Review

Mit viel Getöse als größte TV-Produktion aller Zeiten und schonungslos realistische Chronologie der Ereignisse angekündigt, entpuppt sich Roland Suso Richters "Dresden" dann nach 180 Filmminuten leider doch eher als höchstens knapp überdurchschnittliches TV-Ereigniss. Viel Gefühlshudelei bestimmt vor allem die erste Hälfte des ambintionierten ZDF-Zweiteilers, während der eigentliche Angriff des 13. und 14. Februar 1945 in etwa die letzte halbe Stunde in Anspruch nimmt.

Technisch nett gelungen ist die Inszenierung ja unterm Strich, nur so wirklich mitreissen will die bisweilen etwas zähe Handlung um einen abgeschossenen britischen Piloten und seine heimliche deutsche Geliebte nicht so recht. Liegt zum Teil sicher an den nicht unbedingt übersympathischen und zudem eher oberflächlich bleibenden Charakteren, zum Teil aber auch an der fehlenden Tiefe und dem verhältnismäßig geringen Anspruch des Filmes. Fast schon selbstoffenbarend wird zwar im Vorspann - inhaltlich ohne jeden Zusammenhang - die Auschwitz-Moralkeule rausgeholt und auch während des weiteren Handlungsverlaufs krampfhaft hier und da ein bisschen nachgetreten, das wars neben dem eigentlichen Bombenhagel aber auch schon in Sachen geschichtlicher Faktenvermittlung.
Musste wohl so simpel sein, denn sonst könnte man als Zuschauer ja tatsächlich auf die Idee kommen, auch andere Nationen hätten während des Krieges gegen das Völkerrecht verstossen - und das wäre ja skandalös, könnte es gar zu brisanten Diskussionen führen!
Ganz so einseitig wollten sich die Macher aber letztlich wohl doch nicht geben und so gibts ganz zum Schluss noch Worte der Versöhnung, gepaart mit anno 2005 aufgenommenen Bildern zur Einweihung der neu errichteten Frauenkirche. 60 Jahre nach dem Inferno, welches mehr als 25000 Menschen das Leben kostete und eine Kulturstadt ausradierte, die noch nicht einmal mehr über eine Handvoll Flakgeschütze als militärisches Ziel verfügte. Diese waren, den Engländern wohlbekannt, schon lange zum Erdkampfeinsatz an die Ostfront abgezogen.

Für mich waren besagte Einweihungsbilder zugleich die hochwertigsten Szenen des Films, verglichen mit den zumeist unauffälligen Spielszenen der vorrangegangenen 175 Minuten. Überhaupt drägnen jene den eigentlichen Kernpunkt so sehr in den Hintergrund, daß "Dresden" seinem dokumentarisch anmutenden Namen kaum noch gerecht werden kann. So wirkt dann auch der finale Feuersturm trotz stimmungsvoller Flugszenen eher wie ein laues Lüftchen, durch das unsere toughen Helden halt hollywoodlike ohne größere Verletzungen durchmüssen. Das Leid drumherum wird nur in wenigen Momenten (gehäuft-erzwungen) eingefangen und tritt so rasch wieder in den Hintergrund, wie auch sämtliche Flammen nach wenigen Stunden erloschen sind (aha!) und destags nichtmal mehr Rauchschwaden über den Ruinen der Elbmetropole stehen (soso!). Die brennenden Leichenstapel auf den größeren Plätzen der Stadt sind hier natürlich auch nicht mehr zu sehen, ebenso wenig eine größere Anzahl in den Straßen liegender Opfer. Nur allzu schnell flüchtet sich "Dresden" nach der Bombennacht Richtung Abspann, scheut trotz großer Ankündigungen doch vor einer vollkommen ehrlichen Schilderung der Ereignisse zurück. Selbst die sonst obligatorischen Texttafeln zum Ausklang fehlen. Unter einem realistischen Anspruch verstehe ich jedenfalls etwas anderes...
Und da redeich garnicht mal von so manchem Detailschnitzer (Beispiel: Ein Bombergroßverband wird als "2. Staffel" bezeichnet, eine nicht existente 6. SS Panzerdivision erwähnt usw. usw.), der dem etwas kundigereren Zuschauer schnell verrät, daß hier in Sachen Kriegshistorie wohl mehrheitlich Laien am Werke waren. Aber eigentlich passt das doch auch gut zur inhaltlichen Dominanz der tv-gerechten Liebesgeschichte - wittere ich da etwa schon wieder einen gewissen Herrn "Knopp(ers)"? :)

Aber ich will nicht zu hart mit "Dresden" ins Gericht gehen. Fürs Fernsehn ist der Film insgesamt ansprechend und massenkompatibel gelungen: Es gibt Gefühl, Action und eine überschaubare Portion Zeitgeschichte. Hinzu treten gute Darstellerleistungen und eine technische Umsetzung, die sich mit hin und wieder eingestreutem Archivmaterial und schicken Nachtszenen über Dresden absolut sehen lassen kann.
So richtig würdig erweist sich "Dresden" der Katastrophe des Februars 1945 mit Ausnahme der letzten Dokumental-Minuten aber leider nicht. Zu einer echten Auseinandersetzung mit dieser nun bereits 6 Dekaden zurückliegenden Tragödie fehlten den Machern allem Anschein nach schlicht der letzte Mut...

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