Als ich das erste Mal Silent Hill spielen durfte, dachte ich zunächst noch: Ha, ein lebloser Resident Evil - Clone, aber schauen wir mal was passiert. Eine Stunde später war ich völlig fasziniert von dem morbiden, kryptischen Setting, dem abgefahrenen Gegnerdesign und der genialen Soundkulisse. Christophe Gans muss es da wohl ähnlich gegangen sein, und als ich hörte, dass endlich mal ein kreativer Regisseur und nicht irgendein aufstrebender Ex-Werbe-MTV-Titten-Video-Schmierlapp oder gar Boll himself Hand an die Verfilmung eines Spiels legen darf, war meine Vorfreude immens geschürt. Zudem steht ja mit Pakt der Wölfe ein beeindruckender Film in der Vita des Franzosen, der ja zwar nicht makellos, aber immerhin mutig und visuell wie atmosphärisch gelungen daher kam.
Die Story der Verfilmung orientiert sich zwar stark am ersten Teil der Videospielreihe (der mir übrigens nicht mehr soo stark im Gedächtnis verhaftet ist, da muss wohl bald mal die gute alte PSX wieder entstaubt werden), lässt aber einiges aus und zieht manchmal auch Inspirationen aus den nachfolgenden Teilen heran. Ausserdem wurde aus dem Held Harry Mason eine weibliche Hauptfigur gemacht, was der Authenzität aber erstaunlicherweise kaum Abbruch tut. Darüberhinaus wurde dem Film ein Handlungsstrang in der Realwelt hinzugefügt, der sich aber als überflüssig, wenngleich nicht allzu nervig erweist. Ansonsten hält sich der Film stärker als bis jetzt jede andere Spieleverfilmung an Motive aus der Vorlage, teilweise wurden gar Kameraeinstellungen und -fahrten eins zu eins kopiert, was den Fan der Serie natürlich freut. Auch das Produktionsdesign hält sich bei Kreaturen nah an das Spiel, alles andere wäre wohl auch eine große Doomheit gewesen.
Probleme hat Gans offensichtlich aber bei der Erläuterung der arg komplizierten und zudem im Original noch stark verschlüsselten Story gehabt. Über das was beim Spiel auf dem Bildschirm passiert und was es bedeuten mag, darüber zerbrechen sich auch heute noch Silent Hill - Fans die Köpfe. Es gibt seitenlange Erklärungsversuche, manche davon stimmig, aber viele nur eine Interpretation dessen, was passiert. Gans nimmt nur einzelne Motive und strickt sich seine eigene Welt von Silent Hill zusammen. Eine hundertprozentige Leindwandadaption des ersten Teils wäre für das Mainstreampublikum wahrscheinlich auch zu schwer verdaulich gewesen. Auch das Drehbuch muss diesem Aspekt Tribut zollen: viele Dialoge sind recht bescheiden, sehr vereinfacht und manchmal gar unfreiwillig komisch (wozu die gehetzt wirkende deutsche Synchro aber ihr Scherflein beigetragen haben mag). Ausserdem fliesst der Film nicht richtig, manches wirkt zu atemlos, vor allem zu Beginn, anderes wird in minutenlangen Gesprächen ausgewalzt, bis es auch der Letzte kapiert hat. Aber vielleicht gibt es ja mal einen in dieser Hinsicht runderen Director's Cut.
Genug gemeckert, visuell und tontechnisch geht Christophe Gans in die Vollen. Hier merkt man, dass sich der Regisseur völlig in die Materie verliebt hat. Absolut aufregend sind die "Weltenwechsel" zwischen dem nebligen und dem dunklen Silent Hill, die ja auch schon im Spiel einen Großteil des Reizes ausgemacht haben. Wenn die Sirenen drönen und die Wände zu Käfigen zerfallen, dann schlägt das Herz der Fans im Akkord. Auch die Gegner aus dem Spiel sind sehr akkurat herübergerettet worden, sogar Pyramid Head darf mehrmals sein Messer schwingen. In der dunklen Welt ist übrigens genaues Hingucken angesagt: Silent Hill dürfte in diesen Szenen neue Düsterrekorde aufstellen, ich hab selten einen derart dunklen Film gesehen. Überhaupt spielt Gans viel mit matter Dunkelheit und blendendem Licht, mal ist der Film körnig verfremdet, mal zeichnet er gestochen scharfe, gemäldeartige Panoramen. Gegen Ende verlässt er den Pfad der Spiele immer mehr, aber bleibt stets im visuellen Kanon der Vorlage.
Silent Hill - Der Film. Eine zwiespältige Angelegenheit ist es geworden. Auf der einen Seite eine audiovisuell absolut authentische und faszinierende Adaption des Spiels, auf der anderen Seite ein eher behäbiger und definitiv nicht gut geschriebener Film. Wer sich im Kinosaal einfach den Bildern hingibt und ausserdem noch Fan der Serie ist, dem dürfte das kleine Herzlein aufgehen, die Mainstreamer werden sich an der ein oder anderen blutigen Szene aufgeilen, den Film aber recht schnell wieder vergessen. Für mich insgesamt ein guter Streifen, der aber immer noch viel Potenzial verschenkt hat, vor allem bei Schnitt und Drehbuch.