Nun ja.
Um den Film „Die zehn Gebote“ zu verstehen, muss man nicht unbedingt die Bibel studiert haben.
Um den Film „Silent Hill“ zu begreifen, empfiehlt es sich aber, mindestens einen Teil des gleichnamigen Konsolenspiels durchgezockt zu haben, - ansonsten wird man sich im Nichts aus Ascheregen wieder finden…
Habe ich vor einigen Jahren mit dem ersten Teil gemacht, dabei ging ein komplettes Wochenende drauf, fast ohne Schlaf, was aufgrund einiger Schockmomente ohnehin schwer gefallen wäre. Die Erwartungen sind jedoch etwas gedämpft, zu viele Konsolenspiele wurden in letzter Zeit zum cineastischen Desaster.
Doch bereits in den ersten Minuten wird klar, dass Christophe Gans mit viel Liebe zum Detail herangegangen ist: Spielefreaks werden in Nostalgie schwelgen und allen anderen dürfte zumindest die Atmosphäre zusagen.
Wenn Rose im sprichwörtlich gottverlassenen „Silent Hill“ ihre Tochter Sharon sucht, sich durch Nebel und Ascheregen kämpft, plötzlich endende Straßen auftauchen und all das von Originalklängen aus dem Spiel begleitet wird, ist eine gruselige Atmosphäre garantiert. Optisch ist das hervorragend gelungen, selbst die Kameraschwenks aus der Vogelperspektive sind ein Augenschmaus für den Konsolenfan und stark an die Vorlage gelehnt.
Wenn doch nur der Inhalt ebenso vorbildgetreu behandelt worden wäre…
Die Stationen in der Grundschule und der Kirche mitsamt dem Alarm, den Monstern und den Parallelwelten, - das alles weiß durchaus zu gefallen, auch wenn mir statt Hotel das Krankenhaus besser gepasst hätte und ich die Kulisse des Rummelplatzes ein wenig vermisst habe. Aber warum, um alles in der Welt, musste Gans dem Zuschauer in der letzen halben Stunde ein völlig wirres und überzogen daherkommendes Finale auftischen? Erklärungen für mysteriöse Vorkommnisse sollten nicht immer auf dem Silbertablett serviert werden, denn hier bedurfte es keinerlei Erklärungen.
Dadurch geht die bis dato aufgebaute Spannung fast gänzlich flöten, auch wenn das krude Treiben von einigen derben Splattereinlagen begleitet wird, - den positiven Gesamteindruck schmälert das gewaltig.
Zudem hätte nach der kurzen Einführung der Schauplatz Silent Hill vollkommen ausgereicht, der erweiterte Handlungsstrang mit Sean Bean als besorgter Vater und Ehemann bringt die Story nicht voran und mindert in jeder Szene die eigentlich dichte Atmosphäre. Er spielt, wie auch die übrigen Darsteller, solide. Richtig positiv fiel mir hingegen Jodelle Ferland auf, die mit der Ausführung ihrer Doppelrolle als Sharon/Alessa das Zeug zur Dakota Fanning-Konkurrenz hat.
Bis zum Finale wird relativ wenig gesprochen, aber wenn, dann fallen einige Dialogpassagen doch recht heiter aus: „Schnapp dir das Seil und schwing dich rüber!“ oder „Sieh nur, ich brenne“ beschreiben nur stumpfsinnig den Inhalt der Szene.
Schöner ist:
„Was willst du?“
„Das einzige, was wir wollen, ist Genugtuung.“
„Was heißt Genugtuung?“
„Rache eben…“
Da muss ein Kind der begriffsstutzigen Mutti noch Begriffe erklären…
Unterm Strich bin ich jedoch positiv überrascht. Da hat sich offenbar jemand gefunden, der mit der Vorlage etwas anfangen kann und sich vor allem auch damit beschäftigt hat. Und da ein Christophe Gans ohnehin ein sicheres Händchen fürs Visuelle hat, kann er vor allem dadurch punkten und die schwache letzte halbe Stunde ein wenig kaschieren.
Trotz einiger Längen haben mir die zwei Stunden zugesagt und letztlich sogar dazu geführt, die eingestaubte PSX vom Dachboden zu holen.
Immerhin eine gute Werbung fürs Spiel…
Knapp
7 von 10 Punkten