Review

Einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Als ich den Film 1995 im Kino gesehen habe, war ich hin und weg. Ich hatte bis dahin noch keinen Film gesehen, der sich so intensiv auf seine beiden Hauptdarsteller konzentriert und das in Verbindung mit einer so rührend einfachen, sowohl romantischen als auch lebensnahen Geschichte. Als Kind bin ich selbst immer sehr gerne mit dem Zug gefahren, habe gerne zum Fenster hinausgeschaut (wegen dem ständig wechselnden Landschaftsbild) und war immer ganz neugierig auf die Menschen im Zug. Das hat etwa bis zu meinem 30. Lebensjahr angehalten und in derselben Situation befinden sich ja auch unsere beiden Hauptdarsteller. Mit Unbefangenheit und Spontaneität lassen sich die Beiden aufeinander ein und kommen sich während ihrer einzigen Nacht in Wien immer näher. Das Schauspiel der beiden Hauptdarsteller ist beeindruckend, es ist bewundernswert, wie sie scheinbar mit Leichtigkeit und Natürlichkeit das Liebespaar verkörpern. Nachdem die beiden in Wien ausgestiegen sind, planen sie immer spontan, was sie als nächstes machen. Bei ihrem Streifzug durch Wien begegnen sie immer wieder Leuten, z.B. zwei Laien-Schauspielern, einer Wahrsagerin, einem Dichter usw. Ja, und was tun die beiden, wenn sie niemandem begegnen? Sie streifen einfach nur so durch die Stadt und reden und reden und reden. Das ist (eventuell wohlgemerkt) ein Kritikpunkt, nämlich dass die beiden manchmal fast zu viel reden, da hätte ich mir gewünscht, der Regisseur hätte mehr die Bilder sprechen lassen. Aber, zum Glück, kommen auch die Gefühle nicht zu kurz, es gibt mehrere Szenen, in denen sich Ethan Hawke und Julie Delpy auch körperlich näher kommen, wo es intimer wird. Aber letztendlich lebt der Film sehr von seinen Dialogen. Sie spiegeln das Lebensgefühl zweier Mittzwanziger in den 90er Jahren wider: Die Dialoge handeln von ihrem Lebensgefühl, ihrer Lebenssituation, manchmal sind sie philosophisch, dann wieder banal, humoristisch oder erotisch, aber nie langweilig. Die Inszenierung des Films ist sehr einfach gehalten, sie erschwert das Sehen (und den Genuss) nicht. Es gibt zwei Menschen, eine Stadt und eine begrenzte Zeit. Mit diesen Vorgaben holt der Regisseur Richard Linklater das Bestmögliche aus diesem Film heraus. Für mich eine der besten und schönsten Romanzen der neueren Kinogeschichte.
Bewertung: 9/10

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