„Fast with Dignity"
Anderthalb Milliarden Dollar fünf Wochen nach Kinostart. Platz 3 der weltweit finanziell erfolgreichsten Filme aller Zeiten ist praktisch sicher. Und das ohne 3D!
Ein solches Einspiel für das sechste Sequel einer Gang von großmäuligen Adrenalinjunkies mit ausgeprägtem Hang zu illegalem Streetracing, dürfte selbst die stetig wachsende „Fast and Furious"-Fangemeinde überrascht haben. Gut, spätestens seit Teil 5 („Fast Five") wird nicht nur getunt und gerast, sondern auch immer öfter in einen bleihaltigen Sondereinsatzkommando-Modus hochgeschaltet, der auch die üblichen Verdächtigen wie CIA, SEALs und Konsorten ziemlich blass aussehen lässt. Vom in jeder Hinsicht tiefer gelegten Musclecar-Festival zum Oberliga-Actioninferno hat man jedenfalls auch nicht alle Tage.
Wenig alltäglich ist auch ein im Verlauf der Reihe stetig wachsender Box-Office-Erfolg, lediglich Teil 3 („Tokyo Drift") war da ein schmerzlicher Ausrutscher. Aber der hatte auch auf fast die gesamte „Fast & Furious"-Familie verzichtet, womit wir beim eigentlichen Erfolgsgeheimnis angelangt sind. Die kernige Bleifuß-Truppe um Alphatier Dominic „Dom" Toretto (Vin Diesel), best buddy Brian O`Conner (Paul Walker), Toretto´s Schwester und Brian´s Frau Mia (Jordana Brewster), Dom´s Geliebte „Letty" (Michelle Rodriguez), Quasselstrippe und Aufreißer Roman (Tyrese Gibson), Mechaniker- und Technik-Genie Tey (Chris „Ludacris" Bridges) sowie Ex-Gegner und CIA-Spezialagent Hobbs (Dwayne „The Rock" Johnson) gibt und sieht sich als innig verbundene Großfamilie, die ohne wenn und aber gemeinsam durch dick und dünn geht.
„Familienoberhaupt" Toretto lebt, ja zelebriert geradezu dieses kompromisslose Zusammengehörigkeitsgefühl sowie die damit verbundene, bedingungslose Loyalität. Er ist Herz, Hirn und Motor des Teams in Personalunion. Für den Zuschauer sind die einzelnen Familienmitglieder wie gute alte Freunde, die man trotz ihrer kleinen Fehler und Eigenheiten immer wieder gern trifft, ganz einfach weil man weiß, dass man mit ihnen Spaß haben wird.
Und genau nach diesem Motto funktioniert auch „Furious 7". Wer schon die Vorgängerfilme nicht mochte, weil zu laut, zu prollig, zu dumm, zu unrealistisch und zu aufgesetzt auf familiäre Werte setzend, der wird auch diesmal nicht glücklich werden. Denn wieder einmal werden die Gesetzte der Physik nicht sonderlich ernst genommen, wieder einmal wird das Triumvirat aus knapp bekleideten Schönheiten, aufgemotzten Boliden und Testosteron-gedopten Sprücheklopfern auf einen Chrom-glänzenden Schild gehoben und wieder einmal suhlt man sich wohlig im verschworenen Gemeinschaftsgefühl.
Hat man die toughen Jungs und coolen Mädels allerdings längst lieb gewonnen, dann kann und will man sich auch gar nicht dem etwas rüden, aber grundsympathischen Charme des ganzen Getöses entziehen. Und wenn die Gang mit Autos aus Flugzeugen, von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer, oder einfach nur über steil abfallende Berghänge rast, dann nimmt man ihnen diese irrwitzigen Stunts nicht nur ab, sondern fiebert nägelkauend mit. Zur belohnenden Erholung gibt´s dann markige Frotzeleien, pumpende Beats und Tourismus-Werbeclips für die arabischen Emirate. Apropos lohnend. Nicht unerwähnt sollte schließlich auch die Erkenntnis bleiben, dass "Snake" Kurt Russel immer noch eine verdammt coole Socke ist.
Dass man dennoch hin und wieder - trotz aller protzig zur Schau getragenen Coolness - sogar so etwas wie einen Anflug von Angst um seine Helden verspürt, liegt an dem diesmal trefflich ausgewählten Bad guy. Actionstar Jason Statham kommt mit titelgerechter, brachialer Wucht über die erfolgsverwöhnte Tuning-Combo und sorgt für großkalibriges Störfeuer mit blutigen Kollateralschäden. Rein physisch setzt er vor allem den beiden Muskelbergen Dom und Hobbs mächtig zu und entpuppt sich auch hier als ein mehr als ebenbürtiger Gegner. Für ein weiteres Sequel darf der drahtige Brite also gern wiederkommen, zumal man sich dahingehend klugerweise auch ein Hintertürchen offen gelassen hat.
Überhaupt ist der Schluss ob der besonderen Umstände sehr stimmig und stimmungsvoll geraten. Der tragische Unfalltod von Paul Walker inmitten der Dreharbeiten hatte nicht nur die Fertigstellung des Films gefährdet, sondern auch eine emotionale Ausnahme-Situation geschaffen, mit der es würdevoll umzugehen hieß. Mit Sicherheit keine leichte Aufgabe, die aber bravourös gemeistert wurde. So haben die Macher und vor allem sein Freund Vin Diesel eine Lösung gefunden, die sowohl für die Familie, wie auch die langjährigen Darsteller-Kollegen und nicht zuletzt die Fans von Paul Walker funktioniert. Ein emotionaler, aber nicht kitschiger, ein respektvoller, aber nicht salbungsvoller Abschied, der nicht nur dem Filmcharakter, sondern vor allem dem ihn darstellenden Menschen gerecht wird. Hier zeigt sich, dass die immer wieder postulierten Familienwerte keine bloßen Lippenbekenntnisse, sondern durchaus ernst gemeint sind, das gilt für die Figuren, aber mindestens im selben Maße auch für deren Darsteller. Bei allem wirtschaftlichen Mega-Erfolg ist das die eigentlich herausstellenswerte Nachricht.