Review

Regisseur Detlev Buck, der zur Riege von Deutschlands anspruchsvolleren Filmemachern gehört, legt mit "Knallhart" einen so harten wie authentischen Film über das Leben im Berliner Ghetto vor, in dem er seine Figuren weder verurteilt noch verharmlost.

Als seine Mutter von ihrem reichen Lover vor die Tür gesetzt wird, muss Michael mit in eine kleine Wohnung in Berlin Neukölln ziehen. Schon vom ersten Tag an bekommt er die volle Brutalität des Viertels und vor allem der Bande des jungen Türken Erol zu spüren. Durch einen Bekannten knüpft er jedoch Kontakt zu einer Verbrecherorganisation - und beginnt seine Laufbahn als Drogenkurier. Das Unheil nimmt seinen Lauf.

Das eine oder andere Gangsterfilm-Klischee konnte sich Buck offensichtlich nicht verkneifen - besonders die Szene in der Wohnung eines psychopathischen Kunden, der Michael ein Kilo Kokain abkauft, wirkt zwar bizarr, aber etwas aufgesetzt. Und hin und wieder fragt man sich auch unbehaglich, ob der Film bei der Darstellung des Ghettos nicht ein wenig über das Ziel hinaus schießt. Doch realistische Details wie die immer wieder kursierenden Gewaltvideos auf Handys oder die hilflose Vaterseite des brutalen Schlägertrupp-Führers verleihen dem Film eine emotionale Wucht, die auch über etwas fragwürdige Passagen hinweg hilft.

So sind die Figuren größtenteils mit einiger Komplexität charakterisiert - einfache Antworten gibt es hier keinesfalls. Und gerade aus diesem Grund fühlt man sich mit den Agierenden so sehr verbunden. Selbst wenn die Fünfzehnjährigen in eine Villa einbrechen, Bier trinken, bis sie sich übergeben müssen, und die Schule schwänzen, bleibt "Knallhart" weit davon entfernt, ein Urteil über dieses Verhalten zu fällen. Für moralische Plattitüden ist in dieser dreckigen Welt kein Platz, das ist die Quintessenz der ersten zwei Drittel des Films. Erst wenn sich die dramatische Story zum bitteren Finale steigert, braucht es eine Orientierung an bestimmten Werten. Und die fällt trotz einiger kleiner inszenatorischer Verwunderlichkeiten sehr überzeugend aus.

Neben der Figurencharakterisierung überzeugt auch der formale Stil des Films auf ganzer Linie. Unterlegt von dynamischer Rockmusik und mit einer souveränen, oft eng an die Figuren führenden Kamera gefilmt, entsteht das Bild eines Stadtteils, in dem die Menschen trotz Gewalt, Armut und Rückschlägen das Leben so gut es geht zu genießen versuchen. Auch die Sprache der Figuren wirkt überaus authentisch - besonders wenn die Jugendlichen in heftige Schimpfkanonaden ausbrechen, fühlt man sich eins zu eins an die Realität erinnert.

So kann sich "Knallhart" als größtenteils authentisch wirkender, zu keinem Zeitpunkt mitleidiger, aber auch nicht gefühlloser Streifen über die Wirklichkeit in deutschen Großstädten absolut sehen lassen. Und so bitter diese Wirklichkeit auch aussehen mag, sollte man sich doch nicht scheuen, hinzusehen.

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