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Aus dem fernen Osten kommen bekanntlich die verrücktesten Beiträge der Filmwelt. So besitzt auch "Battle Royale - Nur einer kann überleben" aus Japan eine mehr als fragwürdige Idee: Auf einer Insel muss sich eine willkürlich ausgesuchte Schulklasse bis auf den letzten Überlebenden gegenseitig bekämpfen - zumindest sollte sie das, weil sonst alle sterben müssen...

In einem fiktiven Japan der nahen Zukunft ist die gesellschaftliche Entwicklung der Jugend Schuld daran, dass die Regierung auf solche makaberen, gesetzlich gefestigten Maßnahmen baut. Schwänzen steht auf der Tagesordnung, die Schüler sind respektlos und kriminell - Rechtfertigung für ein so brutales und inhumanes Vorgehen? Das darf hier gewiss hinterfragt werden. Egal wie die Antwort auch lauten mag, "Battle Royale" präsentiert ohne Zweifel ein sehr gewagtes Experiment. Ob sich dahinter nun Gesellschaftskritik verbirgt, ist daher eine schwierige Frage. Sicher ist sie, gerade die undisziplinierte und unhöfliche Jugend der neuen Generation ansprechend, in einem gewissen Maße vorhanden. Allerdings nicht ganz von der Hand zu weisen ist zumindest nach dem Beginn die fehlende intensivere Auseinandersetzung speziell mit dieser Thematik.

Interessant bleibt die prekäre Idee aber trotzdem jederzeit; ist hier doch auch irgendwo der Darwinismus mit seinem Kampf ums Dasein und das Prinzip des Naturzustandes von Thomas Hobbes involviert. So funktioniert "Battle Royale" ebenfalls als Experiment, das darlegt, wie es ohne Gesetze, ohne Staat zugehen könnte; nur das hier der Überlebensdruck immens verstärkt ist. Prinzipiell müsste es unter diesen verschärften Bedingungen keine Moral mehr geben und doch appelliert sie noch an einige Schüler, dass man hier Unrechtes tut, obwohl es eigentlich rechtens ist - oder vielleicht doch nicht? Diese Extrembedingungen führen auch zu einem Herausbilden von verschiedenen Verhaltenseigenschaften eines jeden Individuums. So kann der Tod eines Protagonisten ein aus der Notwehr hervorgegangener Totschlag, aber auch ein perfider Mord sein.

Die einen versuchen ohne zu Töten einen Ausweg aus der Situation zu finden. Andere benutzen ebenfalls ihre Intelligenz, jedoch mit dem Ziel, einen Schulkameraden hinterrücks und hinterlistig ins Jenseits zu befördern. Andere wiederum zerbrechen bereits an der ausweglosen Lage selbst und begehen Selbstmord. Dann gibt es auch die zunächst nur von Egoismus und Überlebenswillen Gesteuerten, die später Gefallen am Morden finden und nur ihrem reinen Tötungstrieb nachgehen. Sogar ein Freiwilliger aus purem Spaß an der Freud ist dabei. Viel Zeit für feine Charakterzeichnungen und überdurchschnittliche schauspielerische Darbietungen bleibt zwar nicht, trotzdem sind aber alle möglichen Verhaltensweisen vertreten, sodass wir mit einer von ihnen eine Identifikation finden müssten. Von dem Druck der Situation nicht direkt betroffen, bleibt der Organisator des Battle Royale und ehemalige Lehrer Kitano ein kleines Mysterium. Er zeigt sich zwar in einer Szene symbolisch für Shuya und Noriko, die wir als Hauptprotagonisten vorwiegend begleiten, würde ihren Tod jedoch auch nicht beweinen. Seine schlimme Vergangenheit als Lehrer deutet sich zwar an, aber trotzdem stellt sich die Frage, was dieser Mann alles erlebt haben muss, dass er ein so verbitterter Mensch wurde.

Nun stehen diese ganzen Komponenten allerdings nicht so sehr im Vordergrund, wie dem einen oder anderen vielleicht lieb gewesen wäre. Stattdessen konzentriert sich doch leider sehr viel auf das gegenseitige Abschlachten. Es gibt kaum Szenen, die nicht mit dem Tod irgendeines Protagonisten enden. Und sollte dies einmal nicht der Fall sein, so wird es später mit dem Ableben von gleich mehreren Schülern ausgeglichen. Das Töten wurde von Regisseur Kinji Fukasaku brutal und handwerklich gut inszeniert, besitzt aber ein ums andere Mal zu sehr nur Unterhaltungsaspekte. Das Sterben ist zudem teilweise unfreiwillig komisch: Ein paar nuschelnde Worte zum Abschied, dann die Augen zu und mechanisch kippt der Kopf schließlich immer zur Seite. Positiv zu vermerken bleibt allerdings die Wahl der Kulisse und der grauen, grünen Farbtöne, die den existenzialen Kampf in trister Atmosphäre einfangen.

"Battle Royale" ist außergewöhnlich, sentimental, kontrovers, brutal, makaber, experimentell, grotesk, unterhaltend und extrem zugleich - viele Eigenschaften, jedoch nicht alle gleichmäßig gewichtet. Die Gesellschaftskritik ist ebenfalls vorhanden, kommt allerdings ein wenig zu kurz und hätte gerade zum Ende hin noch einmal stärker aufgegriffen werden können. (8+/10 Punkten)

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