Review

The Fair Itch Project


In der Zange zwischen „Cannibal Holocaust“, „Man Bites Dog“ und „Blair Witch Project“ gerät „The Last Broadcast“ als ein weiterer (jedoch weitestgehend vergessener) „Großvater“ des Found Footage-Genres immer etwas unter die Räder. Dabei ist es der „dokumentarische“ Schocker eigentlich wert, nicht übergangen zu werden... Erzählt wird von einer nerdigen, wenig erfolgreichen Fernseh-/Internetcrew Mitte der 90er, die während ihres Drehs zum Thema „Jersey Devil“ (eine teuflische Sagengestalt) umgebracht werden. Der einzige Überlebende wurde von den Gerichten blutverschmiert schnell zum Täter ernannt - aber diese hier ersichtliche Aufrollung der Ereignisse inklusive etlicher bisher ungesehener Videoaufnahmen könnte ein ganz neues Licht auf den mysteriösen Mordfall werfen...

„The Last Broadcast“ löst in mir sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Von positivem Erstaunen über teilweise Langeweile bis zu Schmunzeln und ganz am Ende sogar ein gutes Stück Enttäuschung ist vieles dabei. Der clevere Ansatz und seine Art Mockumentary, Krimi, Mythen und Horror zu kombinieren, und das mit den damaligen, arg beschränkten technischen Möglichkeiten, auch schon sehr viel Bezug auf das Web und dessen Schattenseiten zu nehmen, muss man ohne Zweifel als ambitioniert, sehenswert und vor allem wegweisend einstufen. Hinzu kommt ein letztes Drittel mit wahrhaften Gänsehautmomenten und insgesamt einigen fast schon philosophischen Andeutungen zu immer noch mehr als aktuellen Themen wie „Fame“, „Wahrheit“ oder „das natürliche Böse im Menschen“ . Dem gegenüber verhageln dann Dinge wie dilettantische, sehr steife Darsteller und unnötig klare, aufgesetzte letzte Minuten den Weg zu einem echten Klassiker seiner Schublade und sicher auch zu mehr Ruhm und Ehre. Dennoch: hätte ich „The Last Broadcast“ damals im Kino gesehen oder wäre ihm in den Videotheken ohne Vorwissen über die Leber gelaufen, dann wäre ich in weiten Teilen sicher völlig fasziniert und baff gewesen. Aus heutiger Sicht hält sich das eher in Grenzen - doch ein geballte Ladung Faszination und Grundrespekt ist immer noch klar spürbar. 

Fazit: ein ziemlich vergessener, verheißungsvoller und sicher auch ohne Frage einflussreicher Found Footage-Gem. Murder Mystery, TV-Show, Internetphänomen. Diese letzte Übertragung hat es in sich. Wenn man sich auf sie einlässt. Eine wirklich dunkle Ecke und zu unrecht immer deutlich im Schatten des „Blair Witch Project“. Intensiv, seiner Zeit voraus und doch total 90er. Leider versaut es die unnötig plumpe Auflösung etwas für mich. 

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