„Laß es krachen, damit die Leute lachen!“ (alte Henkerweisheit)
Gleich zu Beginn bekommen wir ein paar Obergangster zu Gesicht, die sich im falschen Bezirk von New York aufhalten. Der schwitzende Boss hat sich mit einer schwer bewaffneten Leibgarde umgeben, die sofort auf alles schießt, was sich bewegt.
Aber, das nützt ihnen nichts ! – Besonders schön ist das von Kugeln durchsiebte Rolleau, durch das die Sonnenstrahlen auf die angsterfüllten Gesichter fallen. Doch Leon ist nicht aufzuhalten und setzt seine Aufgabe erfolgreich fort.....
Der Zusatz „ Der Profi“ stammt vom deutschen Verleiher, im Original heißt der Film schlicht „Leon“. Die zusätzliche Bezeichnung soll natürlich – wie so oft – den coolen Charakter betonen, aber das hat der Film schlichtweg nicht nötig und das Schlimmste , es ist FALSCH.
Leon ist kein Profi, sondern ein leicht autistischer Mann mit dem Gemüt eines Kindes. Er wurde vom ortsansässigen Mafiaboss als eine Art „Kaspar Hauser“ aufgezogen, der nichts von der Welt weiß, aber komplett als Auftragskiller ausgebildet wurde.
Gerade seine kindliche Naivität und das Unbewußte verhelfen ihm zu der völligen Konzentration auf den Job und die sogenannte „Coolness“ ist bei ihm Ausdruck des Unwissens von Emotionen.
Hier liegt auch die erzählerische Linie in Bessons’ Werk und die Parallele zu „Im Rausch der Tiefe“. Wieder ist eine im Grunde nicht im Leben stehende Figur Mittelpunkt und wieder wählt Besson einen extremen völlig gegen die übliche Erwartungshaltung charakterisierten Typ.
Als Antipode fungiert in „Leon“ der Polizist „Stansfield“. Er verkörpert den bewußten Killer, dem das Töten Spaß macht und der auch nicht vor der Hinrichtung einer ganzen Familie zurückschreckt. Gerade durch sein Bewußtsein zu den Dingen, die er tut, und die versuchte Verdrängung mit klassischer Musik und Drogen unterscheidet er sich in seinem Tuen völlig von Leon.
Besson gelingt mit dieser von Gary Oldfield grandios verkörperten Figur die tatsächliche Unschuld Leons zu verdeutlichen, die mit einem echten Profikiller nichts gemein hat.
Im Gegensatz zu „Im Rausch der Tiefe“ ist Besson hier optimistischer bei der weiblichen Hauptfigur, vielleicht weil diese noch fast ein Kind ist. Mathilda (Nathalie Portman) ist die einzige Überlebende der von Stansfield ausradierten Familie.
Sie will sich an ihm rächen und Leon bringt ihr das Einzige bei, was er kann – das Töten. Sie dagegen, die erstaunlich reif wirkt, zeigt ihm wie das Leben wirklich ist, in dem sie sich trotz ihrer Jugend weit besser auskennt und sie erreicht damit eine Veränderung bei Leon. Besson gelingt es diese Verbindung, die vom Alter her problematisch wäre, in ihrer ganzen Unschuld ,ja fast Reinheit zu zeigen.
Leon beginnt eigene Entscheidungen zu treffen und sich von seinem Ziehvater abzunabeln....
Das Alles ist in ruhigen Bildern festgehalten, die immer wenn Stansfield auftaucht in Hektik und Tempo verfallen bis zum furiosen Ende, daß sich in einen fast orchestralen Schlußakkord steigert...
Auch hier gelingt Besson ein glückliches Ende, daß Jeder ,der sich wirklich in den Charakter des Leon einfühlen kann, auch so versteht.
Die Parallelen zu „Im Rausch der Tiefe“ sind deutlich zu erkennen, die comichafte Überzeichnung mit den extremen Stereotypen, die am Ende ein emotional nachvollziehbares Gesamtbild schaffen.
Warum ist dieser Film dann so viel erfolgreicher und auch im OFDb wesentlich besser beurteilt als „Im Rausch der Tiefe“?
Weil es Besson krachen läßt ! – Weil die Killerthematik einfach mehr der „Brot und Spiele“-Mentalität der meisten Zuseher entspricht – und da liegt auch der Wermutstropfen.
Seit „Leon“ hat Besson keinen ähnlich qualitativen Film mehr geschafft, aber er läßt es jetzt dafür immer krachen. In Leon war das nur schmückendes Beiwerk, welches die eigentliche Intention verdeutlichtete, inzwischen wurde es zum eigentlichen Inhalt.
„Leon“ leitet somit leider einen Niedergang ein....
Aber das hat auf die Beurteilung dieses grandiosen Werkes keinen Einfluß(10/10).