Regisseur Sam Raimi kehrte mit "Drag me to Hell" wieder zu seinen Wurzeln zurück, welche die Fans so schätzten. Auch ich zähle mich zu den Leuten, die mit dem Spinnenmann nie viel anfangen könnten und eigentlich verbindet man den Namen Raimi ja eher mit der "Evil Dead" Trilogie. Aber Raimi schien gerade nach "Darkman" nicht so richtig zu wissen, wo er eigentlich hin wollte. Ob Western, Thriller oder Drama, mit "The Gift" versucht er es auf der Mysterie-Schienen, doch so richtig fruchten will das Ganze nicht. Es mag vielleicht auch daran liegen, dass wir hier einen zu unentschlossenen Mix aus Südstaaten-Krimi, Drama, Mysterie und diversen Horrorelementen kredenzt bekommen.
Annie Wilson (Cate Blanchett) besitzt eine ungewöhnliche Gabe, sie kann mit Hilfe ihrer Karten gewisse Dinge vorher sehen. Als die hübsche Jessica King (Katie Holmes) spurlos verschwindet, wendet sich Sheriff Johnson (J.K. Simmons) an Annie und tatsächlich wird die Leiche von Jessica mit ihrer Hilfe im See des Brutalos Donnie Barksdale (Keanu Reeves) gefunden. Doch Annie ist sich sicher, dass der Mörder hiermit noch nicht gefunden ist.
Raimi lässt besonders seiner Hauptperson Annie enorm viel Platz, was ihrer starken Frauenrolle einerseits zu Gute kommt, aber andererseits will "The Gift" nicht so recht in die Pötte kommen.
Ihr Mann kam bei einem Arbeitsunfall ums Leben, seitdem muss sie ihre drei Kinder allein großziehen. Sie ist stets knapp bei Kasse und lebt auch durch sogenannte Spenden, die sie durch ihre Gabe erhält. So legt sie auch Valerie (Hilary Swank), der Frau von Donnie Barksdale die Karten und der beinahe schizophrene Mechaniker Buddy Cole (Giovannie Ribisi) gehört ebenfalls zu ihren Kunden. Raimi präsentiert uns eine Menge ungewöhnlicher Typen und kann durch die ständigen Attacken von Donnie auch eine gewisse Bedrohung aufbauen. Doch richtig gruselig wird "The Gift" nur, wenn Annie ihre Visionen hat. Hier liegt eindeutig Raimis größte Stärke beim Zuschauer ohne Probleme eine Gänsehaut zu erzeugen. Doch diese Visionen sind ziemlich rar und die Geschichte um den Mord an Jessica einfach zu gängig. Es gibt eine gewisse Auswahl an Tätern, doch eigentlich steht von Anfang an fest, dass Donnie nichts damit zu tun hat. Somit bleiben nicht mehr viel potentielle Mörder übrig, denkt man ein wenig nach, hat man den Täter sehr früh entlarvt. Szenen wie das Gerichtsverfahren, wo Annies Glaubwürdigkeit untergraben wird, hätte man sich sparen können, das zieht "The Gift" nur unnötig in die Länge.
Dabei ist an der Inszenierung nicht viel auszusetzen, der düstere Grundton, die unheimlichen Bilder und die nebligen Nachtaufnahmen sorgen für beinahe subtilen Horror, dieses gewisse Südstaatenflair ist also erstklassig eingefangen. Der Score von Christopher Young ist zurückhaltend und wird nur bei den Spannungspitzen mal aufdringlich. Doch dazwischen sitzt das größte Problem, nämlich zu viel Leerlauf, weil Raimi sich teilweise zu intensiv um seine Charaktere kümmert. Desweiteren stößt das zu mysteriöse Ende bitter auf, der Mord wird zwar plausibel aufgeklärt, aber ein gewisse Ereignis gegen Ende vermag schon zu stören, vor allem weil es dafür keine Erklärung gibt, mehr will ich nicht verraten.
Dabei liefert gerade die natürlich Cate Blanchett (Robin Hood, Elizabeth - Das Goldene Königreich) eine tolle Vorstellung, selbst Keanu Reeves (Speed, Gefährliche Brandung) gelingt sein sonniges Image abzulegen und hier als roher Hinterwäldler Donnie zu überzeugen. Giovanni Ribisi legt auch einen starken Auftritt hin, während Hilary Swank und Katie Holmes gnadenlos unterfordert sind.
Wo Raimi mit "The Gift" hin wollte, wusste er wohl selbst nicht genau, denn man surft munter durch verschiedene Genren. Dabei will man aus der zu gängigen Krimistory mehr machen als sie ist, dem erfahrenen Filmschauer dürfte der Mörder schon sehr früh bekannt sein. Leerlauf kostet "The Gift" nochmal einiges an Wertung, dabei gefallen Raimis unheimliche Bilder und die Darsteller sind durchweg überzeugend.