Das asiatische Kino war schon immer für saftige Überraschungen gut, aber während der Hongkong-Film seine Höhenflügen von den 70er bis in die 90er Jahre feierte, wurde es zeitlich etwas ruhiger um dieses beliebte Genre. Doch heutzutage kommen die Blockbuster aus Korea - oder dem guten alten Japan. Dort gibt es derart talentierte Filmemacher, die halb Hollywood in die Tasche stecken könnten, doch der Mann, von dessem Meisterwerk wir alle ein Loblied singen können, ist kein heißer Newcomer wie Takashi Miike ("Graveyard of Honor" , "Full Metal Yakuza") , sondern ein Veteran des Action-Kinos: Kinji Fukasaku, der im Westen am bekanntesten dadurch wurde, dass er die japanischen Szenen von "Tora! Tora! Tora!" inszenierte.
Doch nun hat der Altmeister mit sicherer Hand einen Film inszeniert, der ganz Japan in Aufregung versetzte (und dort wird selten von einem Verbot gesprochen!). "Battle Royale" basiert auf dem Bestseller Roman von Koshun Takami. Der im Buch detailliert ausgearbeitete gesellschaftliche Hintergrund wird im Film naturgemäß auf ein geringeres Maß zurechtgestutzt und so wird aus dem Alternativjapan die nahe Zukunft. Das Augenmerk liegt konsequenterweise auf den Handlungen, der Action - aber die ist hochexplosiv! Der Battle Royale ist nämlich ein hundsgemeiner Überlebenskampf, dem eine ausgewählte Schulklasse ausgesetzt wird. Besagte 30-40 Schüler (bezeichnederweise im 9., also letzten Grad) wähnen sich auf einer harmlosen Klassenfahrt, bis sie auf mysteriöse Weise eingeschläfert werden. Sie erwachen mit Metallbändern um den Hals, durch die sie jederzeit zur Explosion gebracht werden können, und erfahren von ihrem Lehrer (der "Violent Cop" Takeshi Kitano als Idealbesetzung), dass sie sich auf einer abgeriegelten Insel befinden, gleich jeder eine Waffe bekommt und sie sich innerhalb von 72 Stunden gegenseitig massakrieren müssen, denn nur einer kann überleben. Der Rest ist unnötiger Ballast für eine Gesellschaft, die ohnehin kurz vorm Kollaps steht.
Das müssen die Schüler, die sehr geschickt charakterisiert werden, damit man in der Menge einigermaßen den Überblick bewahren kann, erstmal kräftig schlucken. Manche lehnen sich auf und werden prompt demonstrativ von Kitano abserviert. Dann geht es hinaus in die Wildnis.
Was nun folgt, ist pure Provokation: Teenager, die sich gegenseitig umbringen. Aber Battle Royale ist keine plumpe Schlachtplatte. Der Film ist sehr brutal, doch er suhlt sich weder in Grausamkeiten, noch ästhetiert er sie. Vielmehr dient hier alle Brutalität tatsächlich einer Katharsis. Das ist einer dieser Filme, die jedem geistig beweglichen Menschen die Absurdität von Gewalt vor Augen führen und das zeigt dieser Film knallhart : Gewalt zerstört alles.
Die einen töten gleich aus Angst, die anderen aus Rache, ein älterer Schüler gar aus purer Lust. "Battle Royale" zeigt wie unterschiedlich auf diese haarsträubende Zwangssituation reagiert wird. Einige begehen Selbstmord, andere bleiben pazifistisch und werden abgeschossen, wieder andere töten wider Willen usw.
In einer zentralen Szene, die einem hammerharten Schlag in die Magengrube gleichkommt, erleben wir, wie sich eine Idylle friedfertiger Mädchen, die sich in einem Leuchturm zurückgezogen haben, durch einen fatalen Fehler in ein Tollhaus Mörderinnen verwandelt, und das ist absolut nachvollziehbar, was es gerade so erschreckend macht.
Der Schocker zieht natürlich in erster Linie auf das japanische Bildungssystem mit seiner knallharten Auslese bzw. auf die typische japanische Kriegsmoral, dass man nur etwas dazugewinnen kann, indem man einem anderen etwas wegnimmt (hier auch symbolisiert durch die Waffen, die man bei seinen Opfern einsammelt), aber im Prinzip lässt es sich auf jede Kriegssituation übertragen, in der die Gewalt die Kommunikation ersetzt und somit Hass und Tod regieren.
Das Ganze wirkt noch um einiges härter , da es sich um Schüler handelt. Für einige Menschen ist es bestimmt undenkbar, dass jemand einen so extremen Film auf die Leinwand bringen konnte und so liegt das Problem schon auf der Hand: Wer nie gelernt hat, Ironie zu verstehen, Realität und Fiktion zu trennen oder Schlüsse zu ziehen, könnte diesen Film missverstehen. Wer aber ein Hirn besitzt (und ein nicht allzu zartes Gemüt ist), dem sei das Meisterwerk des inzwischen über 70 Jahre alten Fukasaku wärmstens zu empfehlen.
Fazit: "Battle Royale" ist in meinen Augen einer der besten Filme aller Zeiten. Keine Szene wirkt überzogen oder übertrieben, ganz im Gegenteil, vielleicht bereitet uns dieser Zukunftsschocker schon mal mental auf das vor, was vielleicht bald kommen wird. Heutzutage weiß sowieso niemand was mogen kommen kann.