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"Und dabei geht es nur darum, dass ihr euch gegenseitig umbringt."

In naher Zukunft ist die Wirtschaft in Japan zusammengebrochen. Die Arbeitslosigkeit wächst dramatisch, während die Erwachsenen den Optimismus längst verloren haben. Diese Stimmung schlägt sich auf die Kinder und Jugendlichen nieder, die wiederum keine Perspektive sehen. Der Respekt gegenüber den Erwachsenen schwindet. Viele boykottieren das Schulsystem und hängen auf den Straßen herum. Um der Lage wieder Herr zu werden, beschließt die Regierung ein neuartiges Konzept: Das Battle Royal Programm.
Shuya (Tatsuya Fujiwara) und seine Freundin Noriko (Aki Maeda) sind auf einer Klassenfahrt, als sie plötzlich alle ohnmächtig werden. Sie erwachen auf einer verlassenen Insel, umringt vom Militär. Ihr Lehrer Kitano (Takeshi Kitano) klärt sie darüber auf, dass sie Teil des Battle Royale Programms sind. Die Schüler haben drei Tage lang Zeit sich gegenseitig zu töten, bis nur noch einer lebt. Falls bis zum Ablauf der Frist kein Gewinner feststeht oder sie sich in eine zufällig ausgewählte Gefahrenzone begeben, detonieren die Halsbänder, die jeder der Schüler angelegt bekommen hat. Zum überleben und ihrer Verteidigung erhalten sie einen Vorrat an Wasser, Lebensmitteln und einer zufälligen Waffe.

Was wäre, wenn man um sein eigenes Überleben sichern zu können, seinen besten Freund umbringen müsste? Wäre man dazu fähig? "Battle Royale" stellt nicht nur mehrfach diese Fragen. Es geht ebenso um eine gescheiterte Vorbildfunktion der Erwachsenen gegenüber den Kindern und Jugendlichen, die in einer Gesellschaft am wirtschaftlichen Abgrund vollkommen erschüttert ist. Daher übernimmt die Regierungsinstanz die Erziehung auf eine sehr drastische Art und Weise.
Keine Frage, "Battle Royal" thematisiert eine Extremsituation und nimmt durch die nicht gerade zimperliche Darstellung eine kontroverse Position ein. Doch der Kampf zwischen Schülern ist viel mehr als ein sinnloses Splatter-Werk. Es ist eine Gesellschaftsstudie über den inneren Kampf von richtig oder falsch, sowie der Frage nach dem bevorstehenden Tod.

Kinji Fukasaku reißt in "Battle Royal" viele philosophische und sozialkritische Fragen an, überlässt jedoch dem Zuschauer, was er aus dem Film mitnimmt. Die Handlung steigt recht schnell ins eigentliche Geschehen ein und verzichtet zunächst auf konkrete Charakterzeichnungen. Eine Menge passiert hier auf subtiler Ebene. Der Film erarbeitet sich Charaktere durch Schauplatz und Situation. Gleich einem Experiment entwickeln sich die Figuren und erarbeiten sich eine Position im vorgegebenen Szenario.
Die einen wachsen über sich hinaus, indem sie versuchen sich und ihre besten Freunde zu retten, obwohl eigentlich klar ist dass die Situation ausweglos ist. Andere versuchen einen Weg zu finden das System zu überlisten und schließen sich in Gruppen zusammen. Dann gibt es natürlich noch die Einzelgänger, die aufgrund des immensen Drucks durchdrehen und sofort mit dem Töten anfangen. Andere wiederum werden mit der Situation nicht fertig und begehen Selbstmord.

Natürlich gibt eine Handlung, die in diesem Falle das Töten der Mitschüler in den Vordergrund setzt, nicht sonderlich viel her. Und ohne Kitsch und Klischees gehts ebensowenig. "Battle Royal" will allerdings keine große Geschichte erzählen, sondern das Töten und die darauf folgenden Emotionen den Zuschauer hautnah miterleben lassen. Und hier geht Fukasaku's Werk den richtigen Weg.
Durch den vielfachen Einsatz klassischer Musikstücke passt sich die Inszenierung dem kontroversen Thema an und wirkt so noch verstörender und beklemmender. Die Gewaltspitzen sind nicht nur optisch sehr detailliert ausgefallen, sondern werden mittels Texttafeln zusätzlich auf makabere Weise zelebriert. Denn in diesen steht wer bereits gestorben ist und wie viele Personen das Spiel noch weiter spielen.

Wie bei B-Movies üblich enthält auch "Battle Royal" eine trashige, leicht überzogene Stimmung. Dies ist nicht nur durch den japanischen Stil, sondern auch durch die Darsteller spürbar. Zweckmäßig sind sie alle, wirklich überzeugen kann aber nur Takeshi Kitano ("Vernetzt - Johnny Mnemonic"), der einzig erfahrene Charakterdarsteller des Films. Interessanter Fakt am Rande: Chiaki Kuriyama hat hier eine Nebenrolle und wurde später von Quentin Tarantino für die Figur Gogo in "Kill Bill" besetzt.

Mit einem provokanten Thema zieht "Battle Royale" Aufmerksamkeit auf sich. Trotz viel optisch eindrucksvoll dargestellter Brutalität ist der Film allerdings kein plumpes Gewaltepos, obwohl die Handlung sehr geradlinig ist. Unerwartet tiefgründig und mit viel Freiraum für Interpretationen stellt "Battle Royale" Fragen um Freundschaft, Treue, ungewisser Zukunft und Gewaltbereitschaft, die größtenteils auf subtiler Ebene aufgenommen und bewertet werden. Und das zu einer klassischen Musikuntermalung, die kaum kontroverser zu den gezeigten Bildern stehen könnten.

9 / 10

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