Japan ist wirtschaftlich dem Untergang geweiht, die Arbeitslosigkeit steigt und die liebe Jugend wird zunehmend rebellischer, geht nicht mehr zur Schule und hört nicht auf die Lehrer. Aus diesem Grund verabschiedet die Regierung ein Gesetz, wonach einmal im Jahr eine Schulklasse ausgewählt wird, die an einem Battle Royale teilnimmt. Die Regeln dieses Wettbewerbs sind brutal einfach: Drei Tage lang kämpft auf einer einsamen Insel jeder gegen jeden bis es einen Sieger gibt, den letzten Überlebenden.
„Battle Royale“ wird häufig zu den Kultfilmen des Actionkinos bzw. des asiatischen Films gezählt und befindet sich auch in dieser Filmdatenbank auf einem der vorderen Plätze. Kritisiert wurde der japanische Film aber unter anderem als menschenverachtendes Machwerk, was auch der Grund dafür sein dürfte, dass „Battle Royale“ in Deutschland indiziert ist. Vollkommen berechtigt ist aber beides nicht, da es sich bei „Battle Royale“ weder um ein bahnbrechendes Meisterwerk, noch um menschenverachtenden Schund handelt, sondern - ganz einfach - um einen sehr ordentlichen Actionfilm.
Dass „Battle Royale“ stellenweise menschenverachtende Tendenzen aufweist lässt sich aber nicht vollständig von der Hand weisen. Dieser Kritik muss sich der japanische Actionfilm genauso stellen wie etwa „Die Tribute von Panem“, der ja nach vergleichbarem Muster gestrickt ist. Immerhin ist die Grundidee denkbar einfach: Die Jugendlichen landen auf einer einsamen Insel, bekommen eine kurze Einführung in das Spiel durch einen ehemaligen Lehrer, werden mit verschiedenen Utensilien bewaffnet und sollen dann aufeinander losgehen. Leben am Ende des dritten Tages noch mehrere von ihnen, sterben alle. Dafür ist gesorgt, weil sie eine Kette mit Sprengstoff um den Hals tragen, die jederzeit gezündet werden kann. Der Regisseur Kinji Fukasaku hat beteuert mit der Story Bezug auf eigene Kriegserlebnisse zu nehmen, was aber so weit hergeholt ist, dass selbst der eingeweihte Zuschauer den Film nur schwerlich als Kriegsparabel zu deuten vermag. Bei „Battle Royale“ sind eher zwei andere Aspekte interessant. Zum einen hat das morbide Spiel, bei dem jeder gegen jeden kämpft, einen klaren Bezug zur japanischen Gesellschaft mit ihrem überzogenen Leistungsdenken, einer Gesellschaft, in der sich mittlerweile, genauso wie im Film, jeder selbst der Nächste ist, in der Mitleid und Zusammenhalt nicht selten als Schwächen betrachtet werden. Zum anderen sind die Überlebensstrategien der Beteiligten bzw. ihre Reaktionen auf das tödliche Spiel sehr interessant.
Einige Schüler beginnen in ihrer Panik früh damit, auf die anderen loszugehen, legen sämtliche Skrupel direkt ab, es befindet sich sogar ein freiwilliger Teilnehmer auf der Insel, der sichtlich Freude am Töten hat und schnell für einen hohen Bodycount sorgt. Andere Schüler resignieren, verstecken sich oder setzen ihrem Leben selbst ein Ende und nutzen damit die einzige Möglichkeit, dem tödlichen Spiel zu entfliehen. Da die Schüler den Tod vor Augen haben, kommt es auch zu unerwarteten Liebesgeständnissen zwischen Schülern, die vorher nicht allzu viel miteinander zu tun hatten, genauso aber auch zu Misstrauen, Mord und Totschlag zwischen Freunden und innerhalb einzelner Cliquen, während wieder andere zusammenarbeiten und die Spielleiter auszutricksen versuchen. Auf der Insel entwickelt sich also eine große soziale Dynamik mit sehr interessanten Konstellationen. Die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Teilnehmer beim mörderischen Spiel sind aber auch deshalb sehr interessant, weil man sich als Zuschauer zwangsläufig fragen muss, wie man wohl selbst handeln würde. Unter diesem Aspekt ist die große Teilnehmerzahl beim Spiel, die die Anzahl der Tribute von Panem deutlich übersteigt, durchaus sinnvoll, weil sehr viele unterschiedliche Gruppen und Charaktere thematisiert werden können. Gleichzeitig ist sie aber auch eine der größten Schwächen des Films, weil es einfach zu viele Protagonisten sind, als dass man mit ihnen wirklich mitfiebern könnte. Fukasaku versucht zwar, den Fokus auf bestimmte Schüler zu richten, es gelingt ihm dennoch nicht, einzelne Charaktere wirklich zu vertiefen. Ebenso enttäuschend ist der schwache Abgang des Films, dessen Tempo am Ende unnötigerweise gedrosselt wird, weil sich Fukasaku noch einmal näher mit dem Leiter des Todesspiels, einem ehemaligen Lehrer der Klasse, beschäftigen möchte.
Inszenatorisch gibt es dabei nicht allzu viel Grund zur Beschwerde. „Battle Royale“ ist insgesamt zügig erzählt und kommt anfangs schnell zur Sache, sodass permanent für einen guten Unterhaltungswert gesorgt ist. Auch der Ort des Geschehens, die einsame Insel, die dann aber doch einige Rückzugsorte bietet, ist gut ausgewählt, da sich das Geschehen so auf einen überschaubaren Raum konzentriert. Weil es jeden Beteiligten im Grunde jederzeit erwischen kann, gelingt es Fukasaku dabei über weite Strecken, eine gespannte Atmosphäre zu erzeugen, die auch von den mitunter sehr brutalen Tötungen lebt. Die Action-Szenen sind teilweise sehr drastisch und nicht leicht zu ertragen, dem Thema aber sicherlich angemessen. Außerdem wird der Einsatz gewalttätiger Mittel durch die Teilnehmer durchaus kritisch reflektiert. Man sieht den Action-Sequenzen aber leider auch an, dass Fukasaku kein allzu hohes Budget zur Verfügung stand, so sehen viele eindeutig gestellt aus und auch die Stunts lassen teilweise zu wünschen übrig. Hinterlegt wird das mörderische Treiben, bei dem nach und nach jedes zivilisierte Verhalten abgelegt wird, von klassischer Musik, mit der Fukasaku das Geschehen sehr krass kontrastiert. Das hebt den Film von anderen Genrevertretern ab und sorgt für eine eigene Note.
Neben dem schwachen Ende hat „Battle Royale“ aber noch einige weitere Schwächen, die nicht allein auf das kleine Budget zurückzuführen sind. So ist vor allem der Humor der Macher sehr gewöhnungsbedürftig. Besonders das sichtlich heitere Einführungsvideo zum Battle Royale, das den Kandidaten anfangs vorgespielt wird und wie der Auftakt zu einer japanischen Gameshow wirkt, erscheint zunächst unpassend und zieht das dann Folgende ein wenig ins Lächerliche. Und auch die lockeren Sprüche, die der Lehrer bei seinen regelmäßigen Durchsagen zum Verlauf des Spiels äußert, wirken etwas deplatziert und sind darüber hinaus nicht wirklich amüsant. Schauspielerisch werden dabei insbesondere von den jungen Darstellern mitunter durchwachsene Leistungen geboten, wobei der versierte japanische Charakterdarsteller Takeshi Kitano in der Rolle des ausgebrannten, sadistischen Lehrers positiv heraussticht. Schließlich wäre noch die mäßige deutsche Synchronisation anzumerken.
Fazit:
„Battle Royale“ ist kein Meister-, aber auch kein Machwerk. Das titelgebende Todesspiel wird durchaus kritisch hinterfragt und ist eine gelungene Parabel zur japanischen Ellenbogen-Gesellschaft mit ihrem brutalen Leistungsdenken. Der japanische Actionfilm unterhält bis zum schwachen Ende über weite Strecken sehr gut, wobei der Zuschauer sich permanent selbst fragen muss, wie er in einer solchen Situation handeln würde. Die interessante Konstellation, die soziale Dynamik auf der Insel und die dichte Atmosphäre sorgen dabei durchaus für Spannung, wenngleich inszenatorisch und darstellerisch, auch aufgrund des niedrigen Budgets, noch Luft nach oben gewesen wäre.
75 %