Review

Johnny Depp jagt Jack, the Ripper

London 1888: Ein mysteriöser Killer, genannt Jack, the Ripper, treibt in der englischen Hauptstadt nacht sein Unwesen. Er tötet Prostituierte und entfernt ihnen Organe. Inspector Frederick George 'Fred' Abberline (Johnny Depp) wird auf den Fall angesetzt und kommt in Drogenrauschen dem Mörder näher. Derweil verliebt er sich in die Hure Mary Kelly (Heather Graham). Alle Huren mit denen sie befreundet ist, fallen dem Mörder zum Opfer. Als Abberline dem Mörder ganz Nahe ist, wird er von seinem Vorgesetzten zurückgepfiffen...
„From Hell“ ist ein extrem düsterer, historischer Thriller zum Thema Jack, the Ripper, dessen Identität nie aufgeklärt werden konnte. Der Film beginnt etwas überladen, mit drei verschiedenen Handlungssträngen die im Laufe des Films miteinander verflochten werden. In der Filmmitte wirkt der Film etwas zäh, da sich im Grunde immer nur die gleichen Passagen wiederholen. Da man aber viele undurchsichtige Charaktere vorgestellt werden, offenbart sich dem Zuschauer erst spät, wer Jack, the Ripper in diesem Fall ist. Das unkonventionelle Ende ist untypisch und ein wenig überraschend für einen Hollywodmainstreamer.

Atmosphärisch hat die instrumentale Musik in „From Hell“ einiges zu bieten. Die düstere Optik des Films wird durch die instrumentale, unheilankündigende Musik noch intensiver. Sobald es aber zu spannenden Szenen oder speziell zum finalen Showdown kommt, gelingt es der Musik nicht den Zuschauer mitzureißen. Ein richtig guter Score fehlt dem Film leider eindeutig.

„From Hell“ besitzt die Zutaten zu einem wirklich guten Thriller in ungewohnter Umgebung. Das alte London wird sehr realistisch und vor allem düster wiedergegeben. Hier steckt Liebe im Detail, denn von den belebten Straßen bis, über das Ticken der Uhr im Büro von Abberlines Vorgesetzten bis zu den überfüllten Pubs stimmen die Bilder auf eine Reise in die Vergangenheit ein.
Etwas überfrachtet werden dem Zuschauer die Hauptcharaktere vorgestellt. Mary Kelly wohnt mit anderen Freudenmädchen zusammen und bekommt gleich zu Anfang ein paar Knöpfe entfernt, damit der pubertierende Zuschauer was zu sehen hat und hofft, dass die beiden Teile irgendwann mal rausplumpsen könnten. Wenn sie sich des Morgens mit ihren Freundinnen am Brunnen wäscht, sieht sie im Gegensatz zu ihren schmutzigen Freundinnen aber immer wie frisch gebadet aus. Das Gefühl, dass die Gute eine Hure ist, kommt so leider nie auf.
Inspector Frederick George 'Fred' Abberline lernen wir im Opiumrausch kennen. Seine Visionen werden visuell verstörend wiedergegeben, bieten aber lange Zeit keinen Aufschluss auf den Mörder. So wird er zur Identifikationsfigur für den Zuschauer, obwohl man ihn auf Grund seiner Abhängigkeit bestimmt nicht als Held glorifizieren kann.
Der dritte Strang besteht aus einer Irrenanstalt, in der sehr zweifelhafte Methoden angewandt werden. Hier wird später noch eine amüsante Hommage an den „Elefantenmenschen“ präsentiert.
Schnell werden reichlich undurchsichtige, zwielichtige Gestalten vorgestellt, aus denen sich viele Verdächtige ergeben. Der erste Mord verhält sich sogar noch recht unspektakulär. Leider werden alle diese Figuren später in einen Topf gepackt und umgerührt, nur um den Zuschauer eine Art Alibi zu geben, warum all’ diese Figuren eine Daseinsberechtigung haben. Dieses Szenario war in meinen Augen überflüssig und verwirrte den Zuschauer nur zusätzlich.
Die Morde an den Prostituierten sind sehr blutig und krank geraten, denn Jack, the Ripper geht nicht unbedingt zimperlich zur Sache. Allein die Kehlenschnitte hätten eine FSK 18 verdient. Während dieser Morde kommt, dank verschiedener Hinweise, Abberline dem Mordmotiv näher. Warum der Mörder Beweise wie Weintrauben nie entsorgte wird nicht geklärt.
Spätestens nach dem zweiten Mord, fängt man sich allerdings zu ärgern. Warum steigen diese strohdummen Huren immer wieder in die Kutsche, obwohl sie doch ziemlich genau wissen, was mit ihren Freundinnen geschehen ist? Genauso unerklärlich ist die Tatsache, warum Mary sich nach der anfangs ablehnenden Haltung auf einmal so zu Abberline hingezogen fühlt. Warum Jake, the Ripper nachts immer diese fremdartige Stimme besitzt wirft ebenfalls Fragen auf. Ich bezweifele, dass es damals schon Stimmenverzerrer wie in Scream gab. Ein weiteres Manko ist die fehlende Spannung, man krallt sich bei den Morden zwar im Sitz fest, aber besonders das Ende kann gar nicht in den Bann ziehen und verkommt zu einer mittelmäßigen Actionepisode (Kutschenfahrt).
Sicher lädt „From Hell“ zum mitraten ein, leider wird es aber dank Geheimbund, vieler undurchschaubaren Figuren und der Einflechtung des Königshauses sehr verwirrend. Da ich das Comic nicht gelesen habe, kann ich nicht sagen, wie viel man entfernt hat. Positiv fallen außer Knuddelcop Robbie Coltrane vor allem die Kostüme und ein paar nette Übergänge auf. Man denke nur an das Klopfen der Urteilsverkündung. Selbst die etwas geschmacklosen Gags bei der „Obduktion“, die scheinbar für den Mainstreamzuschauer eingebaut werden mussten, wirken nicht völlig deplaziert.
Trotzdem bleiben viele Fragen offen: In wie weit ist die Geheimpolizei in den Fall verstrickt und was ist aus den Großeltern geworden, die das Kind behüteten?

Johnny Depp versteht es wie schon in „Sleepy Hollow“ seiner Figur einen gewissen Zauber zu verleihen. Man wird aus seiner Figur nicht schlau, denn über sich verrät er im Film gar nichts. So bleibt er im Gegensatz zu Mary Kelly ein Mysterium. Dank seiner Präsenz und seinen Auftritten ist Abberline so die dominierende und stärkste Figur im Film, die aber immer genug Platz für die anderen Charaktere lässt. Depp agiert auf mit viel Feingefühl auf gewohnt hohem Niveau.
Heather Graham gefiel mir dagegen als Mary Kelly weniger. Das mag daran liegen, dass sie im Gegensatz zu ihren Freundinnen gar keine Hure ausstrahlen kann. Sie kommt viel zu sauber und brav daher und scheint sich für ihre Kunden gar nicht zu interessieren. Dafür, dass nach und nach ihre Freundinnen sterben hat sie einen viel zu sorglosen Gesichtsausdruck. Ihre plötzliche Zuneigung in Bezug auf Abberline spielt sie auch zu unglaubwürdig. Sorry, das war nichts. In der Frau steckt viel mehr Potential.
Der Kracher war mal wieder Robbie Coltrane. Der knuddelige Mann frischt den ernsten Filmen dankbar auf und hat mit seiner Lockerheit einige Lacher auf seiner Seite. Eine ganz klare im Film. Wer ihn aus den James Bond Filmen mochte, wird ihn auch hier lieb gewinnen.


Fazit:
Atmosphärischer Thriller in einer fantastischen Zeit. Leider hat die Story aber viele Lücken und wirkt nicht ausgereift. Die Schauspieler reichen von gut bis schlecht, wo bei die blutigen Effekte und Morde viel wieder gut machen können. Leider fehlt es dem Werk aber massiv an Spannung, dafür bekommt man viele Ungereimtheiten und eine unbefriedigende Lösung geboten. Akzeptabel, aber kein Meisterwerk. Aus dem Stoff hätte man mehr rausholen können.

Details
Ähnliche Filme