Gegen Ende des zweiten Weltkriegs war Peter Lorre schon nicht mal das Talent, das Hollywood noch Sturm nehmen konnte, sondern schon ein reichlich desillusionierter Schauspieler, der zunehmend darunter litt, daß er ständig mittlere Rollen als der Böse, zunehmend der „wahnsinnige“ Böse spielen mußte, weil ihm sonst nichts angeboten wurde.
Daß er ein hervorragender dramatischer Charakterdarsteller war, geriet in Tinseltown unter die Räder, weswegen sein Werk auch viele nebensächliche Rollen in nebensächlichen Filmen beinhaltet.
Nach dem Krieg versandete auch noch der letzte Enthusiasmus, den er nur noch einmal für seine gescheiterte Rückkehr in seine Heimat und den Film „Der Verlorene“ aufbringen konnte und so ist „The Beast with five Fingers“ dann auch die letzte erwähnenswerte Gruselrolle, bis Roger Corman ihm samt Vincent Price in einer Reihe von schwarzhumorigen Poe-Verfilmungen ein freundliches Goodbye zuwerfen konnte.
Leider ist auch diese Produktion, die immerhin auf einem damals recht bekannten gruseligen Roman basierte, nicht der Stoff, an den man sich später gern erinnert, denn auch wenn der Film manchmal wegen seiner Tricks ein wenig glorifiziert wird, ist er doch nur ein Bastard, ein Zwischending von Kostümschinken und Psychothriller, der nur selten überzeugend wirken kann.
Ort der Handlung ist eine italienische Kleinstadt irgendwann um die Jahrhundertwende, wo der Pianist Ingram nach einem Schlaganfall, der ihn lediglich befähigt, mit einer Hand Klavierwerke zu spielen, alle um sich herum in eine Art launiger Abhängigkeit gezwungen hat: den Sekretär (Lorre) als Helfer, der sich eher für die okkult-astrologische Bibliothek interessiert; einen freundlichen Schwindler als denjenigen, der für ihn die berühmten Klavierstücke in einhändige Partituren umschreibt und seine Krankenschwester ist praktisch sein „love interest“, was aber relativ einseitig ausfällt.
Als sich per Testament Veränderungen ankündigen (Bibliothek könnte an Verwandte gehen, Krankenschwester und Komponist wollen gehen), stirbt der Hausherr bei einem Treppensturz und die geldgierige Verwandtschaft fällt ein, worauf der Terror rund um eine abgeschlagene Hand erst seinen Lauf nimmt.
Das klingt in der Buchfassung sicherlich besser als es im finalen Film wirklich dargestellt ist, denn die Inszenierung (Robert Florey war kein Meisterregisseur, aber ein erfahrener Veteran) ist derartig schleppend, daß nie wirklich Spannung aufkommt. „Beast“ beginnt endlos verspielt, verbraucht viel Zeit zum Aufbau und kann seine Dekors nie für richtige Gruselatmosphäre umsetzen. Stattdessen wirkt die große Halle des Hauses mehr wie eine Theaterbühne, von der die Figuren auf- und wieder abgehen, ohne daß der Spannungsbogen je gespannt wird.
Lorre spielt dann auch seinen Part irgendwo dem Exzess eines besessenen Forschers, der seine Fälle aufgrund seiner Stellung fortschwimmen sieht und der Gleichmut eines gelangweilten Vertragsdarstellers, der in den ruhigen Szenen immer kurz vor dem Einschlafen ist – seine Motivation rund um die Astrologie ist bloße Fassade ohne das sie in der Handlung Entsprechung findet.
Robert Alda und Andrea King bleiben den ganzen Film über blass, hier wird nie auf die positive Charaktere fokussiert, die Figuren behalten ihre Beiläufigkeit und die gierigen Verwandten sind sicher nicht nett, aber auch nicht die fiesen Erzschurken, die man eventuell erwarten könnte.
Die meisten Punkte kann noch J.Carroll Naish als der Commissarion machen, der mit milder Ironie und Verspieltheit fast ein wenig an die Auftritte Ustinovs als Poirot erinnert.
Enttäuschen tun vor allem aber die Gruselversatzstücke: hier und da brennen plötzlich Lichter, eine Hand ist abgetrennt, jemand wird gewürgt, Klavierspiel ertönt einhändig, aber nichts davon ist mit Verve und Finesse eingesetzt wie in dem zur praktisch gleichen Zeit inszenierten Klassiker „Die Wendeltreppe“, der auch ein halbes Jahrhundert später immer noch Unruhe verursacht.
Einzig und allein die Tricksequenzen mit der abgetrennten, über den Boden kriechenden oder die Regale ausräumenden, ja sogar klavierspielenden Hand sind ein meisterhafter Moment der zeitgenössischen Trickkunst, die wirklich gut rüberkommen, aber die Irritation des Zuschauers, ob es sich um Illusion oder Wahnsinn Lorres handelt oder wirklich Übernatürliches im Spiel ist, stellt sich bei dem hausbackenen Plot nie ein – alles Gezeigte wird noch dreimal besprochen, wiederholt und durchdiskutiert.
Daß es dann bei der Auflösung auch noch an einem wirklich dramatischen Showdown mangelt, der sich zwar um Drama aber wenig um Spannung bemüht, machen den Film doch nur zu einem makelhaften Prestigeprodukt, das in den Händen erfahrener Gruselregisseure zu einem Genreklassiker hätte werden können, so aber heutzutage nur steif und trocken rüberkommt. (4/10)