Nach der Trennung von ihrem Partner kehrt die Mailänderin Anna (Valeria Bilello) etwas überstürzt mit ihren beiden 17-jährigen Zwillingen Daria (Margherita Morchio) und Mauro (Federico Russo) in das Dorf ihrer Kindheit im Südtiroler Vinschgau zurück. Doch im titelgebenden Curon ist sie nicht willkommen: weder bei ihrem Vater Thomas (Luca Lionello), der alleine im familieneigenen Hotel am Berg lebt, noch bei den Dorfbewohnern, die mit der Familie Raina nichts zu tun haben wollen.
Doch Anna, die vor 17 Jahren nach dem gewaltsamen Tod ihrer Mutter fluchtartig das Dorf verließ, läßt sich nicht beeindrucken und verschafft sich vorerst Quartier bei ihrem Vater, während die Kinder in die örtliche Schule gehen und dort erst einmal das von deren Eltern übertragene Mißtrauen ihrer Klassenkameraden spüren, bevor die beiden Neuankömmlinge aus Mailand dann langsam doch akzeptiert werden. Irgendetwas stimmt jedoch nicht mit dem kleinen norditalienischen Dorf, das im Zuge eines Stauseeprojekts aus den 1950er Jahren, bei dem große Teile der Siedlung geflutet wurden, noch heute über einen markanten, aus dem See ragenden Kirchturm verfügt. Um dieses kulturelle Denkmal, das als einziges seinerzeit nicht gesprengt wurde, rankt sich eine düstere Legende: wer die (längst entfernten) Glocken läuten hört, wird bald sterben - und zwar durch die Hand eines exakt gleich aussehenden Doppelgängers seiner selbst, der dem See entsteigt.
Als Anna plötzlich verschwindet (laut Thomas für einige Tage in die umliegenden Berge) müssen sich die Zwillinge mit dem Mysterium auseinandersetzen: gemeinsam mit den einheimischen Jugendlichen machen sie sich auf die Suche und entdecken dabei Spuren, die weit in die Vergangenheit reichen...
Die italienische Mystery-Serie Curon nutzt geschickt das (touristisch ohnehin vorhandene) Potential des aus dem See ragenden Kirchturms der alten Pfarrkirche St. Katharina und baut rundherum eine Gruselgeschichte auf, in der zwei Großstädter sich mit der Dorfjugend arrangieren müssen. In 7 Folgen zu je etwa 45 bis 50 Minuten des weitgehend als Coming-of-Age-Story angelegten Stoffs entfaltet sich eine anfangs durchwegs spannende Biographie zweier einander nicht wohlgesonnener Familien, deren Sprößlinge jedoch langsam zueinander finden. Zum Schluß hin jedoch verliert die Serie deutlich an Drive, da die Vorkommnisse allzu vorhersehbar ablaufen, einige Nebenstränge im Nichts enden und die letzte Episode mit einem unbefriedigenden Cliffhanger endet.
Darstellerisch gibt es nichts auszusetzen, Luca Lionellos (Die Passion Christi 2004) markantes Gesicht passt hervorragend zu seiner Rolle als gebrochener Patriarch Thomas und bei den Jugendlichen ist es vor allem Daria, die nicht auf den Mund gefallen ist und die Suche nach der Wahrheit mit einer natürlich wirkenden Mischung aus Neugier und Kombinationsgabe vorantreibt.
Interessant auch der reale geschichtliche Hintergrund des Stauseeprojekts, das schon vor dem 2. Weltkrieg geplant wurde und dann 1950 gegen den Willen der meisten Dorfbewohner, die dabei ihre Heimat verloren und (sofern überhaupt) zu einem Spottpreis entschädigt wurden, von der italienischen Regierung durchgepeitscht wurde. Der dank der Intervention eines Pfarrers von den ansonsten ausnahmslos gesprengten Gebäuden ausgenommene Kirchturm ist heute ein touristischer Anziehungspunkt, der auch durch bauliche Maßnahmen erhalten wird. Der tiefe Riss in der damaligen Bevölkerung, ausgehend von jenen, die mit der Flutung einverstanden waren, spiegelt sich anhand der beiden Film-Familien auch in der Serie wieder, wobei hier keine Seite favorisiert wird.
Leider schaffen es die Mystery-Anteile, die mit bösartigem Doppelgänger den einen oder anderen Zuseher vielleicht an die stark überbewertete Serie Dark erinnern, letztendlich nicht, zu überzeugen: zu diffus bleibt das Wesen dieser Doppelgänger, warum sie wann auftreten und wieso bei den einen schon, bei den anderen aber nicht. Zwar läßt das Drehbuch den Zuschauer oftmals spannungsfördernd miträtseln, ob nun der "echte" Darsteller oder sein optisch nicht zu unterscheidender böser Doppelgänger am Werk ist, was anhand von dessen Verhalten bewußt nicht eindeutig genug erkennbar wird, doch gerade zum Schluß hin bleibt dies bei manchen Charaktären ungeklärt und wirkt eher verwirrend. Dazu gehört auch der Umstand, daß ein identifizierter und getöteter Doppelgänger anscheinend beliebig viele Klone nach sich zieht.
Doch statt am Ende die Spannung zu erhöhen (der Showdown findet in einem Höhlenlabyrinth statt, dessen senkrechte glatte Wände viel zu sauber und daher künstlich erschaffen wirken) gibt die Regie lieber einer weiteren Teenie-Lovestory Raum. Gewöhnungsbedürftig ist auch der mit reichlich Elektro-Beats angereicherte Score, den man in einem Coming-of-Age-Film aber akzeptieren kann, wohingegen die in allen Episoden öfters auftauchenden Wölfe überhaupt keine Funktion haben außer jener als exotischer Schauwert.
Fazit: eine grundsätzlich interessante Mystery-Story mit bemerkenswerter Location, die leider zu wenig aus ihren Vorgaben macht und am Ende mehr Fragen offenläßt als sie beantwortet: 6,51 Punkte.