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Der Universitätsprofessor Stefano kehrt für eine kurze Zeit zurück in seinen Geburtsort (einen Vorort von Venedig) und lernt auf der Zugfahrt die junge Innenarchitektin Sandra kennen. Zuhause angekommen nistet er sich bei seinem Bruder Pedro, einem Pater, ein. Nach und nach kommen sich Stefano und Sandra näher und beginnen schliesslich eine leidenschaftliche Affäre. Doch das junge Glück wird von einer Mordserie überschattet : scheinbar wahllos werden Menschen aus Stefano`s Wohnort ermordet. Doch in welchem Verhältnis standen die Opfer zueinander ? Was hat der nie aufgeklärte Mord an Andreani`s Tochter mit den Bluttaten zu tun ? Und was bedeuten Stefano`s Visionen, die von einem kleinen verängstigten Jungen handeln ?

Obwohl ich den Film "Tenebrae" liebe, gehört im Allgemeinen das Genre der Giallos nicht zu meinen favorisierten Genres. Ich muss auch zugeben, dass ich mich in diesem Zweig der frühen italienischen Filmkunst nicht so gut auskenne, der Film "Blutiger Schatten" von Antonio Bido aus dem Jahre 1978 gehört aber mit Sicherheit zu den bekanntesten Vertretern dieser Filmgattung.

Zunächst fällt auf, dass viele Elemente in dem Film wiederzufinden sind, die man aus anderen Giallos kennt : das Geschehen wird häufig aus der Sicht des Mörders gezeigt, man sieht meist nur seine Handschuhe bei Morden oder wenn er etwas sucht oder man sieht die Schuhe des Täters beim Laufen über den Boden. Ein grosser Teil der Handlung spielt in einer Kirche und auch sonst gibt es zu Hauf christliche Symbole zu bewundern (z.B. interessiert sich der Mörder auffällig für ein Gemälde, welches Engels- und Teufelsfiguren zeigt). Der Musikscore ist gelungen und besteht zu grossen Teilen aus den Klängen einer Bontempi Orgel. Zwischedurch gibt es dann auch ein paar Morde zu sehen, wobei sich der Film in der graphischen Darstellung der Taten vornehm zurückhält vergleicht man den Film beispielsweise mit einigen Geniestreichen Dario Argento's.

Der Schwachpunkt vieler Giallos ist die Täterauflösung. Bei diesem Film ist das nicht der Fall : geschickt fügt der Regisseur am Schluss die verschiedenen Handlungsstränge zu einem homogenen Ganzen zusammen, die Täterauflösung kann durchaus überraschen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass viele verschiedene Figuren eingeführt werden und nahezu jeder ein Motiv haben könnte und somit als Täter in Frage käme. Die Fülle an handelnden Personen aber erfordert vom Zuschauer einen gewissen Grad an Konzentrationsfähigkeit um den Überblick zu behalten, wie die Beziehung zwischen den Personen ist.

Die andere Seite der Medaille ist (und auch das ist typisch für Giallos !): der Film ist äusserst dialoglastig. Die könnte den Zuschauer dazu veranlassen, zwischenzeitlich mal etwas abzuschalten und der Handlung nicht konzentriert zu folgen. Ich muss zugeben, dass ich mich selbst in manchen Passagen, in denen der Film zu sehr das Tempo heraus nimmt, gelangweilt habe. Doch man sollte diese "Schwächephasen" unter allen Umständen vermeiden : jede Kleinigkeit könnte für die spätere Täterauflösung wichtig sein und jedes auf den ersten Blick unwichtige Detail könnte das letzte Puzzlestück sein, welches noch fehlt, um den Mödrder zu überführen.

Fazit : für Giallo-Freunde und Zuschauer, die gerne knifflige Krimirätsel lösen und sich nicht von einem sehr moderaten Erzähltempo abschrecken lassen, ist der Film sicherlich einer der absoluten Kultstreifen. Auch Otto-Normal-Verbraucher sollten mal einen Blick riskieren, für Freunde des aalglatten Hollywood-Krawall-Kinos aber dürfte der Film zu langatmig und unspektakulär sein.

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