Neben diversen B-Actionfilmen spielte David Bradley in seiner kurzen Karriere als Genrestar des Videoregals auch in ein paar B-Thrillern mit, die jedoch selten die gewollten Thrills lieferten. Einige davon waren langweilige Routine wie „Lover Level“, andere dagegen grober Unfug wie „White Cargo“.
Hierbei handelt es sich um die einzige Regie- und Drehbucharbeit des Schauspielers Daniel Reardon, dessen größter Erfolg eine kleine Nebenrolle in „Mein linker Fuß“ gewesen sein dürfte. Hier klöppelt er einen wilden Mix aus Cop-Actioner, Film Noir, Gangsterfilm und Erotikthriller zusammen, der auch wirklich jedes Klischee der abgedeckten Genres einzubinden versucht, angefangen bei der Hauptfigur. Joe Hargatay (David Bradley) ist eigentlich reich, da er ein Genie bei Sportwetten ist, hat eine eigene Bar inklusive Wohnung oben drüber, aber ist trotzdem mit seiner Arbeit verheiratet, was seine Ehefrau Janice (Lydie Denier) dereinst in die Flucht schlug. Gleichzeitig beherrscht er die Kunst der Diplomatie, wenn man gegen das Verbrechen nicht ankommt. So hat er etwa mit den lokalen Tongs ausgehandelt, dass die Behörden ihnen nicht andauernd auf die Nüsse gehen, solange sie kein Opium verkaufen. Wenn Joe frustriert ist, sitzt er zu Hause, trinkt etwas und spielt so gedankenverloren E-Gitarre, dass er auch mal wichtige Anrufe verpasst, weshalb Leute draufgehen.
Dieser Typ jedenfalls soll wohl ein kantenreicher Kerl sein, der die Unterwelt navigieren kann und sich in der rechtlichen Grauzone bewegt, wenn er mit klassischen Cop-Methoden nicht weiterkommt, wirkt aber nur wie ein alberner Gernegroß. Als ein Killer umgeht, der Models mit Dartpfeilen erledigt, gibt es natürlich nur einen, der den Fall lösen kann, nämlich Joe. Dabei merkt man, dass „White Cargo“ in der unmittelbaren Post-„Basic Instinct“-Ära gedreht wurde, denn es geht hier um Fetisch-Nachtclubs, Sexpartys mit Models für dekadenten Reiche und wild durch die Gegend pimpernde Modefotographen, allerdings nicht wie viele andere B-Filme expliziter, sondern deutlich zahmer als die Hollywood-Konkurrenz der „Basic Instinct“-Plagiate („Sliver“, „Jade“ usw.).
Als Joe auffällt, dass die Mordopfer Spuren Opium im Blut hatten, horcht er bei den Tongs sowie der örtlichen Mafiafamilie nach. Und er kommt seiner Ex-Frau wieder näher, die jedoch einen Job bei der Modelagentur von Alexia (Shannon Tweed) annimmt, aus deren Umfeld die Opfer stammten…
„White Cargo“ ist ein Desaster sondergleich, das zwar Versatzstücke und Klischees aus zig Vorbildern klaut, diese aber so unzusammenhängend zusammenbastelt, dass nichts mehr Sinn macht. Ein Mafiaboss erwähnt ein mögliches uneheliches Kind, das nie wieder eine Rolle spielt. Die Tongs bestrafen einen Verräter in ihrer Mitte, ein anderer kann sein Engagement in der Opium-Intrige verbergen, taucht danach aber nie wieder wirklich in dem Film auf. Der Plotstrang um die Politiker-Sexpartys wirkt erst wie eine wichtige Sache, erscheint am Ende aber doch nur nebensächlich, denn die Hauptintrige war wohl der Drogenhandel. Die Model-Morde haben im Endeffekt nichts mit allen anderen Verbrechen in dem Film zu und das Motiv des Killers trifft auch nur auf seine letzten, aber nicht auf seine ersten Opfer zu, sodass dieser Plotstrang letztendlich vollkommen gaga ist. Noch dazu wird er erst nach dem Showdown nebenbei aufgelöst, wobei jedem nicht ganz weggedämmerten Zuschauer schon ab der Filmmitte klar ist, wer da wohl die Models als Dartscheibe benutzt hat, denn eine bestimmte Figur zeigt zu dem Zeitpunkt ausreichend neurotisches Verhalten.
Einzige Konstante in dem Ganzen ist Supercop Joe, dessen einzige Ermittlungstaktik darin besteht jeden zu beschuldigen und anzumeckern, bis er oder sie Informationen rausrückt. Zwischen diesen Pseudoermittlungen geht es vor allem darum, dass Joe ein geiler Hengst ist, der einen schicken Sportwagen fährt, jeden umhauen kann, der ihm querkommt, und der jede Frau in diesem Film haben könnte, aber manchmal sogar nein sagt, weil er ja noch so dolle an seiner Ex-Frau hängt. Was mit der im Laufe des Films passiert, kann sich übrigens jeder denken, der in seinem Leben schon mehr als drei Thriller gesehen hat.
Dabei wechselt der Film mehrmals das Genre: Manchmal ist eine Art Neo Noir mit Sleaze-Elementen, dann eher ein rauer Gangsterfilm, wenn Verräter unter den Gaunern eine Exekutionswelle unter ihren ehemaligen Chefs veranstalten. Und am Ende wird das Ganze zumindest für den Showdown ein reinrassiger B-Actionfilm, wenn sich Joe mit zwei Verbündeten durch die Reihen der kriminellen Elemente ballert, die für diverse Untaten verantwortlich sind. Einer seiner Helfer ist sein Barmann Zeno (Tommy ‘Tiny‘ Lister), der den ganzen Film über Drinks ausschenkt, aber dann am Ende als deus ex machina seinem Chef den Hintern rettet, ohne dass sein Auftauchen einen Sinn hätte oder mit Jo abgestimmt gewesen wäre. Zuvor gibt es auch noch zwei Kampfszenen, in denen Joe wahlweise Tong- oder Mafiahandlangern beweist, dass er ein Martial-Arts-Ass ist. Dummerweise sind sämtliche Actionparts reichlich amateurhaft inszeniert, choreographiert und montiert, dass man manchmal gar nicht weiß, wer sich gerade wo im Raum befindet oder wer jetzt genau auf wen schießt. Da helfen auch ein paar dicke Explosionen und einige derbe blutige Einschüsse nicht viel weiter, denn die Action ist ein unübersichtliches Kuddelmuddel, in dem wichtige Schurkenfiguren ebenso beiläufig abgeknallt werden wie nebensächliche Handlanger. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass eben auch Actionszenen ihre eigene Dramaturgie haben müssen.
So sehr die Regie es auch versaubeutelt, sie kann immerhin nicht verbergen, dass David Bradley gut austeilen kann. Mit dem Schauspielern sieht es da schon weniger gut aus, aber immerhin liefert der B-Star eine ganz routinierte Performance als wandelndes Cop-Klischee ab. Shannon Tweed müht sich mit ihrer Rolle ab, bei welcher noch nicht einmal das Script weiß, ob sie nun eine berechnende Bitch oder eine zupackende Geschäftsfrau sein soll. Tommy ‘Tiny‘ Lister ist eh nur in wenigen Szenen dabei, der Rest meist eher chargierenden Besetzung kaum der Rede wert. Einzige Ausnahme: Kevin Quigley. Der overactet sich zwar auch einen Wolf, aber seine passend Greasy getaufte Figur ist ein schmieriger Fotograph, der den Film zwar auch nicht weiterbringt, den Quigley aber so launig als windiges Wiesel spielt, dass er immerhin eine Bereicherung für „White Cargo“ ist.
Doch ein paar Quigley-Auftritte sowie eine gehörige Portion suboptimal inszenierter Action machen den Braten dann auch nicht mehr fett: „White Cargo“ basiert auf einen Chaos-Script, dessen Einzelteile und Szenen keinen Bezug zueinander haben, das oft keinen Sinn macht und einfach wahllos Elemente irgendwelcher Vorbilder aus verschiedensten Genres einbaut. Quatsch von vorne bis hinten, dem höchstens zwar zugutehalten kann, dass totaler Unfug etwas unterhaltsamer als stromlinienförmige Langeweile ist.