Der Tanzfilm hat eine lange Tradition im Kino und hat auch heute noch eine große Anhängerschaft. Wobei moderne Genre-Beiträge zumeist großer Murks sind (siehe „Save the Last Dance“ oder „Honey“) hörte sich die Story von „Dance!“ in meinen Ohren nicht gerade prickelnd an. Antonio Banderas als Latino-„D!“ der ganz in „Dangerous Minds“-Tradition perspektivlosen Ghetto-Kids Gesellschaftstanz und Disziplin beibringen will?
Ein großes Problem in der Handlung ist die mangelnde Erklärung für die Intention von Banderas Charakter. Pierre Dulaine beobachtet die Demolierung des Autos der Direktorin durch einen ihrer Schüler und stellt sich daraufhin vor um an der Ghetto-Schule Unterricht in Gesellschaftstänzen zu fördern. Warum sich der High Society Tanzlehrer plötzlich sozial engagiert bleibt relativ unklar.
Trotz des realen Vorbildes für die Hauptfigur handelt es sich nicht um ein Bio-Pic, im Gegenteil: Die Geschichte um die Person Dulaine wird nicht erzählt und inwiefern man sich bei der Story an die Fakten hielt vermag ich nicht zu beurteilen. Der Handlungsverlauf ist jedoch höchst konventionell und stets vorhersehbar. Dass ein Tanzfilm aber nicht unbedingt mit einer hervorragenden Dramaturgie glänzen muss um unterhalten zu können, dürfte klar sein und bestätigt sich im Falle von „Dance!“ einmal mehr.
Langweilig wird es tatsächlich nicht, auch wenn einige obligatorische emotionale Sequenzen ein wenig das Tempo rausnehmen. In Untiefen wie die Gurke „Dangerous Minds“ rutscht „Dance“ niemals ab, vor allem weil die meiste Zeit ein überaus lockerer und entspannter Grundton vorherrscht. Ein wenig aufgesetzte Gesellschaftskritik und klischeebehaftete Konflikte vermiesen zwar ein wenig die Laune, die motivierten und allesamt ziemlich begabten Schauspieler machen diesen Schwachpunkt aber wieder wett.
Besonders hervor zu heben ist natürlich Antonio Banderas, der sich schon zu Beginn als absolute Bestbesetzung zeigt. Er verleiht dem Charakter Dulaine jenen Charme und die nötige Tiefe, die das Drehbuch leider verpasst hat. Banderas hat sichtlich Spaß an seiner Rolle und geht dementsprechend auf,
Regisseurin Liz Friedlander setzt ihre langjährige Erfahrung als Musikvideo-Regisseurin (sie arbeitete unter anderem mit Blink 182, Celine Dion und R.E.M. zusammen) gekonnt ein und beweist eine überraschend routinierte Hand. Ihre Inszenierung wirkt stets straff und setzt sich schon ein wenig ab von den üblichen seelenlosen Produkten ehemaliger Musikclip-Regisseure.
„Dance!“ war kein kommerzieller Erfolg im Kino und ist doch weit besser als die meisten anderen modernen Tanzfilme und weit weg vom Bodensatz wie „Dirty Dancing 2“. Durch inhaltliche Schwächen und sehr schablonenhafte Charaktere verkommt der optisch ansprechende Film aber doch wieder zum blanken Durchschnittsfilm.
Dies äußert sich merklich an den schwach gezeichneten Nebencharakteren und dem aufgesetzten Kitsch in einigen Dialogen. Glücklicherweise bieten sich aber auch viele charmant-lustige Szenen, in denen der Film weitaus besser funktioniert, als wenn er versucht ein Sozial-Drama zu sein.
Der Soundtrack bietet viel Abwechslung, das gleiche gilt für die Tanz-Szenen. Neben verschiedenen Gesellschaftstänzen (inklusive einer heißblütigen Tango-Vorstellung) zeigen die Kids ebenfalls was sie drauf haben und repräsentieren aktuellere Tänze zu Black Music. Die facettenreiche Musik ist ein großer Pluspunkt und hier dürfte jeder was finden was ihm gefällt. Darüber hinaus sind sämtliche Szenen erstklassig getanzt und können im Genre sehr gut mithalten.
Fazit: Für Fans des Genres sicher eine klare Empfehlung, gut choreographierte Tanz-Szenen und starke Darsteller garantieren einen unterhaltsamen und durchaus sehenswerten Film, von dem aber nicht wirklich viel haften bleibt. Warum man den Original-Titel „Take the Lead“ einfach durch den nichts Sagenden „Dance!“ ersetzt wurde bleibt mir ein Rätsel, unattraktiver kann ein Filmtitel doch kaum klingen…
05 / 10