Die amerikanische Familie Hoover ist längst nicht so perfekt und intakt, wie sie auf den ersten Blick scheint. Vater Richard (Greg Kinnear) ist ein erfolgloser Motivationstrainer, der den anderen Familienangehörigen ständig mit seinem 9-Stufen Programm und seiner Philosophie von Gewinnern und Verlieren in den Ohren liegt. Seine Frau Sheryl (Toni Collette) ist die nötige Harmonie in dem turbulenten Haushalt, deren Nervenkostüm aber auf eine starke Probe gestellt wird, als ihr homosexueller Bruder Frank (Steve Carell) nach einigen privaten Rückschlägen versucht, sich das Leben zu nehmen. Nachdem er dies jedoch überlebt, wird kurzerhand beschlossen, dass er fortan bei seiner Schwester leben soll. Desweiteren tummeln sich im Haus der Hoovers noch der jugendliche Nietzsche-Fan und Menschenhasser Dwayne (Paul Dano), der seit neun Monaten kein Wort mehr spricht, der vulgäre und drogenabhängige Großvater Edwin (Alan Arkin), sowie die kleine, etwas pummelige Olive (Abigail Breslin).
Als Nesthäckchen Olive eines Tages erfährt, dass sie die Möglichkeit hat, beim Little Miss Sunshine Talentwettbewerb mitzumachen, ist sie sofort Feuer und Flamme. Kurzerhand beschließt die Familie, der Kleinen ihren Traum zu erfüllen. Damit auch niemand allein zurückbleiben muss, macht sich die ganze Sippe im veralteten VW-Bus auf den Weg in Richtung Kalifornien. Trotz allerlei Komplikationen und jeder Menge Chaos lernt der bunte Haufen dabei erstmals, zusammenzuhalten..
Es ist sehr erfreulich, dass in Zeiten der gigantischen Budgets und der nur auf die Schauwerte ausgelegten Sommerblockbuster noch immer Filme entstehen, die das Herz ansprechen und die Zuschauer nicht nur durch rasante Action und tolle Effektespektakel ins Kino locken sollen. So ein Fall ist auch die kleine Independentproduktion "Little Miss Sunshine", der auch bei den Oscars zuerst keine großen Chancen eingeräumt wurden. Das Ende vom Lied sah dann aber so aus, dass einer der Hauptdarsteller, Alan Arkin, mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, der Film zudem den Preis für das beste Screenplay erhielt und desweiteren noch in der wichtigsten Kategorie "Bester Film" nominiert wurde. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass auch die kleine Abigail Breslin für einen Oscar nominiert wurde, den sie allerdings nicht erhielt. Der Erfolg und die Qualität des Filmes lässt sich wohl insbesondere durch seine Natürlichkeit und seine authentische Geschichte erklären, die mitten aus dem Leben gegriffen zu sein scheint, einem am Ende aber doch mit einem breiten Lächeln aus dem Kinosaal entlässt.
In erster Linie muss die berechtigte Frage gestellt werden, ob man denn mit einer Story über eine chaotische Familie noch irgendjemand hinterm Ofen hervorlocken kann. Diese Thematik ist mittlerweile schon wieder so ausgelutscht, dass schon sehr talentierte Macher zu Werke gehen müssen, um daraus noch einen sehenswerten Film zu zaubern. Erfreulicherweise war das bei "Little Miss Sunshine" der Fall. Jonathan Dayton und Valerie Faris, die den Film gemeinsam inszenierten, waren bislang meist im Bereich Musikvideos tätig, bewiesen für dieses Projekt aber ein eisernes Durchhaltevermögen. Es dauerte fast 5 Jahre, bis die Arbeit an "Little Miss Sunshine" beendet war. Das Resultat soll die Mühen jedoch entschädigen, denn für ca. 8 Millionen Dollar entstand ein genreübergreifendes Roadmovie, das sowohl Elemente des Dramas, wie auch der Komödie aufweist und genau die richtige Mischung aus beidem bietet.
Für einen Film, der so sehr auf seinen Charakteren aufbaut, ist es schon überlebenswichtig, dass diese nicht als klischeeüberladene Standardfiguren geschrieben sind, sondern tatsächlich das Interesse des Zuschauers wecken und authentisch, natürlich wirken. Das schaffen die Hauptcharaktere in "Little Miss Sunshine" auch mit Leichtigkeit. Ganz egal ob nun der erfolgsfixierte, dabei aber erfolglose Vater Richard, der schweigende Sohn Dwayne, der erfahren muss, dass er seinen großen Traum, Jetpilot zu werden, aufgeben muss, der selbstmordgefährdete Frank, der sich seiner Vergangenheit stellen muss, oder der obszöne und Pornomagazine lesende Großvater Edwin. Hier prallen die skurillsten Charaktere aufeinander, wirken dabei aber wie aus dem Leben gegriffen und genau das macht den Charme des Films aus. Eine Familie, die schon längst nicht mehr als solche existiert, muss ihren Zusammenhalt wiederfinden und dabei zahlreiche Hürden meistern, die sich ihr auf dem Roadtrip stellen.
Zeitgleich fungiert "Little Miss Sunshine" als treffsichere Gesellschaftskritik, die noch ganz nebenbei den gängigen Schönheitswahn und den stetigen Perfektionismus aufs Korn nimmt. Obwohl es sich auch bei den Hoovers auf den ersten Blick um eine intakte Familie handelt, bröckelt das perfekte Bild bei genauerem Betrachten. "Little Miss Sunshine" zieht seinen Witz oftmals nicht alleine aus spärlich, aber perfekt eingesetzten Situationskomik, sondern auch aus den Defiziten der einzelnen Figuren. Dabei lässt der Streifen jeden der Familienmitglieder aber noch über sich selbst herauswachsen und schweißt die Familie letztendlich sogar noch zusammen. Der Zuschauer wird hier 100 Minuten lang mit einfallsreichen, urkomischen Dialogen, einzigartigen Charakteren und einer wendungsreichen Handlung bei Laune gehalten. "Little Miss Sunshine" ist keine Komödie im eigentlichen Sinn, sondern wird an vielen Stellen erst durch das eigentlich Tragische erst komisch. Natürlich, um letzten Endes alles ins Reine zu bringen.
Ein wesentlicher Grund, wieso der Film so gut funktioniert, wie er es in der Praxis tut, sind die überragenden, schauspielerischen Leistungen. Jeder der Schauspieler scheint für seine individuelle Rolle perfekt gecastet und besetzt zu sein. Greg Kinnear nimmt man den nervenden, erfolgsfixierten Motivationstrainer bedingungslos ab. Steve Carell als intelektueller homosexueller Frank, der gerade erst einen Selbstmordversuch hinter sich hat, und dennoch der normalste in der Familie zu sein scheint, macht seine Sache ebenfalls richtig klasse und absolut symphatisch. Alan Arkin hat seinen Oscar für seine Darstellung des Heroinabhängigen Grandpas mehr als verdient, seine zynische Art passt perfekt in die onehin schon zerrüttete Familie. Und letztendlich noch Abigail Breslin, die ebenfalls für einen Oscar nominiert wurde und die kleine Olive einfach nur süß und herrlich unschuldig spielt. Ein ruhiger Gegenpol zu der ansonst so chaotischen Familie. Auch wenn die kleine Olive über keine wirklichen Talente verfügt, so bringt sie ihren Traum, die Little Miss Sunshine Wahl zu gewinen, sehr glaubhaft rüber.
Mit "Little Miss Sunshine" ist Jonathan Dayton und Valerie Faris eine erstklassige Mischung aus Drama, Komödie und Roadmovie gelungen, die durch ihre einfache Authentizität Spaß macht und durch skurille, dabei aber lebensnahe Charaktere bestens unterhält. Lustige Momente finden dabei ebenso Beachtung wie tiefsinnige Dramatik und zielgenau eingesetzte Gesellschaftskritik. Auch, wenn es hier nicht pausenlos etwas zu lachen gibt, sollte sich jeder, der mal wieder einen symphatischen, aus dem Leben gegriffenen Familienfilm sehen möchte, "Little Miss Sunshine" nicht entgehen lassen.