Brutalo-Filme mit kritischer Message werden von Gorefans häufig vorschnell zum Meisterwerk erkoren, obwohl das Werk an sich weder kontrovers noch inszenatorisch besonders reizvoll ist. Mit “Battle Royale” verhält es sich zum Glück anders, da ist bereits die Thematik in höchstem Maße interessant:
In einer nicht allzu fernen Zukunft geht es mit der japanischen Wirtschaft den Bach runter, eine Arbeitslosenquote von 15% spricht für sich, weshalb die Gewalt unter Schülern mangels Zukunftsaussichten drastisch zunimmt. Zur Eindämmung beschließt der Staat fortan, dass eine zufällig ausgewählte Schulklasse jedes Jahr an einem makabren Spiel teilnehmen muss: Alle Jugendlichen bekämpfen sich auf einer abgelegenen Insel solange, bis ein Überlebender gefunden ist. Lebt zum Schluss mehr als einer, müssen alle sterben.
Eine äußerst fiese Utopie, die Kinji Fukasaku da entworfen hat. Anders als häufig angenommen, will “Battle Royale” allerdings gar keine Kritik am staatlichen Wesen äußern, obwohl das natürlich mit in den Inhalt verpackt ist, sondern ist vielmehr als Charakterstudie im Extremfall zu sehen. Zwar gibt es immer wieder mal mehr Seitenhiebe auf die Erwachsenenwelt, aufs Schulsystem, sowie die daraus wachsende Gewalt auch Lehrern gegenüber und sogar Anspielungen auf den Nationalsozialismus, doch im Großen und Ganzen interessiert hier nur eine Frage: Wie verhalten sich junge Leute, die kaum eine Überlebenschance haben, unter Gleichgesinnten?
Das beantwortet der Film anhand zahlreicher unterschiedlicher Charaktere, von denen man die meisten erst kennen lernt, als sie schon mitten im Kampf stecken, sei es durch Rückblenden oder durch ihre verschiedenen Verhaltensweisen. Jeder geht anders mit der Extremsituation um, so mancher Sympathieträger wird zur Hassfigur und umgekehrt. Die einen stecken bereits im Vorneherein auf und begehen Selbstmord, die anderen wiederum raufen sich in Grüppchen zusammen und versuchen, das beste aus der Situation zu machen, manche probieren als Einzelkämpfer ihr Glück, so wie ein Beteiligter, der nur spaßeshalber mit von der Partie ist und die mit Abstand größte Leinwandpräsenz innehat.
Das Dezimierungsverfahren wird bereits bei der Besprechung durch den eigenen Lehrer (erneut mit stoisch ruhiger Mine überzeugend: Takeshi Kitano) eingeleitet und geht rasant vonstatten. Zimperlich geht es nicht zu, “Battle Royale” hält schonungslos drauf und präsentiert sich phasenweise verdammt zynisch bis makaber, etwa wenn jeden Tag die Namen der Toten per Mikrofon durchgegeben werden. Zwar ergeht es den sympathischen Figuren meist nicht so schlimm wie den durchtriebenen, aber an manchen Stellen ist der Film eine äußerst bittere Pille, weil man mit ansehen muss, wie ausweglos das Ganze für die Schüler ist und wie panisch manche reagieren. Meisterhaft ist in diesem Punkt die Szene im Leuchtturm, als sich aus einer völlig unscheinbaren Situation ein Blutbad entwickelt.
Inszenatorisch voll auf der Höhe der Zeit, ist “Battle Royale”, abgesehen von wenigen zu gefühlsduselig geratenen Sequenzen, durchweg spannend und aufgrund des Inhalts äußerst mitreißend. Man kann nur hoffen, dass die deutschen Zensurbehörden das auch so sehen und keine drohende bundesweite Beschlagnahmung aussprechen. Das wäre schade, denn jeder der starke Nerven besitzt, sollte “Battle Royale” gesehen haben, da sich solch kompromisslose und diskussionswürdige Werke rar machen.