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Was wäre gewesen, hätten Armee und Wissenschaft in George A. Romeros “Day of the Dead” Erfolg auf ganzer Linie gehabt? Im Grunde bebildert die Gesellschaftssatire “Fido” dieses Szenario und macht das auch ganz geschickt, aber das ist dann auch alles, was sie macht.

Unter massivem Farbeinsatz wird eine kunterbunte Welt aus Pink, Türkis und Dotterblumengelb erschaffen; eine Welt der 50er Jahre, ganz unverkennbar. Sie verknüpft sich mit der Konstellation des “Day of the Dead”-Nachfolgers “Land of the Dead”, wo in verwilderten Gebieten die Zombies hausten, welche durch Militär und Hochsicherheitszäune von der High Society der reichen Überlebenden abgekapselt waren. “Fido” macht sich exakt die gleiche Situation zu eigen und reichert sie an mit der satirisch-propagandistischen Präsentation von “Starship Troopers” und der Gesellschaftskritik von “Planet der Affen”. Überdeutliche Grenzenziehung gehört zum Konzept der Komödie und über diverse Brüche mit der Logik, derer man einige über sich ergehen lassen muss, sollte man infolgedessen hinwegsehen.

Das eklatanteste Problem ist die Verortung. Im Jahr 2006 wird ein Film produziert, der mit den Zombies ein Motiv aufgreift, das in den 70er Jahren seinen Aufstieg erlebte, dabei aber aus der Perspektive der 50er Jahre heraus operiert. Dies zu verknüpfen kann eine anregende Aufgabe sein. Das Problem in der Rechnung mit diesen drei Zahlen ist aber die 2006: Dem Film gelingt es zwar sehr gut, die Zombiethematik mit der durch Kollektivängste provozierten Schwarzweißmalerei der McCarthy-Ära zu verknüpfen - dazu im folgenden mehr - aber wie passt das ins Jahr 2006?

Doch zunächst zur Verknüpfung der 50er und 70er. Auf einem Projektor flackert in Schwarzweiß und in Mono ein Werbefilm der Firma ZomCon über die Mattscheibe und beschwört selbst Exkremente mit ausufernden Beschönigungen noch zu duftenden Maiglöckchen. Dann knallen die Farben erstmals rein und eine Schulklasse wird gezeigt, die soeben den Vortrag eines ZomCon-Mitarbeiters gehört hat. In der ersten Reihe sitzen zwei Streber, die dank ihrer Eltern bereits eine ZomCon-Ausbildung genießen; auf den hinteren Plätzen unser Held, der Jüngste aus der Familie, die im folgenden auf den Handlungsplan gerufen wird. Er hinterfragt den Vortrag - und wird vom Vortragenden, von der Lehrerin und von den Klassenkameraden schnell mundtot gemacht.

Das ist natürlich Satire wie aus dem Lehrbuch, nicht sonderlich originell, aber doch effektiv. Spätestens, als der gräuliche, verwesende “Hauszombie” geliefert wird und die grelle Plastikwelt um ihn herum kontrastiert, ist es um den Zuschauer geschehen und er begibt sich mit Freuden in die ersten Takte einer Groteske, die zu diesem Zeitpunkt einiges verspricht.

Störend dabei bleibt jedoch das permanente Wissen, dass man heutzutage mit derartiger Gesellschaftssatire nicht mehr viel anfangen kann; die Welt hat sich weitergedreht und Protektionismus, Klassenkämpfe und latenter Rassismus in der Nachbarschaft sind längst nicht mehr die Themen, die den Zeitgeist treffen. Kurz gesagt, dieser Film kommt einfach ein paar Jahrzehnte zu spät!
So kann man “Fido” zwar aus postmodernem Blickwinkel heraus als Retrospaß abfeiern, aber die direkte Verbindung zum Publikum fehlt. Es wird vom Schicksal des zu menscheln beginnenden Zombies Fido nicht mehr persönlich getroffen, kann sich bloß aus der Ferne amüsieren über anregend dezente Situationskomik, die schreckliche Brutalitäten fast beiläufig kommentiert und die auch dem gelungenen Casting geschuldet ist; mit einem Dylan Baker, der schon in “Thirteen Days” bewies, dass er einfach wunderbar in die 50er und 60er-Jahre passt; einer Carrie-Anne Moss, deren sonst so strenge Art ausgerechnet hier einer totalen Liberalisierung weicht; und einem Billy Connoly, dessen hilfloses Gegrunze für Witz und dessen aufkeimende Menschlichkeit für Empathie sorgt.

Dass “Fido” dabei durchaus etwas mehr sein wollte als eine lustige Zombiekomödie, wird alleine schon daran ersichtlich, dass ein überproportionaler Anteil der Erzählung auf den Titelgeber und dessen emotionale Entwicklung gerichtet ist. Irgendwo ist die Figur schließlich ein Plädoyer für Toleranz gegenüber Außenstehenden. Das ist selbstredend ein universell geltendes moralisches Gut, unabhängig einer jeden Epoche. Dadurch aber, dass es explizit mit einer Epoche gekoppelt wird, verliert es seine Universalität - beinahe, als stelle ein Postbote einem Kunden einen Brief zu - 50 Jahre, nachdem er abgeschickt wurde.

Dabei ist sonst nur wenig am Film auszusetzen; er hat in der Mitte einige Hänger im Drehbuch, er hätte vielleicht noch etwas blutiger geraten können (was hervorragend zu der plakativen Kunstwelt gepasst hätte), doch im Umkehrschluss bietet er abgesehen von seinem hübschen Produktionsdesign noch eine Menge netter Einfälle, die es nicht schwer machen, die Zeit bis zum Abspann ohne Blick auf die Uhr zu überbrücken. Nur eben die Gesellschaftskritik; die ist zwar gekonnt, ein Bedürfnis für sie hegten aber eher unsere Vorfahren zweiter Generation. Wir können uns darüber heute prächtig amüsieren, betroffen sind wir aber nicht, und der fehlende Bezug ist in Anbetracht der Ziele von “Fido” ein deutliches Manko.

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