Review

„Solamente nero" von Antonio Bido ist ein recht später Vertreter der Giallo-Welle, die 1978 ja ihre besten Jahre schon deutlich hinter sich hatte und letztlich kann der in Deutschland mit „Blutiger Schatten" unpassend betitelte Film dem Genre auch nichts hinzufügen, was nicht schon einmal da war. Ungeachtet des fehlenden Neuigkeitsaspekts schafft es Bidos Film jedoch, bisher bekannte Zutaten zu einem durchaus unterhaltsamen Film zusammenzusetzen, der eher von der ruhigen Art ist und einem seine Figuren für einen Giallo recht nahe bringt.


Die Stimmung auf der Insel nahe Venedig wird atmosphärisch eingefangen und der Auftakt mit dem Mord an dem Mädchen gibt die Taktart vor, die eben mehr auf Dramatik und Spannung aus ist als auf Schock, Horror und Voyeurismus, wie es ja im Genre häufig der Fall ist. Aber auch Bido ist nicht frei vom Zwang, dem Zuschauer unbedingt mehr Nacktheit als für die Narration und Charakterisierung notwendig wäre zu präsentieren. Als sich zwei zentrale Figuren nach anbahnender Romanze entblättern und intim werden, gehen sie seitlich aus dem Bild, die Kamera schwenkt auf ein Fenster, das einen wirklich schönen Blick auf einen venezianischen Kanal präsentiert und anstatt dort zu enden, schwenkt die Kamera dann nochmal nach links und hält nochmal für ein bis zwei Minuten auf das eher langweilige Gefummel, bis dann, und hier wird die Überflüssigkeit der Sexszene deutlich, die Kamera wieder nach rechts auf das Fenster schwenkt. Die nackten Tatsachen sind hier somit vollkommen überflüssig, denn weder wird erzählerisch etwas ergänzt, noch wird die Beziehung beider Figuren zueinander weiter vertief, denn die Intimität der Szene war schon zuvor vollkommen klar. 


Bis auf diese überflüssige Szene hält Bido aber seine Pferdchen recht ordentlich zusammen und präsentiert eine Vielzahl an Verdächtigen, die natürlich nach und nach dezimiert werden und über das Motiv eines Bildes, das mit einem zurückliegenden Verbrechen in Verbindung steht und sich dem Kenner natürlich gleich als zentraler Schlüssel entpuppt, wird auch eine gelungene Spannungskurve aufgebaut.

Besonders grafisch geht der Mörder hier nicht zu Werke, wenngleich die Mordmethode per Kamin schon brutal und roh daherkommt, vor allem, wenn es sich bei dem Opfer um eine alte Dame handelt. Die anderen Opfer erweisen sich allesamt als schmierige Vertreter der menschlichen Rasse: Eine Teufelsanbeterin, ein adliger Päderast und ein Arzt, der im Verdacht steht, seine Frau erschossen zu haben, um ein sündhaftes Leben führen zu können. Der Pfarrer der Gemeinde hat da also einges zu tun, besonders wenn er als Augenzeuge des ersten Mordes ins Zentrum der Geschehnisse rückt, deren Auflösung den Genrekenner dann aber nicht mehr sonderlich verwundert.

Die Kameraarbeit von Mario Vulpiani erweist sich als fachmännisch und es werden diverse schöne Bilder produziert und besonders die Nachtszenen sind stimmungsvoll ausgeleuchtet. Zwar findet man hier keine außergewöhnliche Qualität vor, aber Bild und Inhalt ergänzen sich insgesamt ganz hervorragend.

Die Musik von Stelvio Capriani ist zweckdienlich, aber die Stücke, die im Ohr bleiben scheinen eher von Goblin zu kommen, die zwar nicht in den Credits aufgeführt werden, aber doch wiedererkennbar sind. So sind Bild, Ton und Inhalt auf durchgehend solidem Giallo-Niveau.

Schauspielerisch gibt es keine Ausfälle, aber Craig Hill stiehlt hier allen die Show und er verkörpert seinen Don Paolo wirklich überzeugend mit all den Facetten, die zu dieser Rolle gehören. Lino Capolicchio und Stefania Casini beiben dagegen etwas blasser, erfüllen aber durchaus, was ihre Rollen und die Regie von ihnen verlangen, was durch eine Originalsynchonisation aus dem Erscheinungsjahr auch ganz gut zur Geltung kommt. Allerdings gibt es eine Szene dess Liebespaares, das mit dem Motorboot eine romantische Fahrt über den Lido macht, wo die Synchronarbeit vollkommen an den Lippenbewegungen und dem Bild vorbei Lacher einbaut, die im Original gar nicht vorhanden sind. Dort ist die Musik im Vordergrund, was angesichts der als Collage zusammengeschnittenen Bootsfahrt auch sinnhaft ist. Keine Ahnung, was die Synchronregie da geritten hat.


Fazit

„Solamente nero" erweist sich als sehr ernster und eher ruhig erzählter Giallo, der sich auf seine Kriminalgeschichte konzentriert und so auch recht spannend inszeniert wurde. Bild, Ton und Schauspiel sind auf durchaus solidem Niveau angesiedelt, so dass man es letztlich mit einem absoluten Durchschnittsgiallo zu tun hätte, wenn nicht die Atmosphäre auf der venezianischen Insel so dicht und stimmungsvoll wäre. Dies hebt den Film dann doch einen Punkt über den Durchschnitt und macht „Solamente nero" für Genrefreunde insgesamt zu einer Empfehlung, die man sich einmal anschauen sollte.


Nachklatsch

Nachdem ich nun in kurzer Zeit über zwanzig dieser Filme angesehen habe, fallen mit wiederkehrende Muster auf, die so nie erwähnt werden. Zum einen fällt bei den Aufnahmen von Toten sehr häufig auf, dass diese immer noch ein kleines Lebenszeichen, ein Auge zuckt, der Brustkorb hebt sich, der Mund bewegt sich ein wenig, von sich geben. Zum anderen wird sehr häufig irgendwo heruntergefallen, was, so auch hier, gerne mit offensichtlichen Puppen gedreht wurde. In beiden Fällen erscheint es beinahe, als würden es die Regisseure darauf anlegen, die Künstlichkeit der Momente durch die Brechung der Illusion in den Vordergrund zu stellen. Schon interessant.

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