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In China essen sie Hunde: Eins zu eins übersetzt schürt ein aus dem Kontext gerissener Dialoginhalt die kühnsten Erwartungen, legt aber gleichzeitig die Kernausage des Films nahe. Da war er plötzlich, ein dänischer Film, der sich schnell einen frechen Ruf erarbeitete. Und Lasse Spang Olsens Streifen funktioniert, nicht unbedingt wegen seiner zynischen Überzeichnungen, sondern wegen der Hauptfigur Arvid (Dejan Cukic), die eine leichte Identifikation ermöglicht.
Seine Darstellung ist die des kleinen Mannes, in diesem Fall spießiger Bankangestellter, der durch eine Entscheidung sein Leben verändert. Als die Bank überfallen wird, zögert er nicht lange, den Squash-Schläger, den er zufällig in der Hand trägt, zu benutzen und gefeierter Held des Tages zu werden. Warum werden diese Menschen bejubelt? Weil sie so sind wie wir und weil sie trotzdem etwas bewegt haben. Hier setzt In China essen sie Hunde an. Träumen wir nicht stets davon, unserem moralischen Korsett irgendwie entfliehen zu können? Wollen wir nicht alle heimlich Rebellen sein, obwohl wir schon ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn wir dies mit dem Überfahren einer gelben Ampel ausleben?

Es sind die unwahrscheinlichen Zufälle, die nun auf Arvid einbrechen und ihn weiter von seinem Kurs abbringen. Seine Frau Hanne (Trine Dyrholm) verlässt ihn. Plötzlich steht Astrid (Line Kruse) auf der Matte, um ihm eine zu knallen. Warum habe er den Bankräuber nicht einfach ziehen lassen? So hätte das junge Paar sich endlich die ersehnte künstliche Befruchtung leisten können. Auf der Straße wird er von einer Rockband verprügelt, weil sie sein als selbstgefällig verstandenes Auftreten mißachten.
In dem Willen alles zu berichtigen überredet Arvid seinen kriminellen Bruder Harald (Kim Bodnia), einen Überfall zu planen und mit der Beute sein Gewissen bereinigen zu können. In China essen sie Hunde entwickelt sich zu einem skurrilen Heist-Movie, in welchem menschliche Tollpatschigkeit einer eiskalten Brutalität gegenüber steht. Ohne direkt bei Tarantino abzuschreiben potenziert Olsen den “Ich habe Marvin ins Gesicht geschossen”-Moment aus Pulp Fiction zu einem rabenschwarzen Feuerwerk aus vornehmlicher Situationskomik.

Hierbei benötigt In China essen sie Hunde etwas Anlaufzeit, um sich dann stetig in einem Schneeball der oftmals tödlichen Pointen aufzubauschen. Immer bleibt Arvid der Anker, da ihm echte Erfolge ausbleiben, wie man selber erwartet, vom Pfad der Tugend abweichend nicht glücklich zu werden.
Wenn Autos in einer Actionszene schon explodieren, bevor sie getroffen werden, so ist dies Indiz dafür, wie wenig der auch als Stuntman tätige Lasse Spang Olsen die Action im Vordergrund sieht. Für sein Finale krempelt er den nach Unten reißende Strudel noch einmal zu einem moralischen Diskurs um. Wenn man sich in China darauf geeinigt habe, daß es ok sei Hunde zu essen, dann solle es (frei nach Crowley?) Gesetz sein, zu tun, was einem beliebt. Konvention sei, was man selbst für richtig erachte und solange man an die Richtigkeit des eigenen Tuns glaube, sei alles in Ordnung.

Für das gute Gefühl, nicht nur groteskem Action-Eskapismus gefolgt zu sein, tut diese philosophische Note sicher wohl. Da spielt es dann keine Rolle mehr, daß die Kongruenz der Masse mit der Meinung eines Einzelnen in einen Topf geworfen wird. Die Grundidee jedoch bleibt logisch: Gesetz und Moral sind nicht naturgegeben, sondern ein menschlicher Beschluß. Unterm Strich ist In China essen sie Hunde aber doch das seichte Unterhaltungsprogramm, welches man ab und zu noch einmal hervorholt.

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