„Der Pate“ ist schlicht und einfach ein packendes Epos, welches nicht umsonst zu den besten Filmen aller Zeiten gezählt wird.
Vor allem der Auftakt ist ein absoluter Kracher: Vito Corleone (Marlon Brando), der Pate der Corleone-Familie, empfängt während der Hochzeit seiner Tochter Connie (Talia Shire) einen Mann ebenfalls italienischer Abstammung, aber ein einfacher Geschäftsmann. Er will, dass Corleone seiner Tochter rächt, die von zwei Männern furchtbar verprügelt wurde, als sie sich einer Vergewaltigung widersetzte, da die beiden vom Gericht freigesprochen wurden. Ruhig weist der Pate ihn darauf hin, dass er kein Mietkiller ist, sondern nur Freunden hilft und fragt ihn, ob er sein Freund sein wolle. Brando strahlt in dieser Szene unglaubliches Charisma aus, vor allem wenn er von der Freundschaftspflicht ihm eventuell mal einen Gefallen tun zu müssen.
Danach schließt sich Vito wieder den Feierlichkeiten im Garten an, denn der Zusammenhalt der Familie ist ihm sehr wichtig, weshalb auch im eigenen Haus gefeiert wird. Dementsprechend sind Vitos engste Vertraute auch seine beiden Söhne Sonny (James Caan) und Fredo (John Cazale) sowie sein Adoptivsohn Tom Hagen (Robert Duvall). Lediglich sein jüngster Sohn Michael (Al Pacino) hält sich aus den Familiengeschäften fern und ist Soldat gewesen. Doch er kommt zur Feier und wird herzlich aufgenommen. Die lange Hochzeitsszene bietet an sich kaum Handlung, stellt aber auf illustre wie unterhaltsame Weise die Familie und die Beziehungen der Charaktere untereinander vor.
Doch für die Mafiafamilie brechen harte Zeiten an. Die Zeit, in der man lediglich durch Kontrolle der Gewerkschaften und Glücksspiel Geld verdiente, scheinen dem Ende zuzugehen. Doch Vito weigert sich im Gegensatz zu anderen Mafiafamilien ins Rauschgiftgeschäft einzusteigen, weil er moralische Bedenken hat. „Der Pate“ verbindet realistische Zeitgeschichte mit seiner epischen Geschichte, denn auch wenn die Mafiosi Gangster sind, so misst man ihnen mehr Prinzipien und Ehre als ihren Konkurrenten bei.
Diese Weigerung gefährdet allerdings die gehobene Position der Corleone-Familie innerhalb der Verbrechergesellschaft und es kommt kurz darauf zu einem Anschlag auf Vito, den er schwer verletzt überlebt. Die Familie muss um ihren Position und ihr Überleben kämpfen, wodurch auch Michael bald Teil der Familiengeschäfte wird, aus denen er sich zuvor raus gehalten hatte…
„Der Pate“ ist ein genialer Vertreter des Unterwelt-Epos, wobei mir in diesem Genre nur „L.A. Confidential“ besser gefallen hat. Dieser ist aber mehr Copthriller, während „Der Pate“ Gangsterdrama ist. Wie es sich für ein gelungenes Unterwelt-Epos gehört, schafft „Der Pate“ es, über die gesamte Laufzeit zu fesseln und keine Längen aufkommen zu lassen. Alles steht im Kontext des Überlebens der Corleone-Familie, keine Szene ist überflüssig, sondern thematisiert die Mafiosi. Lediglich den Italienpart in der Mitte hätte man vielleicht geringfügig kürzen können, aber das fällt kaum auf.
Immer wieder schafft „Der Pate“ es den Zuschauer so zu beeindrucken. Vor allem die charismatischen Belehrungen von Don Vito Corleone zeigen unglaublich viel Charisma, aber auch Sonnys derbe Wutausbrüche und Michaels kühle Aggression machen die Charaktere in Francis Ford Coppolas Meisterwerk so überlebensgroß. Denn alle Figuren in „Der Pate“ erlangen viel Tiefgang und wirken sehr lebendig auf den Zuschauer.
Ebenso beeindruckend ist die Darstellung von Gefühlen wie Liebe, Trauer oder Hass. Man kann regelrecht mit den Corleones mitleiden, wenn sie einen geliebten Menschen verlieren oder versteht ihren Zorn, wenn sie sich dann anschließend dafür rächen. Vor allem das Finale, welches eine Taufe parallel mit diversen Mordanschlägen montiert, entfaltet eine ungeheure Wirkung, die von Francis Ford Coppolas Können zeugt. Doch auch ohne Gewalteskalation können die Schachzüge der Corleones sehr einfallsreich sein, z.B. der Personenschutz im Krankenhaus, als man Vito ermorden möchte, wodurch der Film nie einseitig wird oder Gefahr läuft seine Protagonisten als zu brutal darzustellen.
Doch Coppolas brillante Mafiachronik, die Gangster zu Helden erhebt, ihnen aber positive wie negative Eigenschaften gibt, wäre nur halb so gut ohne seine famosen Schauspieler. Vor allem Marlon Brando ist einfach der Pate schlechthin und seine Auftritte sind der Grund dafür, warum der erste Teil der beste Film der Reihe ist. Aber Al Pacino spielt hier ganz groß auf, wobei er mit James Caan und Robert Duvall zwei exzellente Partner hat.
John Cazale ist nicht nur der unscheinbarste Corleone-Sohn, sondern auch der unscheinbarste der Protagonisten, aber das passt zu seiner Rolle. Diane Keaton und Talia Shire schaffen es ebenfalls, sich sehr gut in dem Männerzirkus zu behaupten. Auch die Nebendarsteller (u.a. Sterling Hayden als korrupter Polizist) sind sehr gut.
„Der Pate“ ist schlicht und einfach eine Sternstunde des Kinos, eines der besten Unterwelt-Epen und trotz der enormen Laufzeit zu jede Minute lang fesseln, mitreißend und spannend.