Review

„Dein Mantel ist unheimlich stark! Ich meine, das war bestimmt kein Sonderangebot! Dafür sieht er viel zu irre aus!“ – „Er hat meinem Opa gehört...“

Der US-Amerikaner Chris Columbus gefällt mir als Drehbuchautor von Filmen wie „Gremlins“ und „Die Goonies“ besser als als Regisseur beider „Kevin – Allein zu Haus“-Komödien, mit denen ihm der Durchbruch gelang, oder zweier „Harry Potter“-Streifen aus den 2000ern – wie mir auch sein Regie-Debüt „Die Nacht der Abenteuer“ aus dem Jahr 1987 nach einem Drehbuch David Simkins bewies, mit dessen Sichtung ich meine verschwommenen Erinnerungen an die TV-Ausstrahlungen vor Jahrzehnten auffrischte. Diese Familienkomödie kann durchaus als Übung für die Kevin-Filme betrachtet werden, müssen sich doch hier wie dort junge Protagonisten übler Erwachsener erwehren.

„Wo fahren wir hin?“ – „Zur Hölle!“

Chris Parker (Elisabeth Shue, „Zurück in die Zukunft II“) ist zarte 17 Jahre jung und unglücklich, weil sie von ihrem Freund versetzt wurde. Da sie nun ohnehin nichts Besseres zu tun hat, nimmt sie zähneknirschend einen Babysitter-Job bei den Andersons an, für den sie auf den Pubertierenden Brad (Keith Coogan, „Seitensprünge“), der zudem in sie verliebt ist, und dessen kleine Schwester Sara (Maia Brewton, „Zurück in die Zukunft“) aufpassen soll. Doch kaum hat ihre Schicht begonnen, meldet sich ihre beste Freundin Brenda (Penelope Ann Miller, „Hot Shot - Der Weg zum Sieg“) telefonisch vom Chicagoer Bahnhof, an dem sie mittellos festsitzt und daher Chris‘ Hilfe benötigt. Notgedrungen setzt sich Chris zusammen mit den Kids und Brads hinzugestoßenem Kumpel Daryl (Anthony Rapp, „Die phantastische Geisternacht“) ans Steuer und fährt in die Großstadt – woraus sich eine gefährliche Odyssee entwickelt, die mehr als einmal daran zweifelt lässt, dass sie wohlbehalten rechtzeitig mit ihren Schutzbefohlenen wieder zu Hause sein wird…

„Die Nacht der Abenteuer“ appelliert an die Urbanitätsskrupel US-amerikanischer Kleinstadtbewohner und zeichnet die Großstadt als kreuzgefährlichen Moloch, in dem Jugendliche und erst Kinder nichts zu suchen hätten, schon gar nicht zu vorgerückter Stunde. So neigt Columbus dann auch schnell zu Übertreibungen, als er nach der ersten Autopanne einen Trucker mit Hakenhand zunächst als freundlichen Mitmenschen charakterisiert, vor dem sich die Reisegruppe zu Unrecht erschreckt hat, nur um ihn im nächsten Moment zu einem schießwütigen Choleriker zu machen, dem es vollkommen egal ist, dass den Kindern die Patronen um die Ohren fliegen, was diese wiederum erstaunlich locker nehmen. Diese Szenen sind symptomatisch für den seltsamen, wenig lustigen Humor des Films, der erst zeigt, dass die Ängste der Heile-Welt-Kleinstädter unbegründet sind, um sich dann selbst Lügen zu strafen, letztlich jedoch keine adäquate Reaktion hervorzurufen: Ein bärtiger Trucker mit Hakenhand wirkt also verstörender, als zwischen die Fronten einer Schießerei mit scharfen Waffen zu geraten?

Ab diesem Punkt häufen sich die haarsträubenden Unwahrscheinlichkeiten: Chris & Co. fahren bei einem Autodieb mit, der ihnen sogar seinen Namen verrät (!) und mit ihnen ins geheime Hauptquartier der Bande fährt (!), wo es, zur Überraschung des freundlichen Diebs (!), natürlich Ärger gibt und von nun an, auch wegen eines durch die Pubertierenden mitgehen gelassenen Playboys, die Gangster hinter ihnen her sind. Schön hingegen ist der ebenfalls nicht ganz freiwillige Besuch eines Musik-Clubs, in dem man Chris nötigt, einen Blues zum Besten zu geben. Ihr daraufhin improvisierter Babysitter-Blues vermittelt wunderbar den Geist dieser Musikrichtung. Anschließend gerät man – natürlich – zwischen einen Bandenkrieg in der U-Bahn sowie in zahlreiche weitere Turbulenzen, die dem Film etwas Episodenhaftes verleihen.

Die kleine Sara ist Marvel-Fan und glaubt schließlich, in einem Automechaniker (Vincent D'Onofrio, „Full Metal Jacket“) den Superhelden Thor zu erkennen, was die unfassbare Naivität dieser kleinen Göre einmal mehr unterstreicht und lustig sein soll, es jedoch nur bedingt ist. Meilen gegen den Wind war auch zu riechen, dass Chris‘ Freund sie angelogen hat und sich stattdessen mit einer Sandy trifft. So richtig turbulent wird es, als Sara sich entfernt und von den Gangstern gejagt wird. Columbus ist es durchaus gelungen, seinen Film mittels diverser Action- und Spannungsszenen gerade für eine junge jugendliche Zielgruppe interessant zu gestalten, die sich sicherlich auch zu großen Teilen mit Brad identifizieren konnte, der so sehr für die attraktive, intelligente und verantwortungsbewusste Chris schwärmt. Diese wiederum dürfte der größte schauspielerische Trumpf des Films gewesen sein, durch den sie für jene Zielgruppe zu einer Art (wenn auch biederem) Sex-Symbol avancierte – was der Film bewusst forciert, beispielsweise durch den Running Gag der Ähnlichkeit des Playboy-Modells, das der Zuschauer nie zu Gesicht bekommt, jedoch frappierende Ähnlichkeit mit Chris aufweisen soll.

Nicht von schlechten Eltern ist auch der allgemein recht Rock’n’Roll-lastige Soundtrack, der meines Erachtens jedoch im Widerspruch zur letztlich als kleinbürgerlich-verspießt aufgefassten Konstellation des Films mit seinem miesen Drehbuch steht, welches die Großstadt als Synonym für die Welt außerhalb des Eigenheim-Gartenzauns in erster Linie negativ konnotiert, weshalb man besser in seiner behüteten Kleinstadt bleiben sollte. Da helfen auch ein paar behelfsmäßige Alibi-Frechheiten innerhalb des gefälligen Humors wenig, die niemanden hinterm Ofen vorlocken.

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