In seiner Heimat ein gemäßigter Box Office Hit, der zwar die Fortsetzung Black Rose II - 97 Legendary La Rose Noire, die Inspiration Rose, Rose I Love You und die bemühte Wiederaufnahme Protégé de la Rose Noire nach sich zog, der enorm präsenten Übermacht Stephen Chows aber nur wenig entgegensetzen konnte und nur kurzfristig weiteres Aufsehen erregte. Im Ausland gar ein weitgehender Niemand, der bis heute von dem vermeintlichen Nimbus des cult favourite zehren kann, ohne damit aber einen wirklichen Ruf, einen ausländischen Veröffentlichungstermin oder gar Massenkreise erreicht zu haben. Zuweilen als "Eine der besten Filmkomödien aus Hongkong überhaupt" bezeichnet stellt sich dies vorschnelle, einseitig lobpreisende Kompliment auch rasch als Trugschluss heraus; eine allzu herbe Enttäuschung wird durch 90min pläsierliche Unterhaltung sicherlich vermieden, aber die grosse Reputation braucht man dem durchwachsenen Werk nicht ans Retro-Kleid zu heften. Regisseur Jeff Lau gelingt dabei aber immerhin eine Reprise der verlorenen Zeit. Die Wiederaufnahme einer populären 60er Jahre Folie. Die Fragen nach der Erinnerung, die Konfrontation mit dem historischen Material und die Transformation in die Gegenwart, aber der eingeflochtene Witz ist doch häufiger nur etwas für spezielle Gemüter. Oder gar nur für Diejenigen, die auch den Bezugstext direkt zuordnen können; denn gerade hierbei ist Intertextualität ein prägnantes Schlüsselwort.
Denn die Komik richtet sich sehr häufig gegen die Vorlage: Chu Yuans pulp crime Black Rose, der dem während der 60er Jahre vorübergehend aussterbenden kantonesischen Kino nochmals einen grossen Erfolg bescherte und mittlerweile nahezu kulturelles Topoi präsentiert. Die Handlung drehte sich um maskierten Verbrechensjäger Chan Mei-yi und Chan Mei-ling; zwei liebreizende Schwestern, die wie weiland Robin Hood, aber in der Aufmachung von Emma Peel die korrupten Reichen bestohlen und es den Armen gegeben haben und nach einer Weile von einem Polizisten in ihrer wahren Identität überführt wurden. Auch hier nimmt das Skript exakt diesen Verlauf, stellt auch genau diese Legende und seine Eigenarten voran - ähnlich handhaben es auch die girls with guns flicks Midnight Angel, Deadly Dream Woman und The Big Deal -, lässt sie aber plötzlich wahr werden:
Die Kinderbuchautorin Butterfly Wong Wu - di [ Maggie Siu ] steht vor den Trümmern ihres Lebens. Die verschüchterte, leicht naive Frau hat ihren Ehemann an Jemand Anderen verloren und bekommt durch ihre unschuldige, zuweilen recht verträumte Schreibweise auch keine Aufträge mehr; ausser die von ihrer Busenfreundin Chow Wai-kuen [ Teresa Mo ], die ihr mit einem Job als Pornoverfasserin aber keinen Gefallen tut. Die Situation verkompliziert sich, als beide Frauen Zeugen eines schiefgegangenen Drogendeals werden und die Toten der Black Rose in die Schuhe schieben; einer Figur ihrer abendlichen Fernsehunterhaltung. Da sie aber ihre Fingerabdrücke am Tatort hinterlassen haben, erregen sie nicht nur Aufsehen des wahren Verbrechers Leung [ Ricky Cheung ], sondern auch des Polizisten Keith Lui [ Tony Leung Ka-fai ] und der beiden Sündenbocke, die tatsächlich existieren.
Die zurückgezogen lebenden Black Rose #1 Yim Fan [ Wong Wan-Si ] und Black Rose #2 Piu Hung [ Petrina Fung ] sind nämlich wenig begeistert, plötzlich wieder in den Schlagzeilen zu stehen und entführen Butterfly Wong und den in sie verliebten Sergeant in ihr Domizil.
Entscheidend ist hier trotz inhaltlicher und stilistischer Ähnlichkeiten weniger der altertümliche Kampf von Gut gegen Böse. Im Vordergrund steht die Reflexion über Zeit und Gedächtnis. Veränderungen im Bewusstsein nehmen neben der Reise durch die Epochen und der Überschneidung unterschiedlicher Sphären einen Grossteil des Plots ein und stellen anhand dieser strukturell gekoppelten Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen auch den dramaturgischen Anteil dar.
Die Vermischung von Gerücht und Wahrheit entwirklicht nicht das Gedenken, sondern dickt es ein. Geschehnisse, die zuvor nur auf dem Fernsehbildschirm passieren, nehmen sich den Anspruch heraus, auch in die reale Welt einzudringen und sie nach und nach zu ihrer eigenen umzuformen. Erst die in der Bildröhre ablaufenden Filme, die per Anschaltknopf konsumiert werden und nur noch als Image-Wertung und Andenken bei der Bevölkerung ihr Dasein fristen. Mit der erfundenen Nachricht am Tatort bekommt man den Einstieg über die Passivität hinaus in die aktive Kommunikation. Die Hülle für digitale Inhalte wird über dieses aktuell geöffnete Fenster der Nostalgie zum Massenphänomen transponiert und verselbständigt sich. Um die so gesteigerte Komplexität der Umwelt zu beenden, blendet man die wahre Gesellschaft alsbald komplett aus und verlagert das Geschehen ins Heim der zwei Black Roses. Die zwar im Hier und Jetzt zu leben scheinen, sich aber offensichtlich von allen neoterischen Anzeichen abgeschottet und die Jahre eher im isolierten Stillstand verbracht haben.
Ihre Wohnung vollständig im antiquarischen Paralleluniversum der 60er und damit mondän statt modern gehalten; auch der inszenatorische Abriss hält sich jetzt eng an die [vermeintliche] Tradition und lässt ungerührt inspirirende Musicalnummern, altmodischen Slapstick und die sonntägliche Matinee im Kabarettkeller aufkommen. Eine Hinführung zu Mythen und Irrationalität, die die Phantasie erwachen, ihr Individualität zugestehen und leise Melancholie durchschimmern lässt. Der Schatten vergessener Ahnen macht sich auf der anfangs klein und karg aussehenden, aber erstaunlich grossflächigen Bühne breit, die von den Ausstattern neben dem Ambiance einer viskos renovierten Altbauwohnung mit vielen Geheimgängen und wundersamen Fallen beglückt wurde. Die biedere Verzauberung der fliederfarbenen Welt ist behutsam anmoderiert und sorgfältig umgesetzt, aber verzichtet neben kleinbürgerlichen Chaos auch beileibe nicht auf laute Witze, plötzliches Tempo und übertriebene Darstellung; die wiederum an das rückwirkend als theatralisch empfundende Spiel der Kindheitshelden erinnert. Vorgetäuschtes Selbstmitleid, gekünstelte Empörung, exzessive Mimiken, unerschwingliche Gesten. Ein Alles geht an stummer Ausdrucksbewegung, dass seine Verstellungsmühen mit einer häufig sonderbaren Sprache noch weiter in die absurde Pointe führt.
Cop Lui redet seltsam nasal, während Yim Fan im Gegenzug mit einer recht herben Stimme ausgestattet ist. Piu Hung verschluckt gar ganze Wörter oder lässt sie in einem übergangsfreien Nebenhersprechen erklingen. Sie sorgt auch für die Erheitung durch Missverständnisse, Sinnlosigkeit und Unlogik; leidet sie doch an zunehmendem Alzheimer und betrachtet die Situationen um sich herum und die Figuren in ihr mit einer ständig ändernden Perspektive, die ihre unfreiwilligen Mitspieler gleichfalls zur Mitwirkung am Rollentausch und der Anpassung am aberwitzigen Circulus vitiosus fordert. Damit verbunden wird noch die Verknüpfung mit den eigenen Gedanken; als Aussenstehender bekommt man öfters Zugang zu den verschrobenen Absichten und wird so in die babylonische Sprachverwirrung einbezogen. Entsprechend gross ist dann auch die Freude am nonsense talking, der Verkleidung, der Heuchelei, Mache und Simulation. Ein sinnfälliger Kunstgriff, der sowohl aus der Erschaffung prekärer Szenerien einen Teilerfolg bezieht und diesen aus der Auflösung heraus noch mit professionellen Kapriolen ergänzen kann. Wirkliche Giganten der Comedykunst trifft man im lila varriierten Holz-Heim allerdings nicht an. Zuweilen taktlos und ohne humoristischem Zartgefühl ausgestattet entsprechen vor allem die Actricen Teresa Mo, Wong Wan-Si und auch die sehr ruhige Maggie Siu nicht dem landläufigen Bajazzo-Ideal und sind auch nicht leger genug, etwaige Plattheiten und Toilettengags in entkrampft-künstlerischer Ausformung zu überspielen.
Einzig Tony Leung entpuppt sich ganz überraschend als Ausnahmetalent. Der durch seine starre Grösse oft unflexibel und zeremoniell auftretende Asket ist sich hierbei für keinen Scherz zu schade und parliert das dargereichte Material ausnahmsweise mit spürbar ausgelassener Spielfreude. Er sprengt den Rahmen der reinen Parodie, die immer die Kenntnis des Originals voraussetzt - was in diesem Fall vor allem für nichtchinesische Zuschauer eben nicht gegeben ist - und beschäftigt sich über die verquere Übersetzung und der Karikatur seiner Bezugsquelle hinaus. Die vorherrschende Unkenntnis, dass Leung eigentlich den damaligen Publikumsliebling Liu Kei symbolisiert, schadet seinem Spiel nicht, da er auch ohne die Farce spezieller Etabliertheiten ein allgemein verständliches und sogar liebevolles Spottbild erschafft.
Die Auszeichnung als Best Actor bei den 12th Annual Hong Kong Film Awards sei ihm also gegönnt. Auch Petrina Fung durfte die Ehre entgegennehmen. Sieben weitere Nominierungen folgten.