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„Komm, Priester, ich möchte, dass du Zeuge meines letzten Orgasmus wirst!“

Hört man den Namen Claudio Fragasso, sagt er einem entweder gar nichts – oder man denkt sofort an den italienischen Regisseur, der in den 1980ern unvergleichliche Trash-Filme wie „Troll 2“ oder „Zombie IV – After Death“ drehte und an Knallbonbons à la „Zombie III“ und „Hölle der lebenden Toten“ beteiligt war. Mit der vermeintlich dritten „Tanz der Teufel“-Fortsetzung (oder vermeintlich ersten „Horror House“- alias „House III“-Fortsetzung oder vermeintlich fünften „House“-Fortsetzung…) aus Joe D’Amatos Schundproduktion „Filmirage“ jedoch lieferte Fragasso im Jahre 1990 zwar keinen guten Horrorfilm, jedoch ein für seine Verhältnisse erstaunlich trasharmes Plagiats-Genrefilmchen ab. Ob das nun gut oder schade ist, liegt im Auge des Betrachters.

Priester George Tangerine (David Brandon, „Stage Fright“) nimmt einer mehrfachen Kindermörderin im Todestrakt die letzte Beichte ab. Sie hinterlässt ihm ein satanisches Buch und behauptet, die Reinkarnation der Hexe Ameth zu sein. Einige Jahre später bezieht der Geistliche Peter (Gene LeBrock, „Fortress of Amerikkka“) mit seiner Familie ein Haus aus dem 18. Jahrhundert. Als es dort kräftig zu spuken scheint, stellt Peter Nachforschungen an und findet heraus, dass das Haus auf einem Platz erbaut wurde, der früher der Hexenverbrennung diente. Hilfesuchend wendet sich Peter an Tangerine, doch finstere Mächte entführen derweil Peters Sohn Martin (Michael Stephenson, „Troll 2“), um ihn Ameth zu opfern. Wird es Ameth gelingen, aus Martins Entführung neue Macht zu schöpfen?

„Dies ist der falsche Zeitpunkt, die Theologie herauszufordern!“

Im Genrekino lässt man sich gern inspirieren, plagiiert auch gern einmal und klaubt sich die Elemente für seinen neuesten Streich aus diversen erfolgreichen Vorbildern zusammen. Dass die Italiener darin mitunter besonders dreist vorgingen, ist kein Geheimnis. „Beyond Darkness“ ist bei näherem Hinsehen schon ein etwas besonderer Fall: Selbstverständlich handelt es sich um keine Fortsetzung zu irgendeinem der o.g. Filme, und dies suggeriert die Handlung auch zu keinem Zeitpunkt. Produktion und/oder Verleih war also daran gelegen, eine Pseudo-Fortsetzung zu bekommen, Fragasso und seine Co-Autorin Rossella Drudi hingegen wollten einen eigenständigen Film drehen – bedienten sich dabei jedoch nicht nur wie seinerzeit so viele bei Spukhaus-Filme bei „Amityville Horror“ und Konsorten und, und das offensichtlich wie selten zuvor, „Poltergeist“ sowie etwas Besessenen-Okkult-Horror à la „Der Exorzist“, sondern auch bei einer nationalen Erfolgsproduktion wie Fulcis „Über dem Jenseits“, in deren Kulissen „Beyond Darkness“ gedreht wurde, sowie gar bei „Filmirages“ vorausgegangenen Pseudo-„La Casa“ „Witchcraft“ mit seiner erstaunlichen Besetzung. Das wäre alles durchaus legitim, würde versucht werden, den Vorbildern neue Aspekte abzugewinnen, sie umzudeuten oder die zu radikalisieren. Doch nichts davon geschieht hier.

„Es ist wahr! Die Verdammnis existiert!“

(Achtung, Spoiler!) Unabhängig davon gelingt Fragasso ein schnieke-schauriges Grusel-Ambiente, wenn er Vater und Mutter der geplagten Familie durch eine Wand in eine andere Dimension gehen und von dort einen Jungen mitbringen lässt, der zumindest aussieht wie ihr Sohn. „Beyond Darkness“ thematisiert letztlich etwas unentschlossen die Hexenverfolgung durch die Kirche und schließt irgendwie den Kreis zu den Todestraktszenen zu Beginn, exorziert den dämonisierten Martin und zaubert bizarre Szenen wie die Martins auf dem elektrischen Stuhl, während die Kindesmörderin versucht, Tangerine zum Stromdurchjagen zu bewegen, aus dem Hut. Gegen Ende taucht plötzlich ein weiterer Priester auf, stirbt ebenso wie die Kindsmörderin bzw. Hexe und das Haus fackelt ab. Nach dem Abspann präsentiert man dem Zuschauer noch eine nette, wenn auch nicht unerwartete Pointe. Der Soundtrack von Carlo M. Cordio klingt zwar recht repetiv (wurde er evtl. aus „Witchcraft“ recycelt?) und billig, verfehlt seine Wirkung aber nicht und erzeugt tatsächlich mit seinen Synthie- und Orgelklängen ein wenig Atmosphäre. Passable darstellerische Leistungen, ansehnliche Maskenarbeit, ein paar gelungene Spezialeffekte und eine für Fragassos Verhältnisse handwerklich erstaunlich solide Regie retten letztlich durch die zusammengeklaubte und nur bedingt mit einem roten Faden versehene Handlung, die über ihre erzählerischen Defizite nie hinwegtäuschen kann, über quasi keinerlei Alleinstellungsmerkmale verfügt und zwar für Kurzweil bei Genre- und Italo-Regisseuren sorgt, jedoch ebenso schnell wieder in Vergessenheit gerät, wie sie von Fragasso und seinem Team heruntergekurbelt wurde. Wohlwollende 5,5 Punkte von mir – auch wenn ich zu hören glaube, wie sich Lucio Fulci gerade im Grabe umdreht (der jedoch wird zugeben müssen, seinerzeit auch wesentlich größeren Murks fabriziert zu haben) ...

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