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Spezialeffekte: Sonderklasse, Drehbuchstory: Fehlanzeige - so lautet mein Urteil zu Steven Spielbergs Urzeitepos "Jurassic Park", das im Jahre 1993 bei der Jugend einen Dinosaurier-Hype auslöste. Die Romanvorlage von Bestsellerautor Michael Crichton wurde von einem packenden Science-Fiction-Thriller zu einem familienfreundlichen Dinosaurierspektakel umgearbeitet, das fast ausschließlich von seinen Special Effects lebt und nur noch entfernt an die ursprüngliche Story erinnert. So wurde nicht nur der Charakter der tragenden Figuren, sondern in fast allen Fällen auch ihr Schicksal verändert.
Der Auslöser der Urzeitapokalypse, der größenwahnsinnige Milliardär Hammond, wurde zum gutmütig-vertrottelten Opa, der Fraktalmathematiker Malcolm geistert unmotiviert durch die Landschaft, und der PR-Fachmann Regis wurde mit dem Anwalt Gennaro zu einer (unsympathischen) Figur verschmolzen. Während Hammond und Malcolm im Film überleben, fallen Gennaro und der Großwildjäger Muldoon den wildgewordenen Echsen zum Opfer - im Buch ist es genau umgekehrt. Wichtige Personen wie der Genetiker Wu und der Tierarzt Harding tauchen nur am Rande auf.
Wahrscheinlich aus Gründen der Gleichberechtigung wurden dann auch noch die Computerkenntnisse von Hammond-Enkel Timmy im Film auf seine Schwester Lex übertragen. Am ärgerlichsten ist jedoch, daß dem Zuschauer zu keiner Zeit klar wird, was es mit der Malcolmschen Chaostheorie auf sich hat, warum das vogelähnliche Verhalten der Dinosaurier von irgendeiner Bedeutung ist und welche Folgen deren unvorhergesehene Fortpflanzung nach sich zieht - nämlich eine alptraumhafte Raptorenplage. So tauchen auch keine mörderischen Raptorenrudel, sondern lediglich magere drei Exemplare im Film auf, die dann auch noch in einem hanebüchenen Showdown von dem als Deus ex machina auftauchenden Tyrannosaurus Rex verschlungen werden (der es erstaunlicherweise schafft, völlig überraschend aus dem Off hervorzuschnellen, während er 20 Minuten vorher noch meilenweit zu hören war und den Boden erzittern ließ). Der zusätzliche Cliffhanger in Gestalt eines raptorenverseuchten Frachtschiffes, das die Monster unwissentlich auf das Festland zu transportieren droht, fehlt ebenso wie das feurige Finale im Napalmbombardement der südamerikanischen Kampfhubschrauber.
Auf der Habenseite stehen diesen inhaltlichen Mängeln die (für die damalige Zeit) wirklich gut gemachten, glaubwürdigen und überzeugenden Special Effects und die Leistungen einiger Schauspieler gegenüber (für das Drehbuch konnten Sam Neill, Laura Dern, Jeff Goldblum und die anderen ja nichts). Für mich am besten: der damals noch relativ unbekannte Samuel L. Jackson als kettenrauchender Ingenieur Arnold und Bob Peck als eisenharter Jäger Muldoon. Wer die Romanvorlage nicht kennt oder bereit ist, über ihre Verstümmelung hinwegzusehen, erhält ein konventionelles, routiniert abgespultes Action-Drama, das allemal für einen unterhaltsamen Abend gut ist.

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