Kafkaesk
Steven Soderberghs "Kafka" ist ein seltsamer Film. Es ist wohl der Versuch, die Gedanken und den schwierigen Geist des genialen Schriftstellers mit seinen eigenen Stilmitteln zu ergründen.
Die Geschichte spielt in Prag. Es geht um Kafka, einen Angestellten im Versicherungswesen (wie auch in Wirklichkeit), der nebenbei ein wenig schreibt. Er ist ein Einzelgänger, findet seine eigenen Werke grauenvoll. Durch den mysteriösen Mord an einem langjährigen Freund kommt er eines Tages einer Art Verschwörung auf die Spur. Dabei begegnet er einer Frau, die einer terroristischen Organisation angehört. Diese möchte sich gegen den Staat und den abstrakt-anonymen, rätselhaften bürokratischen Apparat, der vom "Schloss" (!) ausgeht, mit Gewalt auflehnen. Zwischen den Fronten der Polizei und der Terroristen deckt er immer mehr mysteriöse Verzwickungen in den Untiefen der Aktenarchive auf und beschließt sodann, ins Schloss einzudringen...
Die visuelle Ausdrucksweise des vorwiegend in Schwarzweiß gedrehten Films lehnt sich stark an den filmischen Expressionismus und Surrealismus der 20er an. Bizarre und unerklärliche Horrorelemente, sowie die vielen Halbschatten und verzerrten Raumfluchten deuten auf selbiges. Schließlich war Kafkas Schreibstil ebenfalls expressionistisch wie surrealistisch geprägt. Unweigerlich fühlt man sich auch an den Film Noir erinnert, schließlich entstand das Genre ja aus dem Expressionismus der 20er.
So gibt sich die Darstellung des Films ganz dessen hin, ohne allerdings das Quentchen Humor und Ironie vermissen zu lassen, für das auch Kafka bekannt ist. Die Handlung entfaltet ein kompliziertes Geflecht aus Fantasie und Realität, Fakt und Fiktion. Es wird gar eine vertrackt-labyrinthische Bürokratiewelt geschaffen, in der keiner zurechtzukommen scheint. Die Fakten aus Kafkas Biografie vermischen sich mit Anleihen seiner eigenen Werke, sodass der Autor hier auf interessante Weise mit seinem Werk in Verbindung gebracht wird.
In der düster-spannenden Geschichte offenbart sich dadurch ein originelles Bild der metaphorischen Welt des Schriftstellers, das aber ganz gut auch ohne Kenntnisse des Autors als surrealer Thriller funktioniert. Vielleicht der artistische Versuch einer Deutung seines Lebenswerkes im Kontext seiner schwierigen und ungewöhnlichen Lebensumstände, auf jeden Fall aber eine gelungene und detailverliebte (mit vielen mehr oder weniger offensichtlichen Anspielungen) Hommage an den Begründer des "Kafkaesken". 8/10.