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Abgesehen von der ein oder anderen Nebenrolle in Blockbustern wie "Batman Begins" oder "Sin City", sind die besten Zeiten des Holländers Rutger Hauer, dem mit Ridley Scotts SF-Meisterwerk "Blade Runner" Ende der 70er Jahre in Hollywood der große Durchbruch gelang, wohl schon lange vorbei. Was aber auch kein Wunder ist, denn Hauer verschenkt sich immer wieder gern an zweit- bis drittklassige Produktionen, anstatt seine Angebote sorgfältiger auszuwählen. Hin und wieder kommt dabei sogar ganz brauchbare B-Kost wie "Bone Collector" heraus. Oftmals sind es aber recht unterirdische Filmchen- und "7enty 5ive" bildet da leider keine Ausnahme!

Eine Gruppe von Kindern spielt während einer Party ihrer Eltern im benachbarten Schlafzimmer "Seventy Five". Bei diesem Spiel geht es darum, eine beliebige Nummer zu wählen und den Angerufenen mindestens 75 Sekunden lang hinzuhalten, ohne dass dieser auflegt. Aus den Telefonstreichen wird jedoch schon bald blutiger Ernst, als die Kiddies einen waschechten Psychopathen an die Strippe bekommen, der flugs ins Haus eindringt und alle Erwachsenen niedermetzelt. Schwer traumatisiert werden die Kinder nun in verschiedene Pfegefamilien gegeben. 10 Jahre später sind die Schatten der Vergangenheit beinahe vergessen. Eine Party steht an, zu welcher der großmäulige Marcus (Co-Regisseur Brian Hooks), ein Überlebender von damals, zusammen mit seinen Freunden fährt. In einer abgelegenen Villa fließt schon bald nicht nur der Alkohol in Strömen, denn nachdem beschlossen wurde, "Seventy Five" zu spielen, kündigt sich erneut ein Psychopath an. Was keiner so richtig für voll nimmt, wird für die Partygesellschaft schon bald zum bitteren Ernst...

Slasher gibt es ja bekanntlich wie Sand am Meer. Dass sich darunter auch etliche "schwarze Schafe" befinden, ist nun auch nichts Neues. So hat der Freund dieses Subgenres stets die leidvolle Aufgabe, die Perlen unter den Machwerken herauszufiltern. Dabei gilt oft: gerade Direct to DVD-Produktionen sind mit Vorsicht zu genießen. Verbirgt sich hinter der durchaus spannenden Inhaltsangabe doch nicht selten ausgemachter Schund. Selbiges gilt nun auch für "7enty 5ive", wobei allein schon das DVD-Cover auf ziemlich unterirdischen Thrill schließen lässt. Das großspurige Werben mit Rutger Hauer als angeblichem Hauptdarsteller verstärkt diesen Eindruck noch. Was sich dann auch bewahrheitet: zum einen ist Hauer lediglich in einer unbedeutenden Nebenrolle als Ermittler zu "bewundern", zum anderen handelt es sich hier allgemein um einen schlechten Film. Wer also atemlose Spannung, sympathische Charaktere und gute Darsteller sucht, der sollte einen riesengroßen Bogen um dieses Machwerk schlagen. Denn "7enty 5ive" mag vieles sein, aber bestimmt kein guter, ernstzunehmender Genrebeitrag.

Dabei sind die Ansätze gar nicht mal so übel ausgefallen. Die Story klingt durchaus spannend und rein optisch gesehen bewegt sich der Streifen immerhin im soliden Mittelfeld. Hauptschwachpunkt ist eindeutig das Drehbuch, welches dermaßen viele Klischees aneinanderreiht, sodass man sich schon nach kürzester Zeit in einer Parodie wähnt. Spätestens bei der Tankstellenszene, die noch schleunigst sämtliche Backwoods-Konventionen in sich vereint, dürfte wohl auch dem letzten Zuschauer bewusst werden, an was er hier geraten ist. Hinzu kommen absolut grottige Dialoge, welche durch die schwache deutsche Sinchro noch zusätzlich hervorgehoben werden und gehörig das Zwerchfell kitzeln. Weiterhin sind wirklich sämtliche Charaktere überzogen bis zum Geht-nicht-mehr und gehen dem Zuschauer somit schon von Minute 1 an gehörig auf den Keks. Speziell der Quotenschwule Shawn ist dermaßen nervtötend und klischeehaft dargestellt, sodass ihm auch die Community nur die Pest an den Hals wünschen wird. Aber auch die afroamerikanischen Macker (darunter Hooks und Co-Darsteller Antwon Tanner) sind im Grunde nur Karikaturen, die in erster Linie mit dem Schwanz denken oder Sprüche reißen. Die Mädels wiederum sind entweder sexbesessen und/oder hysterisch. Und dass hier wirklich mal alle Sex haben und versautes, dummes Zeug labern, rückt den Film verdammt dicht in Richtung Softporno. Es verwundert darum auch kaum, dass sich die Darsteller nicht profilieren können. Hooks bringt zwar noch einen leichten Hauch von Charisma mit, aber der Rest lässt einem eher die Fußnägel hochrollen, als dass er den Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hinreißen lassen würde. Das gilt auch für den lieben Rutger, der dermaßen müde und lustlos agiert, als würde er nur auf den Gagenscheck hinarbeiten. Nun, verdenken kann man es ihm angesichts der "Qualitäten" dieses Films nicht!

Wer nun glaubt, "7enty 5ive" wäre ein absoluter Griff in die Kloschüssel, ein ultimatives filmisches Waterloo, hat damit nur zum Teil recht. Sicher, es ist eine bodenlose Frechheit wie hier kreuz und quer durch die Slasherfilmgeschichte von "Black Christmas", "Halloween" und "Das Grauen kommt um 10" über "Scream" und "Düstere Legenden" hinweg bis zum Remake von "Texas Chainsaw Massacre" alles uninspiriert übernommen und zu einem hanebüchenen Eintopf verrührt wird, der wohl nur anspruchslosen Allessehern schmecken dürfte. Und ja, auch eher durchschnittliche Arbeiten wie "Dark Ride" oder Glen Morgans "Black Christmas"-Remake, wirken im Vergleich zu dieser Trash-Granate schon wie cineastische Meisterwerke und Oscaranwärter. Doch auf der anderen Seite, lässt sich eben nicht verhehlen, dass "7enty 5ive" ein idealer Partyfilm ist. Gerade weil man streckenweise aus dem Lachen gar nicht mehr herauskommt und immer wieder ungläubig über das staunt, was man gerade gesehen bzw. gehört hat, besitzt dieser Streifen einen nicht zu unterschätzenden Unterhaltungswert. Denn derart hinrissig und unfreiwillig komisch, waren wohl nur wenige Vertreter in den letzten Jahren. Garniert mit der ein oder anderen deftigen Mordsequenz, ist dies ein hervorragender Schundfilm, der Laune machen kann. Natürlich nur, sofern man weiss, worauf man sich einlässt.

Fazit: Ein durch und durch dummes Filmchen, das sein Spannungspotential ungenutzt verstreichen lässt, obwohl die Geschichte (inkl. Auflösung) durchaus ordentlich konstruiert ist. Dass hätte unter den richtigen Gegebenheiten einen packenden Genrestreifen ergeben, reicht so aber nur noch zu absolut dämlichem Trash, den sich Fans von schlechten Filmen jedoch nicht entgehen lassen sollten. Ist "7enty 5ive" doch lustiger ausgefallen, als so manche Komödie- wenn auch unfreiwillig! Ansonsten gibt es das übliche Programm: kreischende Mädels, etwas Gerenne und Gekämpfe, einen achso überraschenden Schluss-Twist und keinerlei Logik. Ach ja: und wenn ihr demnächst von einem irren Psychokiller bedroht werden solltet, lasst es am Besten auch gleich sein, die Polzei zu rufen, wenn diese ganze 45 Minuten (!) entfernt ist. Wozu denn auch die Umstände?
3/10 Punkten

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