Der Serienkiller Jack the Ripper stellte die Polizei nicht nur damals vor ein Rätsel, bis heute konnte seine Identität nicht genau bestimmt werden. Der Film der Gebrüder Hughes (Dead Presidents, The Book of Eli) basiert auf der Graphic Novel von Eddie Campbell und Alan Moore mit dem gleichnamigen Titel "From Hell". Und es ist bei weitem nicht alles Fiktion, einige Charaktere gab es damals wirklich, selbst die Namen der Opfer des Rippers hat man übernommen. Das Budget betrug 35 Millionen Dollar, insgesamt konnte "From Hell" das doppelte einspielen. Zu Recht, denn dieser gewollt altmodische Horrorthriller lässt das Herz des Nostalgikers höher schlagen.
Im August 1888 wird das Londoner Armenviertel Whitechapel von einer grausamen Mordserie heimgesucht. Die Opfer sind stets Prostituierte, denen die Kehle durchgeschnitten wird und auch Innereien entnommen. Inspector Frederick Abberline (Johnny Depp) und Sergeant Peter Godley (Robbie Coltrane) stehen vor einem Rätsel. Abberline ist sich sicher, dass der Ripper in höheren Kreisen verkehrt und stößt prompt auf eine Loge der Freimaurer. Doch erst durch die Hure Mary Kelly (Heather Graham) kommt er auf das Motiv des Rippers. Doch plötzlich wird Abberline vom Dienst suspendiert, auch schweben Mary und er in Lebensgefahr, denn die Loge scheint mit den Morden des Rippers in Verbindung zu stehen.
Es wird nur gemutmaßt, dass Jack the Ripper fünf Prostituierte ermordete, denn er konnte nie geschnappt werden, seine Identität ist bis heute ein dickes Fragezeichen. In "From Hell" darf das Rätsel um den mysteriösen Serienkiller gelöst werden. Aber es ist nicht nur eine triviale Hatz auf Jack the Ripper, hier fließen noch andere Elemente mit ein. Da wäre einmal die Entdeckung der Lobotomie, welche von einem jungen Chirurgen entdeckt wurde. In einer Art Irrenanstalt führt er ohne Einschränkung Experimente durch, natürlich auch im Namen der Loge. Die Freimaurer waren damals eine mächtige Organisation und überall auf der Welt präsent. So auch in London und in "From Hell" sind sie für die Morde des Rippers mitverantwortlich, denn es gilt etwas zu vertuschen. Die Intrige geht hinauf bis ins Königshaus. Auch der Elefantenmensch John Merrick hat einen Kurzauftritt, er zählte damals eine Zeit lang zu den Verdächtigen. Interessant ist auch die Figur des Inspector Abberline, welcher eine besondere Gabe besitzt. Er hat Visionen, die ihm oft helfen seine Fälle aufzuklären, jedoch ist er auch opiumsüchtig. Die Hughes Brüder lassen hier mehrere Erzählstränge nebeneinander laufen, die später nahtlos ineinander übergehen. So bleibt das Geschehen auch undurchsichtig, Abberlines Ermittlungen schreiten nur langsam voran, auch greift er dabei oft zu unkonventionellen Methoden. Zudem eckt er zunehmend bei seinem Vorgesetzten an, selbst ein Mitglied der Freimaurer.
Bald bahnt sich zwischen Mary Kelly und Abberline eine kleine Liebesgeschichte an, doch Mary hat der Ripper auch im Visier. Ihre Freundinnen werden nach und nach bestialisch ermordet, doch man fragt sich warum sie immer wieder in die Kutsche steigen, wo sie doch genau wissen was mit ihren Kolleginnen passierte. Weintrauben und Absinth, für Whitechapel damals eine Delikatesse, so lockt der Ripper seine Opfer, ausserdem hat er hier einen Komplizen. Die Morde verlaufen dann recht blutig, meist wird nach dem Kehlenschnitt aber abgeblendet, die Schnippeleien die der Ripper vornimmt sind nicht zu sehen. Aber die schrecklich verstümmelten Leichen drehen einem wirklich den Magen um und für eine FSK 16 Freigabe enthält "From Hell" sehr viele Schauwerte. Am besten gefällt mir das authentisch gestaltete London, hier wurde sehr detailverliebt gearbeitet. Das Armenviertel Whitechapel gestalten die Hughes Brüder sehr düster, ungemütlich, neblig und dreckig. Auch das stetige Treiben auf den Strassen und die nostalgischen Einrichtungen unterstützen die Glaubwürdigkeit der großartigen Sets. Jetzt hätte Trevor Jones noch ein wenig mehr aus seinem zurückhaltenden Score herausholen müssen. Schließlich darf gegen Ende der Ripper entlarvt werden, seine Identität überrascht, selbst das Motiv wirkt glaubwürdig. Und man darf erstaunt sein, wie "From Hell" gegen Ende dem Mainstream abschwört. Das Negative überwiegt, ein pures Happy End hätte "From Hell" auch nicht gut gestanden. Johnny Depp (Fluch der Karibik, Public Enemies) als Inspector ist eine hervorragende Wahl, nur Heather Graham (Hangover, Lost in Space) will nicht so recht als Prostituierte überzeugen. Robbie Coltrane (Harry Potter und der Halblut-Prinz, Goldeneye) ist dafür ein toller Sidekick und lockert das ernste Geschehen stets ein wenig auf.
"From Hell" ist zwar kein Meisterwerk, aber eine spannende und storytechnisch gute Variante, die Morde von Jack the Ripper zu erläutern. Die düsteren Sets, die glaubwürdigen Schauspieler und die wendungsreiche Story fesseln knappe zwei Stunden lang. Wahrscheinlich die beste Verfilmung des Stoffs.