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Wie gewonnen, so zerronnen – ein Dr. Faust an der Börse

Alle wollen nur das eine, ein Stück vom amerikanischen Traum. Und der erfüllt sich an der Wall Street schneller, als man denkt. So geht es dem jungen Bud Fox, der zunächst als kleiner Anlageberater arbeitet und in diesem Job nichts besseres ist als ein Telefonverkäufer – einer, von dem auch wir heutzutage permanent genervt werden. Das Ziel eines jeden Verkäufers ist der Große Kunde, und für Fox ist dies der Börsenhai Gordon Gekko. Als er mittels Insiderwissen Gekko einen lukrativen Deal anbieten kann, nimmt Gekko den jungen Broker unter seine Fittiche. Doch mit normalem Arbeitsaufwand ist so ein Kunde nicht zu halten, und so driftet Fox ab in die illegalen Seiten des Wertpapierhandels, ein Insidertip folgt dem nächsten. Fox sieht seinen Stern leuchten, doch er erkennt erst, mit wem er es zu tun hat, als Gekko vorhat, die Fluglinie Blue Star zu kaufen und filetweise zu zerschlagen. Dumm nur, daß Buds Vater bei Blue Star arbeitet, und so erkennt der junge Dr. Faust, daß es auch etwas gibt wie ein Gewissen. Er zerschlägt den Deal, kann so die Fluglinie retten, wandert aber wegen Insiderhandels hinter Gitter.

Gier ist gut, das ist der Wahlspruch des höchst charismatischen Verführers Gordon Gekko, perfekt verkörpert durch Michael Douglas. Gegen diesen Darsteller sind alle weiteren Mitwirkenden blaß, und wer sich auch nur ein bißchen für das Wertpapiergeschäft und feindliche Übernahmen interessiert, wird durch das Handeln des stets auf seinen Vorteil bedachten Gekkos an aktuelle Deals erinnert, beispielsweise die Mannesmann – Übernahme. Diese Art von Geschäft wird nicht moralinsauer kritisiert, sondern leidenschaftslos bebildert, in rasanten Schnitten und mit einer fesselnden Geschichte. Man kann etwas lernen aus dem Film, und das ist in heutigen Zeiten selten geworden. Die Welt wird von einigen wenigen gedreht, hinter den Kulissen laufen Geschäfte, von denen der normale Bürger Zeit seines Lebens kaum etwas mitbekommt, und das ist wohl auch besser so.

Nach seinem großen Erfolg mit „Platoon“ wagt sich Regisseur Oliver Stone auf ein anderes Schlachtfeld, das der Börse, und zwischen beiden Kriegsschauplätzen sind signifikante Parallelen zu sehen. Was der eine gewinnt, muß ein anderer verlieren, ob das nun Geld, Land oder Leben ist, bleibt in der Summe nach dem Gesetz der Thermodynamik eigentlich gleich. Geld wird nicht erschaffen, es ist immer schon da, nur der Besitzer wechselt. Wenn all diese und noch weitere Lehrsätze der Finanzwissenschaft im Gewand eines fesselnden Thrillers daherkommen, ist eine wunderbare Verbindung zwischen Lehrbuch und Unterhaltung geschaffen. Man sollte den Film allen angehenden Börsenmaklern zeigen, bevor die Herren mit Schlips und Kragen auf die restliche Welt losgelassen werden. Ein kleiner Punktabzug lediglich für die teils arg kitschige Vater-Sohn-Story, die der Gewissensfindung des Jungen dient, das hätte man eleganter lösen können. Es bleibt ein packender Finanzthriller, der auch noch nach Jahren brandaktuell ist – 9/10.

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