Wir leben in einer näheren Zukunft. Große Multis kämpfen mit allen Mitteln um die Vorherrschaft in ihrem Marktsegment. Fox (Christopher Walken) und X (Willem Dafoe) arbeiten als freie Headhunter an der Abwerbung eines führenden Wissenschaftlers von Maas Biotec. Dazu bedienen sie sich der Prostituierten Sandii (Asia Argento). Obwohl zunächst alles glatt läuft, endet die Aktion in einem Fiasko.
Diesem Film liegt eine gleichnamige Kurzgeschichte Gibsons zugrunde. Die ist sogar sehr gut und wird in Form einer Aufarbeitung der Ereignisse von X erzählt, während er im New Rose Hotel festsitzt. Das Ganze hat einen richtig guten Noire-Touch, ist aber eben sehr kurz gehalten. Und hier nimmt das Verhängnis auch seinen Lauf. Die Handlung reicht nämlich definitiv nicht für einen 90min. Film. Während Robert Longo in seinem Johnny Mnemonic, basiert auch auf einer Kurzgeschichte von Gibson, das durch künstlerische Freiheiten in der Handlung auszugleichen versucht, pappt hier Ferrara einfach noch eine knappe halbe Stunde dran, in der Willem Dafoe die Handlung noch einmal Revue passieren lässt und dabei einen möglichst leidenden Ausdruck mimt.
Dabei gibt sich Dafoe sogar noch redlich Mühe. Er stellt hier keineswegs einen Totalausfall dar. Auch Christopher Walken als Fox macht gar keine schlechte Figur. Sein Problem liegt im völligen Fehlen der Motivation seiner Figur. Die hat in der Kurzgeschichte auch nicht wirklich stattgefunden, das Fehlen wird hier jedoch noch ausgewalzt. Zwar fabuliert er viel über den Kick (im Buch ist es das Extra), das erklärt dann jedoch nicht seine völlige Fehleinschätzung Sandiis. Womit wir beim nächsten großen Problem wären, Asia Argento. In Gibsons Geschichte ist Sandii eine geheimnisvolle, hocherotische und professionelle Eurasierin welche X komplett um den Finger wickelt und den Coup scheitern lässt. Mit anderen Worten eine wahre Feme Fatale. Und was bekommt man hier geboten. Eine durchschnittliche 0815-Bitch mit der erotischen Ausstrahlung einer dürren Drew Barrymore, was eher billig denn erotisch wirkt. Offenbar verwechselt Ferrara hier Erotik mit Oben-Ohne- und etwas freizügigeren Bettszenen. Laut den Rückblenden am Ende des Films, hat die ihren Job sogar eher unprofessionell gemacht, womit auch Dafoes Motivation ad absurdum geführt wird. Sicher, Schw…denken ist ein typisches, männliches Problem aber so gut kann die gar nicht im Bett gewesen sein, um die anderen Mankos ausgleichen zu können.
Da der Film nun schon auf der inhaltlichen Ebene versagt, könnten ihn vielleicht noch Schauwerte retten. Die Kurzgeschichte geht gar weiter auf solche Details ein, so dass hier ziemlich viel Platz für Interpretation vorherrscht. Aber auch das wird nicht genutzt. Der Film spielt praktisch nur in austauschbaren Suiten und schnarchigen Rot-Licht-Clubs. O.K. Hotelzimmer sind inzwischen wirklich kaum noch unterscheidbar. Aber was sind das bitte für Clubs? Herr Ferrara sollte mal ´ne Stippvisite am Nana-Plaza einlegen, bevor er solche lahmen Schuppen auf Zelluloid bannt. Allein die Szene in der Asia Argento ins Mikro haucht, ist an Langweiligkeit kaum zu überbieten. Das Einkaufscenter, welches Endpunkt der Fox-Handlung darstellt, wird wohl auch bald aus Kundenmangel geschlossen. Überhaupt bleibt vom Cyberpunk-Universum, in welchem die Kurzgeschichte ja spielt, praktisch nichts übrig, keine technischen Gadgets, keine schrägen Typen, keine Drogen und nur ziemlich dröger Sex. Da sind ja die Betriebsausflüge der Hamburg-Mannheimer näher am Cyberpunk. Action ist auch abwesend, der spielt sich praktisch nur offline ab und wird allenfalls in kurzen, stark verfremdeten Einspielern abgeharkt, wobei ich dass dem Film gar nicht mal so sehr anlaste.
Fazit: Mal von einigen guten Dialogen und zwei Charakterdarstellern, die redlich gegen ein lahmes Drehbuch ankämpfen, abgesehen, hat diese Gibson-Verfilmung kaum was zu bieten. Schade, der Stoff hat durchaus Potenzial, wenn man ihn etwas freier interpretiert.3/10