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Luc Bessons "Leon - Der Profi" überraschte als unkonventionelles Actiondrama mit beinahe epischen Anleihen, das von einem Profikiller und einem jungen Mädchen erzählt. Der Killer ist der absolut professionell arbeitende Léon, der jedoch im Grunde ein guter Mensch zu sein scheint. Er kann nicht einmal lesen und schreiben und lebt zurückgezogen als nomadischer, unscheinbarer Mann in der Großstadt. Nur ein paar Schritte von seinem derzeitigen Apartment entfernt, wohnt Mathilda mit ihrer Familie. Ihr in Drogengeschäfte verwickelter Vater ein Schläger, ihre Mutter eine verkommene Prostituierte und ihre Schwester ein zickiges, unfreundliches Biest - nur ihren kleinen, vier Jahre alten Bruder hat sie wirklich gern. Als eines Tages korrupte Polizisten alle umbringen, weil ihr Vater in zu großen Schwierigkeiten geriet, klopft Mathilda nach einem Einkauf verzweifelt an Léons Tür - er öffnet.

Fortan entwickelt sich zwischen den beiden ungleichen Menschen langsam eine tiefere, freundschaftliche Beziehung, auch wenn Mathilda sich in ihrer leicht verträumten Art noch etwas mehr erhofft. Das freche, leicht dickköpfige Mädchen will Rache an dem Tod ihres Bruders nehmen und sich dafür von Léon ebenfalls zum Cleaner ausbilden lassen. Unter Gegenleistungen willigt Léon schließlich ein und beginnt zunächst leichte Übungen mit dem jugendlichen Mädchen, das seinem Alter bereits weit voraus zu sein scheint.
In ihrer ungewöhnlichen Beziehung zueinander werden die beiden Charaktere von Luc Besson gründlich durchleuchtet. Sie selber werden aber nicht nur passiv ins Licht gerückt, sondern bewältigen aktive Aufgaben, indem sie alleine die durchgehend triste Atmosphäre mit ihrer Menschlichkeit erheitern. So bildet das Personen-Ratespiel sicherlich einen Höhepunkt, doch ihre Natürlichkeit an sich erfüllt bereits ihren Zweck. Léon selbst ist auch kein Held, wirkt aber trotzdem durch seine Hilflosigkeit abseits seines kontroversen Berufes immer sympathisch.

Melancholie und Tragik liegen, nicht zu letzt auch durch die sehr gefühlvolle, teils französische Musikuntermalung, stets in der Luft und werden eben, wenn, dann nur von unseren Hauptfiguren bereinigt. Dramaturgisch genau gewichtet, reicht der positive Einfluss von Mathilda und Léon auf die traurige Atmosphäre allerdings nicht aus, um das unvermeidbare Hinzusteuern auf das tragische Ende zu verhindern. Auch für den reinen Actionfan mehr als zufriedenstellend zieht Besson dann noch einmal alle Register und lässt Léon und seine kleine Partnerin einen schier unmöglichen Kampf gegen die in ihrer Anzahl übermächtig präsente Staatsgewalt führen und reizt dabei gleichzeitig die Dramatik überdimensional über das möglich Geglaubte hinaus.

Technisch versiert, ohne zu irgendeiner Zeit die Gewalt zu explizit darzustellen, inszenierte Luc Besson den gefühlsbetonten Actionthriller "Léon". Sich die Ermordung des vierjährigen Bruders von Mathilda so in Gedanken ausmalen zu müssen, hinterlässt eine mindestens genauso verstörende Wirkung, als wenn dieses brutale Vorgehen auch noch mit Bildern unnötig dokumentiert worden wäre. So aber ist Besson mit einem superben Jean Réno, einer aufgeweckten Natalie Portman, sowie einem mehr als überzeugend bösartig spielenden Gary Oldman eine schöne, wenn im Director's Cut teils auch etwas zu dialoglastig geratene Mischung aus Action, Drama und Thriller gelungen.

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