„Das ZDF nimmt sich dem Drama von Dresden an und liefert eine anspruchslose TV-Produktion ab“.
So oder so ähnlich könnte man diesen überflüssigen „Versuch“ bezeichnen, das unfassbare Leid der Menschen beim Untergang Dresdens zu zeigen. Sicher stellt der normale ZDF Zuschauer – so wie jeder durchschnittliche Fernsehzuschauer – keine großen Ansprüche, aber eines der großen Dramen des Zweiten Weltkriegs so unversiert und ungebildet auf Zelluloid zu bannen, ist verantwortungslos und im höchsten Maße anachronistisch.
Eine Krankenschwester verliebt sich in einen abgestürzten englischen Bomberpiloten. Dieses für sich schon völlig irreale Szenario wird dadurch noch verschlimmbessert, dass wirklich jedes Klischee und jede Nische möglicher historischer Unbildung bedient bzw. ausgefüllt wird. Ich muss hier an die Szene denken, in der ein junger Wehrmachtssoldat im Luftschutzbunker von den Insassen als „Nazischwein“ bezeichnet wird, offensichtlich weil er eine Uniform trägt. Dass im Februar 1945 so gut wie jeder junge Mann eine Uniform trug bzw. tragen musste, entzieht sich dem zeitgeistgeschwängerten Horizont des Regisseurs ebenso wie die Vorstellung eines Bombenangriffs. Der gute Mann hat im Vorfeld der Sendung nämlich erklärt, er habe die Schauspieler beim Dreh mit exakt der gleichen Dezibelhöhe beschallt, wie sie ein realer Bombenangriff generiert. Ob er meint, dass man dem Publikum wirklich alles erzählen kann? Offenbar! Und offenbar kann man das auch. So ist jeder deutsche Uniformierte im Dresden des Jahres 2006 ein Verbrecher, der wie ein Berserker durch die Gegend rennt um Frauen und alte Männer zu erschießen. Und wenn man noch nie zum Medium des Buches gegriffen hat, ist es für den Deutschen des Jahres 2006 ein Kinderspiel, das auch zu glauben. Das hat zwar mit der Historie nicht viel zu tun, aber die ist und wird für einen Regisseur wie Roland Suso Richter wahrscheinlich immer ebenso mysteriös und unbegreiflich bleiben wie die Einsteinsche Relativitätstheorie für mich.
Dazu passt auch ganz nett, dass unsere Lolle denkt und spricht wie in ihrer öffentlich-rechtlichen Soap. Aufgeklärt, helle, keck und immer ihrer Zeit voraus. So kennen wir sie und so lieben wir sie. Also ich nicht, denn ich würde mir ihren „Berlin, Berlin“ Quatsch im Leben nicht anschauen, aber ihr Stammpublikum kennt sie so – und das will bedient werden. Auch im brennenden Dresden. Und sei es noch so schwachsinnig.
Dresden 2006 wirkt zu keiner Sekunde wie Dresden 1945, sondern wie eine Horde unbedeutender deutscher Trendschauspieler, die in Kostüme gesteckt wurden, um ein an Kitsch kaum noch zu überbietendes und an Anspruch kaum noch zu unterbietendes Szenario durch ihre mangelnde schauspielerische Kompetenz vollständig zu vernichten.