten angeworben, um neu rekrutierte Truppen auszubilden und in den Kampf gegen die mit alten Waffen antretenden Samurai zu führen. Doch schon das erste Scharmützel endet im Desaster, die Armee zerstreut sich und Algren wird von den Samurai gefangen genommen. In deren abgelegenen Dorf vollzieht sich langsam eine Wandlung, denn Algren lernt die Lebensart der für ihn genauso fremden Menschen kennen, die ihn ebenfalls als Studienobjekt verschleppt haben, um den Feind verstehen zu können. Durch die Zeit in dem Dorf entspinnt sich eine Freundschaft ganz besonderer Art zwischen dem Anführer der Samurai und Algren, was dazu führt, daß sich letzterer die Sache der Samurai zu eigen macht. Es kommt zu einem letzten großen Gefecht, da sich die Samurai weigern, ihre Waffen abzugeben – und diese Gefecht endet tragisch, die Samurai werden aufgerieben, ihre Kultur ist damit dem Untergang geweiht. Und Algren? Nun, der reitet in den Abendhimmel hinein...

Wenn man kein Interesse an japanischer Geschichte hat, wird man diesen Film nicht mögen. Wenn man einen Kriegsfilm mit massig Schlachten und Actionsequenzen erwartet, wird man enttäuscht werden, denn dies ist nicht das Ziel des Films. Wenn man auf Ninjas und Martial Arts wartet, so wartet man vergebens. Aber wenn man eine stimmige Geschichte möchte, die durch zwei Darsteller gut auf Zelluloid gebracht wird, die spannend ist von der ersten Minute an und die, was selten geworden ist, auch noch nachdenkenswerte Botschaften vermittelt und sich mittels sehr vielen Untertiteln nicht um Sehkonventionen schert, dann ist man an der richtigen Stelle. Es geht, gerade in der ersten Hälfte, sehr ruhig zu, als sich die beiden so unterschiedlichen Kulturen annähern, sich die zarten Bande ungewöhnlicher Freundschaft entspinnen. Wenn dann gekämpft wird, so sind die kleineren und größeren Gefechte sauber und mit guter alter Handwerkskunst inszeniert, blutig auch, denn wo mit Schwertern gekämpft wird, da fallen Späne. Schöne Bilder eines dem Untergang geweihten Lebensart gibt es zu sehen, nostalgisch, aber nicht kitschig, und bei all dem hatte Cruise keine Chance auf sein dämliches Grinsen, sondern spielt den gebrochenen Major sehr überzeugend. Ein kleines Juwel, der Film, aber nur, wenn man sich für Geschichte im allgemeinen und Japan im besonderen interessiert – subjektiv 10/10.

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