Das Ungewöhnliche an "Bound" ist nicht der lesbische Appeal, mit dem diese Gangster-Liebesballade gewürzt ist, sondern vielmehr die Art der Inszenierung durch die Wachovski-Brüder.
Gut, es gibt eine beeindruckende (für Hollywood beeindruckend) Sexszene zwischendurch, aber letztendlich verläßt die Partnerschaft von Gangsterliebchen und rotziger Ex-Knackine-Hausmeisterin kaum die ausgetretenen Pfade.
Als was "Bound" hervorsticht, ist als Kammerspiel. Der komplette Film spielt praktisch-faktisch nur in einem, teilweise renovierungsbedürftigen Appartmenthaus und gönnt sich als Locations lediglich zwei Wohnungen und den Hausflur. Es gibt zwar noch ein paar kurze Ortswechsel, aber die sind marginal.
Der echte Hingucker ist hier die Kameraführung. Ungewöhnliche Plazierung, ungewöhnliche Blickwinkel. Die Regie rückt immer wieder kleine Gegenstände in den Vordergrund, hebt sie hervor, mißt ihnen optische Bedeutung zu, unterstreicht ihre Wirkung in der Handlung.
Die wiederum springt in der Zeit hin und her, ohne den Faden zu verlieren, arbeitet mit einer großen Rückblende, läßt einen gerade ausgearbeiteten Plan vor den Augen des Zuschauers sofort ablaufen und führt Erzählung und Bild in eine ungewöhnliche Zusammenarbeit. Dabei bevorzugt das Buch schön überzogene Charaktere, die das Groteske, Plastische, fast schon comichaft Überzeichnete in den Bildern hervorhebt.
Da paßt es gut, daß Joe Pantoliano seinen Gangsterhelfer so überdreht anlegt, daß es schon fast monströs ist, ein Maniker vor dem Herrn, dessen langsames Abdriften in den Wahnsinn aufgrund des Stresses durch die Kamera illustriert wird, die beizeiten seine verzerrte Sichtperspektive annimmt.
Ebenso übergrößert dann die dazugehörenden Gewaltsequenzen, die schon mal zusammenzucken lassen. Dazu gehören das brutale Niedermachen eines Mitarbeiters (graphisch aufbereitet: blutrotes Gesicht in einem über und über reinweißen Badezimmer), das Abtrennen von Fingern mit einer Geflügelschere, sowie ein paar blutige Schußszenen.
Reichlich schwarzer Humor garniert das alles, wenn Pantoliano für zwei kontrollierende Polizisten in Rekordzeit das Apartment wohnlich macht, die Spuren der Gewalt notdürftig versteckt und einen Haufen Leichen in der Dusche verbirgt, neben der dann ein Polizist pinkeln geht.
Sympathiefiguren braucht das alles nicht: Pantoliano ist der Psycho, wie man ihn sich vorstellt, Tilly gibt das zögernde Mäuschen, das zunehmend abgebrühter wird und Gershon kann wie üblich nur mit den Lippen schmollen, wobei man stets erwartet, daß sie in die nächste Ecke spuckt.
Ergo ein Fest für die Augen, aber sicher kein Skandalfall. Sollte man nach Erstansicht nur noch unter filmischen Gesichtspunkten betrachten, da fällt einiges auf, was dann in "The Matrix" verfeinert wurde. (7/10)