Mit "Science of Sleep" hat Regisseur Michel Gondry ein wunderbares kleines Filmmärchen kreiert, das von der Kraft der Fantasie erzählt und zeigt, wie sich zwei verrückte Menschen gegenseitig aus der bürokratischen Langeweile ihres Alltagslebens zu retten vermögen. Die Geschichte einer verhinderten Liebe, die dabei immer mehr in den Mittelpunkt gerückt wird, verleiht dem Ganzen einen emotionalen Charme, der bei vielen Filmen, die von Liebesgeschichten handeln, fehlt.
So mancher Zuschauer wird dabei jedoch wohl Schwierigkeiten haben, mit dem durchgeknallten Inszenierungsstil zurecht zu kommen. Denn Regisseur Gondry pfeift auf alle herkömmlichen Filmkonventionen und springt vergnügt immer wieder zwischen Realität und absurd-grotesken Traumfantasien hin und her. Da kann es schon mal passieren, dass die Hauptfigur Stephane plötzlich mit riesigen Pappmaché-Händen im Büro um sich schlägt und dem fiesen Chef einen aggressiven Rasierer auf den Hals hetzt. Auch die immer wieder eingestreuten Szenen in einem Fernsehstudio aus Pappe, in dem Stephane wiederholt über sein Leben, seine Ängste, Wünsche und Träume reflektiert, unterbrechen den linearen Handlungsverlauf, erweisen sich aber als geniales Element, um den Charakter der Figur glaubhaft zu vertiefen.
Dass diese massenhaft auftretenden Traumsequenzen so charmant sind, liegt vor allem an der herrlich altmodischen Tricktechnik: In Anlehnung an die Spezialeffekte alter russischer Kinder- und Abenteuerfilme wird hier mit Pappmaché, Zellophan und Stop-Motion-Technik eine Fantasiewelt erschaffen, die zu keinem Zeitpunkt einen visuellen Anspruch auf Realität stellt und gerade deshalb so rundum sympathisch wirkt. Wankende Papp-Kulissen, Städte aus Pappe und Papier, Wassermassen aus blauem Bonbonpapier - um die Kraft der Fantasie zu feiern, sind solcherlei Effekte soviel besser geeignet als irgendwelche millionenschweren Digital-Tricks.
Daneben überzeugt aber auch die - zugegebenermaßen recht dünne - Story mit einer Fülle an originellen Einfällen: Ob die selbst gebastelte Zeitmaschine, die immer nur eine Sekunde vor oder zurück springen kann, oder das zum Leben erweckte Spielzeug-Pferd - in beinahe jeder Einstellung wird hier das triste Grau des fantasielosen Alltags überrumpelt. Und am Ende webt sich in die Charakterisierung der Hauptfigur sogar ein Hauch psychologischer Ernsthaftigkeit ein, balanciert er doch in seiner Schwierigkeit, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden, zunehmend am Rande einer psychischen Störung. So zeigt der Film noch ganz nebenbei auf, wie schwierig, wenn nicht beinahe unmöglich es ist, eine exakte Grenze zwischen fantasievoller Lebenseinstellung und Geistesgestörtheit zu ziehen.
Dem einen oder anderen mögen die ausschweifenden Traumsequenzen nicht recht gefallen, und sicher nehmen sie hin und wieder gar sehr viel Raum ein und hindern die Story daran, weiter zu laufen. Und das im Grundton traurige, wenn auch mehr oder weniger offene Ende lässt sehr viel Spielraum für Interpretationen. Insgesamt ist "Science of Sleep" eine kleine Filmperle und eine Ode an die Fantasie und die Menschen, die sich von ihr hinreißen lassen.