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Katzenwäsche - Wakanda geht baden


Trauerarbeit führt häufig zu Schwermut, innerer Leere und Orientierungslosigkeit. Das gilt um so mehr, wenn der Tod völlig unvermittelt eintritt und einen jungen Menschen trifft. So geschehen bei Chadwick Boseman, dem vor allem aufgrund des phänomenalen Erfolgs als Marvel-Held Black Panther eine große Zukunft vorausgesagt wurde. Man durfte also sehr gespannt sein, wie das unvermeidliche Sequel ohne ihn auskommen würde. Der pompöse Titel „Wakanda Forever“ gab bereits einen ersten Fingerzeig auf die tonale Ausrichtung des Films. Buchstäblich wie Phoenix aus der Asche würde ein neuer Panther aufsteigen und die gloriose Geschichte des Königreichs fortschreiben. So zumindest die geschürte Erwartungshaltung.

Satte 160 Minuten nimmt sich Regisseur Ryan Coogler Zeit, um diese Wiederauferstehung in Szene zu setzten. Die Zeichen stehen also auf Epik. Eine längere Laufzeit nickten die Marvel-Bosse jedenfalls lediglich beim großen Superhelden-Finale „Avengers: Endgame“ ab, ein gutes Omen dachte man wohl, denn auch dort herrschte anfangs eine bleierne Tristesse ob der Auslöschung der halben Erdbevölkerung. „Black Panther 2“ beginnt mit einer ähnlichen Stimmung, aber damit hören die Parallelen schon auf. Denn während „Endgame“ es scheinbar spielend schafft den Zuschauer in die emotionalen Untiefen seiner trauernden Helden  zu ziehen, lässt einen das Schicksal der ebenso hart vom Schicksal getroffenen Wakandaner seltsam kalt.

Hier zeigt sich bereits die Hybris der Verantwortlichen, die offenbar angenommen hatten, dass der riesige Erfolg des Originals seine Figuren ähnlich im kollektiven Bewusstsein verankert hätte wie zuvor die kunterbunte Rächer-Truppe. Aber während Captain America, Black Widow, Thor, Bruce Banner alias Hulk und Tony Stark alias Iron Man über Jahre und zahlreiche Filme zu popkulturellen Ikonen gereift waren, waren die Mitstreiter und Verwandten des wakandanischen Königs lediglich mal mehr mal weniger im Fokus stehende Nebenfiguren eines singuläreren Superheldenabenteuers. Konkret gemeint sind damit T´Challas Schwester Shuri (Letitia Wright), seine Mutter Ramonda (Angela Bassett), seine frühere Geliebte Nakia sowie Okoye, die Generalin der königlichen Garde. Dieses Quartett soll nun die Lücke schließen, die der Tod des Königs hinterlassen hat. Dass dies nur in Einzelszenen gelingt, beraubt den Film seines emotionalen Kerns, was angesichts des emphatischen Primats eine enorme Hypothek darstellt.

Aber es kommt noch schlimmer. Denn während "Avengers: Endgame" mit dem Zeitreise-Kniff, sofern man diese Prämisse schluckt, nicht nur frischen Wind durch die Tristesse der gebeutelten Helden bläst und auch bewusst humorvollere Töne anschlägt, verweilt Coogler deutlich länger bei der Trauerbewältigung seiner Protagonisten und streut nur zwei kurze Actionsequenzen ein, die die narrative Schleichfahrt bestenfalls ein wenig anschubsen. Das wiegt umso schwerer, da ein Antagonist vom Format des Planeten verschlingenden Thanos schmerzlich vermisst wird. Der Jahrhunderte alte Unterwasser-Prinz Namor ist ein müder Abklatsch des DC-Wassermannes, dessen wieder einmal bemühte Unkaputtbarkeit ähnlich enervierend ist wie seine fehlende Bedrohlichkeit. Wenn man während der Kampfszenen zwischen den Wakandanern und Namors Meeres-Kriegern ständig daran denkt, dass man hier der sich bereits aufbauenden Flutwelle des Blockbuster-Königs James Cameron zuvorkommen wollte, dann ist etwas faul im Staate Marvel. Dass der vor dem Film gezeigte Trailer von "Avatar 2" zudem auch noch schonungslos die CGI-Schwächen der Wasserszenen entlarvt, kommt in diesem Zusammenhang einer Eisberg-Kollision gleich.

Dennoch gibt es auch positive Ansätze. Vor allem zu Beginn des Films finden sich ein paar kluge Ideen. Der globale Wettstreit um das lediglich in Wakanda vorkommende Vibranium weist erschreckende Parallelen zu aktuellen weltpolitischen Spannungsfeldern auf. Auch die schrittweise Eskalation des Konflikts zwischen Wakanda und dem Unterwasserreich Talokan, obgleich beide keinen Krieg wollen, stellt beunruhigende Gegenwartsbezüge her. Leider bleibt es beim bloßen Aufwerfen dieser Themen, eine differenzierte Auseinandersetzung oder gar dramaturgische Zentrierung findet nicht statt. Im Fokus stehen Selbstfindung und Reifeprozess der wakandanischen Prinzessin Shuri, die letztlich nur verdeutlichen, wie wenig Letitia Wright dem Charismatiker Chadwick Boseman das Wasser reichen kann.

Was bleibt also vom von so vielen sehnsüchtig erwarteten zweiten Panthersprung? Bedauerlicherweise ernüchternd wenig, was angesichts des super erfolgreichen Vorgängers, der marvelschen Blockbuster-Expertise sowie der kaum vorhandenen Eventfilm-Konkurrenz einigermaßen verblüffend ist. Jedenfalls dürfte kaum jemand eine Wette drauf abgeschlossen haben, dass man den unmittelbaren DC-Rivalen „Black Adam“ qualitativ lediglich leicht - wenn überhaupt - übertreffen würde. Sieht man Trauerarbeit als einen sehr schmerzhaften und langwierigen Prozess, dann ist "Black Panther 2" genau der richtige und passende Film. Hat man allerdings ein weiteres Spektakel mit einem zwar neuen, aber sehr präsenten Wakanda-Helden erwartet der kräftig die Krallen ausfährt, dann wird man trauernd das Kino verlassen. Am Ende heißt es in bewährter Bond-Manier „Black Panther will return“. Das kann man bei entsprechender Sympathie nur hoffen, allerdings sollte diese vollmundige Ankündigung dann deutlich offensiver umgesetzt werden als in „Wakanda Forever“. 

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