Das mal vorneweg: Als Verfasser dieser Kritik habe ich die Silent Hill Spielserie vom ersten Moment an, als der Grundstein der Serie auf der alten Playstation 1 gelegt und damit ein neues Spiele-(Sub)genre, der surreale Survival-Horror, kreiert wurde, bis zum vorläufigen Abschluss mit Silent Hill 4: The Room gebannt verfolgt und durchgespielt. Mit anderen Worten, ich bin sowohl positiv als auch negativ voreingenommen, wenn es um die Bewertung einer Filmfassung meiner Lieblingsspiele geht.
Zum größten Teil hat sich das Drehbuch im Bezug auf die Rahmenhandlung beim ersten Teil der Serie bedient, wobei elementare Änderungen bei Auswahl und Funktion diverser Hauptakteure getroffen wurden:
Die aparte Mutter Rose sucht verzweifelt nach einer Möglichkeit, ihre in immer kürzeren Abständen in fiebertraumartige Anfälle ausbrechende Tochter Sharon von ihrer Qual zu befreien, da ihr Zustand lebensbedrohlich scheint. In ihren Anfällen spricht das Töchterchen immer wieder von einem mysteriösen Ort - Silent Hill. Kurzerhand bricht das besorgte Mütterchen mit dem Spross zu dieser, wie sie erfährt, Geisterstadt auf, gegen den Willen ihres Bonzenmannes Christopher, der trotz echter Sorge um Sharon lieber auf die Errungenschaften der (Volks)Schulmedizin schwört. Auf dem Weg dorthin trifft Rose auf die maskulin wirkende Highway-Motorrad-Polizistin Cybil, deren Schicksal sich im weiteren Verlauf der Handlung mit denen von Rose & Co. aufs übelste vermischen wird.
In einem parallelen Handlungsstrang verzettelt sich der mittlerweile aufgerüttelte Christopher in intensiver Recherche und liefert so dem Zuschauer Informationen zur Komplettierung des Erzählungsbogens.
Währenddessen treffen die Damen der Familie, und wie sich später herausstellt, mit der Polizistin im Schlepptau nach einigen straßenverkehrsbedingten Turbulenzen in der nach einem Großbrand verwaisten Industriekleinstadt Silent Hill ein, in der noch immer unterirdische Feuer brennen sollen. Es kommt, wie es kommen muss: Rose kommt ihre entzückende Tochter abhanden und so startet sie eine Schnitzeljagd durch das albtraumhafte Städtchen, verbündet sich dabei mit der Adabei Cybil, trifft auf allerlei Montrositäten und zuguterletzt auch auf eine Fanatikerpopulation, einer Mischung aus der Stadtbevölkerung in "Dr. Quinn - Ärztin aus Leidenschaft" und der durchaus realexistenten religiösen Rechten der heutigen USA.
Trotz eigentlich anzunehmender Überforderung und Turbulenz weiß die gute Rose aber immer, welches sinnbildliche Knöpfchen sie zu welcher Zeit drücken muss, um den maximalen Nutzen zu erhalten. Zum Handlungsinhalt sei nur noch zu sagen: ein Happy-End im klassischen Sinne gibts nicht, aber einen Kenner der Serie wird der Abschluss des Films nicht überraschen.
Klingt doch eigentlich nicht schlecht, bzw. OMGWTFGEILSEHENMUSS!!!111. Mich jedoch konnte der Film nicht so richtig überzeugen. Zum einen hätte man allen Beteiligten (abgesehen von den Schauspielern, die ihre Rollen durchweg gut gespielt haben) doch mehr an Phantasie zugetraut. Stattdessen hat Drehbuchautor Roger Avary wohl mal das erste Spiel durchgezockt (bzw. durchzocken lassen, hihi) und sich gesagt: "Ey, voll durschjeknallt diese Japsen, det nehm isch! Und damit et nit so auffällt, wurschtel isch mal die Hauptdarsteller durscheinander, harhar."
Und tatsächlich ist der Film in seiner Umsetzung auch wie ein Videospiel geraten, Rose hangelt sich von Level zu Level, trifft in jedem Raum nicht kausal miteinander verbundene Gefahren und Lokalitäten. Da wird schon mal als reine Effekthascherei der von Silent Hill Fans als Superstar vergötterte Pyramid Head, oder wie er im deutschen eigentlich richtig aus dem Japanischen übersetzt heißt: Das Rote Pyramidendings (!), in das Monsterkabinett des Films eingebaut, obwohl dieser eigentlich jeglicher Daseinsgrundlage im Erzählrahmen des ersten Spiels, und somit auch des Films, entbehrt. Auch findet sich die Protagonistin Rose, wie oben schon erwähnt, viel zu schnell in ihre Rolle ein, die merkwürdigsten Hinweise und Phänomene nimmt sie ohne Hinterfragen einfach hin und scheint sowieso ein Diplom in Kombinationsgabe zu besitzen.
Auch die handwerkliche Umsetzung zeichnet sich nicht gerade durch Einfallsreichtum aus. Der Soundtrack wurde fast komplett aus den Spielen zusammengeklaut (vorwiegend aus SH2) und relativ unmotiviert über Szenen geklatscht. Die Monster sind alles alte Bekannte aus den Spielen und können jemanden, der auch nur eines der Spiele mal bei einem Bekannten für fünf Minuten gesehen hat, nicht wirklich überraschen.
Und nun zum Positiven: Es ist definitiv kein Uwe-Boll'sches Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es wurden keine Verfolgungsjagden, keine Massenschießereien, keine Matrix-Slomo-Kungfukämpfe eingebaut. Auch fehlen Marines, sogenannte "Professorinnen" und andere Bizarrowelt-AkademikerInnen, deren Promotion aus dem Kauf einer schicken randlosen Brille bei Fielmann besteht. Vom Einblenden abgefilmter Originalspielszenen ganz zu schweigen.
Christophe Gans hat sich leider ZU SEHR an die Vorlagen gehalten, um eben ja nicht solche fürchterlichen Haue zu kriegen, wie sein teutonischer "Kollege". Man sieht, dass Gans und Avary sich wirklich intensiv mit dem Stoff befasst haben, aber dann eben nix neues draus gemacht haben.
Fazit: Für alle, die die Spiele nicht gespielt haben, ist dieser Film durchaus zu empfehlen, zumal es für diese Leute einen Einblick in eine völlig andere Art des Horrors bietet. Jene, die sich in der Welt von Silent Hill auskennen, möchte ich aber auch nicht am Ärmel aus dem Kino zerren, muss aber anbringen, dass sie wenig bis nichts Fesselndes sehen werden, da sie es leider schon eins zu eins als Videospiel gesehen haben.